Alex Chandon dürfte dem Undergroundfilmfreund durch sein famoses Debüt “Bad Karma” bekannt sein, der Engländer mit den blutigsten Effekten Englands hat vor kurzem ja in der Splatterszene durch seinem jüngsten und bekanntesten Film “Cradle of Fear” für Aufsehen gesorgt. Der (noch) unbekannte “Pervirella” ist sicherlich - neben seinen Kurzfilmen - einer der besten Werke Chandons, weitaus weniger blutig, dafür um einiges anders “fleischlicher” und erinnert von seinem Stil und Struktur an eine Mischung aus “Flesh Gordon” (der Porno-SFer), gefilmt von Terry Gilliam mit dem berüchtigten “Phyton” Humor - Hauptaktrice ist natürlich nicht “Barbarella” sondern “Pervirella”.
Eingeleitet wird der Film von (fiktiven) Trailern sehr durchgeknallter Filme, welche aber nur dazu dienen den Grundplot samt manchen Darstellern vorzustellen. London, irgendwie viktorianisches Zeitalter im SF-Ambiente. Die ruchlose Königin, gefesselt an einem Apparat (der ein wenig aussieht wie dieses Teil wo Dr.Channard am Ende von “Hellraiser 2” hängt) und nur so am Leben bleibend, “kackt” durch einen Schlauch ein krankes Kind aus; zur gleichen Zeit wird ein Neugeborenes gestohlen. “Pervirella” ist das Ergebnis einer ebenso obskuren, wie schnellen Transformation dieses besagten Babys in einem Brutkasten. Wild räkelnd aus diesem entsprungen stürzt sie sich sofort auf einen Mann um sich nehmen zu lassen; ein Halsband verdrängt dieses Lustgefühl sofort, welches im schlimmsten Fall für die Männer mit einem Kopfplatzen enden würde. Das dieser Libido nicht immer unterdrückt werden kann, erwarten die junge Frau jede Menge sexueller Abenteuer auf ihrer Odyssee nach einem Serum, das das kranke Kind der Königin wieder heilt. Doch ihr ruchloser Berater hat nur einen Auftrag: das Serum wiederzubringen, ohne Anhang…
Optisch darf man dem Film auf jeden Fall genießen; zwar ist dies nur ein Undergroundfilm, ein B-Movie - aber dessen Detail- und Einfallsreichtum dürfte zu besten seiner Art gezählt werden. Der wilde Trip ist eine Mischung aus realen Spielfilmszenen und Miniaturbauten, welche das Herzstück sind, sind sie doch dermaßen detailreich und liebevoll gebaut das man in Versuchung gerät zu pausieren und sich der Welt in Ruhe zu widmen. Mit viel Herzblut wird inszeniert, auch wenn kleine Modelle wie Flugzeug oder U-Boot sichtbar an Fäden durch die Kulissen gezogen werden - der Film ist in dieser Hinsicht einfach nur charmant. Auch Requisiten und Kostüme entbehren nicht einer gewissen vielfältigen Farbenfreude, der Mix aus englischer Vergangenheit und psychedelischer Kostümierungskunst passt hervorragend in die Achterbahnfahrt die so an Terry Gilliam Filme erinnert, “Time Bandits” von den überdrehten Szenarien und Geschichte, die Stadt ähnelt ein wenig an “Brazil”. Da verwundert es kaum das noch der herrlich schräge Humor von “Monty Phyton” durch die farbenfrohen Bilder durchflackert
Psychedelischer würde es kaum gehen, obwohl der Film von 1996 ist würde er noch in die 70er passen, in der entstanden bekanntlich auch viele optisch ähnlich gelagerte Filme. Das heißt das vor allem die Farben Rot, Grün und ein wenig blau zur Ausleuchtung der Kulissen dienen, aber keine Angst - durchgängig ist dies nicht, dennoch wirkt der Film aufgrund seiner Gesamtheit sehr “schillernd”. Aufwendige Effektszenen werden aber zumeist in den herrlichen Miniaturbauten dargestellt, wer “Team America” kennt kann sich sicher etwas darunter vorstellen. Die “Menschen” dort bleiben aber starr und unanimiert, dafür gibt es Eisenbahnunfälle, wunderschöne Fahrten mit dem U-Boot und vieles mehr.
So ist der Film sehr abwechselungsreich, der Hauptcharakter “Pervirella” wird durch die schöne Emily Bouffant (die auch später in „Crafle of Fear“ eine größere Rolle hat) verkörpert; und auf dem Schauspielplan steht nicht nur optisch gut aussehen, nein ihr Charakter ist ebenso gut verkörpert, die Sache mit dem weiblichen Libido nicht nur Selbstzweck, sondern auch filmische Entwicklung. Wenn auch viel gepimpert wird, richtig derbe wird es selten, genauso verhält es sich auch mit den wenigen Splatterszenen; gut gemacht aber nie selbstzweckhaft - ich möchte fast behaupten das dies Chandons unblutigster Film ist. Aber auch der abwechslungsreichste, phantastischte. Keine durchgeknallten Satanisten oder Kettensägenaction, sondern ein Bilderrausch verpackt in eine bunte B-Geschichte die mit vielen herrlich schrägen Charakteren an noch facettenreicheren Orten agieren aufwartet.
Definitiv ein Film der auf Entdeckung wartet; allein die Traumsequenz „Pervirellas“ in der sie als Meerjungfrau durch das Meer schwimmt - NoBudget aber so was von genial - ist die Wertung wert. Trotzdem ein Film an dem sich die Geister scheiden werden, aber ein Independent Film höchster Güte.