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Colonel Strobl (Kevin Bacon) arbeitet als alternder US-Marine irgendwo in Quantico. Sein Job ist es als Analyst weiteres Frischfleisch an Soldaten in den Irak zu schicken.Nachts checkt er Websites mit den Namen der aktuell gefallenen US-Soldaten und entschliesst sich eines Tages dazu den Leichnam eines GI`s zu dessen Eltern zu geleiten.

Seine Reise mit dem Toten ins ländliche Wyoming führt den Zuschauer in ein Amerika der Trauer, des Mitgefühls und gibt ihm Einblicke in eine total fremde Welt! 

Über gut das erste Drittel des Films wird dem Zuschauer ein ziemlich befremdlicher Einblick in die Abläufe, die nach dem Tod eines Soldaten stattfinden, gewährt.
Damit meine ich Dinge wie die Uniformierung des Leichnams, seine "Restaurierung", wieviele Flaggen die Familie erhalten soll, wie der Sarg transportiert werden muß usw. usw. 

All diese Rituale sollen zwar offiziell der Ehrung des Toten und dem Respekt für das Opfer seines Lebens dienen, verdeutlichen aber ungemein die dahintersteckenden schematischen Abläufe.Instinktiv stellt man sich als Zuschauer die Frage wo eigentlich der Respekt dieses Lebens vorher war, als man diesen jungen Menschen in einen Krieg schickte, der von Anfang an unter wissentlicher Vorspiegelung falscher Tatsachen begonnen wurde. 

Der Rest des Films besteht aus der eigentlichen Reise von Strobl und dem Leichnam des Soldaten Chance Phelps zu dessen Eltern in Wyoming. Hier ändert sich dann auch das bisherige Bild des Film.
Der sterile Automatismus der Militärs verflüchtigt sich zusehends und plötzlich wird man mit den Reaktionen von ganz normalen Menschen konfrontiert, die Strobl beim letzten Geleit von Chance begegnen.Allesamt sind diese Reaktionen spontan, teilweise ungelenk vorgebracht, manchmal sogar etwas pathetisch, aber immer natürlich und glaubhaft und vermitteln damit so ziemlich die ganze Bandbreite an möglichen Reaktionen. 

Diese beiden unterschiedlichen Teile des Films werden gerade durch die Figur des Colonels miteinander verbunden, der zwar in seinen Militär-Verhaltensmustern lebt, aber dennoch einem inneren Impuls folgend, seine Aufgabe wahrnimmt. Dadurch existiert quasi ein Bindeglied zwischen der Militärmaschinerie und dem normalen Leben, dass den Zuschauer mit auf die Reise nach Wyoming nimmt. 

Kevin Bacon, den ich persönlich für einen durchschnittlichen Schauspieler mit gewissen Ambitionen halte, macht hier seine Sache wirklich sehr gut. Sein Charakter ist zwar gefangen in den militärischen Verhaltensmustern, aber dennoch zeigt er immer wieder davon abweichende menschliche Reaktionen, als er z. B. die Nacht in einem Flugzeughangar bei der Leiche verbringt, statt das für ihn vom Militär gebuchte Hotelzimmer in Anspruch zu nehmen! 

"Taking Chance" - die Chance ergreifen!! Genau dies macht Strobl. Anfangs durch einen unbewussten Impuls dazu verleitet, ausgerechnet diese Leiche nach Hause zu geleiten, offenbart sich ihm durch die Reise ein Einblick in das Denken, Fühlen und Befinden seiner Landsleute und letztlich auch in sein Innerstes! 

Fazit: "Taking Chance" ist sicherlich kein Film, den man sich mal so zwischendurch anschauen kann. Alleine schon eines des Grundthemen, der Umgang mit dem Tod, dürfte die meisten Zuschauer bereits deutlich abschrecken.  Trotzdem bietet er in seinen ca. 80-Minuten-Spielzeit mehr Denkstoff als viele mir bekannte Filme zusammen...

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