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Das Label Splendid vergleicht "Tunnel Rats" fleißig mit Kultfilmen wie "Apocalypse Now" oder "Platoon", was selbst für eigennützige Werbezwecke zu gut gemeint ist. Uwe Bolls Antikriegsfilm spielt schon noch in einer anderen Liga, vermag aber den Kenner seiner sonstigen Werke zu überraschen. Dabei wird er gerne als einer der schlechtesten Regisseure der Gegenwart betitelt, doch nach dem etwas missglückten "Far Cry" konnte er hiermit mal einen Sieg einfahren. So etwas wie ein richtiges Drehbuch existierte dabei nicht, denn Boll ließ seine Darsteller improvisieren, was sichtlich ganz gut funktioniert. Doch aufgrund der geringen Produktionskosten von nur 8 Millionen wurde in Südafrika gedreht und nicht wie gerne bei Boll üblich in Kanada.

In der Region Cu Chi leitet Lt. Vic Hollowburn (Michael Paré) den Tunnelkampf. Ein sehr gefährliches Unterfangen, weswegen er in regelmäßigen Abständen neue Leute erhält. Nun ist es wieder soweit und kaum im Dschungel angekommen, geht es auch schon zum ersten Einsatz. Doch was zunächst nach einer routinierten Erkundung eines Tunnels beginnt, endet in einem Disaster. Die US-Soldaten haben nämlich den Eingang zu einem riesigen Labyrinth entdeckt, doch plötzlich werden sie angegriffen, ein paar von ihnen können sich in die engen Tunnel retten. Derweil greifen die Vietnamesen das Lager von Hollowburn an und machen es dem Erdboden gleich. Im unterirdischen Tunnelsystem versuchen die letzten überlebenden US-Soldaten verzweifelt einen Ausgang zu finden, doch der Feind ist überall.

Man könne jetzt vorschnell meinen, dass Boll hier an diverse Vietnamreißer anschließen will, welche gerne die US-Truppen glorifizieren und den Vietcong nur als mordenden und folternden Feind ansehen. Dem ist nicht so, denn Boll filmt das Geschehen von beiden Seiten aus. So haben auch die Vietcong einige Auftritte, welche die Amerikaner wahrlich nicht grundlos hassen. Eine Soldatin des Vietcong versteckt sogar ihre beiden kleinen Kinder im unterirdischen Bunker. Dennoch fehlt bei Boll noch dieser kritische und provozierende Aspekt, wobei ich schon froh bin, dass auf den üblichen Patriotismus komplett verzichtet wird. Hollowburn und seine Soldaten sind wahrlich keine Chorknaben, ein gefangen genommener Vietcong wird ohne jegliches Verfahren einfach aufgeknüpft. Der selbst ernannte Henker vorher noch richtig motiviert, fängt plötzlich an zu heulen, was das recht glaubhafte Bild der US-Truppen hier noch unterstützt. Dennoch hat Boll hier ein kleines Problem, er muss sich um zahlreiche Figuren kümmern. So darf jeder eine kleine Geschichte über sich erzählen, das übliche Machogehabe oder pubertäres Gefasel hält sich in Grenzen, aber es fällt uns dennoch schwer die Figuren auseinander zu halten, geschweige denn einen potentiellen Helden zu finden. Somit reicht auch die erste halbe Stunde nicht aus, um den Tunnelratten ein Profil zu verleihen.

Den vietnamesischen Dschungel hat man in Südafrika recht gut nachempfunden, auch wenn er manchmal etwas zu freundlich wirkt. Richtig gute Arbeit hat man bei den klaustrophobischen Tunnel geleistet, eine bessere Ausleuchtung wäre aber manchmal schon von Vorteil gewesen. Die Eingänge zum Tunnelsystem sind nicht nur gut versteckt, sondern so eng, dass sich die US-Soldaten nur ohne Waffen durchzwängen können. Auf dem Bauch robbt man nun durch die wirklich kleinen Tunnel, welche noch mit zahlreichen Fallen gespickt sind. Und hier spielt Boll seine Trümpfe auf, denn wenn man unter die Erde geht wird es auch spannend. Die Attacken der Vietcong kommen immer sehr plötzlich und die Soldaten sterben dort unten wirklich einen schrecklichen Tod. Ob erschossen, in die Luft gesprengt oder mit einem angespitzten Bambusrohr erstochen, Boll hält teilweise voll drauf, dass die FSK 16 Freigabe manchmal verwundert. Hinzu kommt der große Überfall auf das US-Lager, der Shootout zwischen den US-Soldaten und den Vietcong fällt auch sehr heftig aus. Doch dabei verliert "Tunnel Rats" nie seine beklemmende Wirkung und keine der beiden Parteien wird glorifiziert. Im Endeffekt bleibt "Tunnel Rats" gerade wegen seines negativen Endes eine Weile im Gedächtnis.

Bis dato Bolls bester Film, obwohl die Vietnam-Thematik im Film schon ihren Glanz verloren hat. Aber "Tunnel Rats" zeigt auf, dass es im Krieg keinen echten Gewinner gibt und übt auch auf Seiten der US-Truppen ein bisschen Kritik. Das dialoglastige erste Drittel muss man überstehen, bevor Hollowburn und seine Soldaten in einem ziemlich unfairen Kampf den Tod finden. Alles ziemlich beklemmend und trotz schwacher Figuren auch mitreißend inszeniert. Die improvisierten Dialoge mögen nicht jedem liegen, sind aber allemal besser als das sonstige Soldatengehabe, was wir schon zu Genüge kennen.

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