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Nachdem sich Uwe Boll, Deutschlands Aushängeschild für internationale Trash-Movies, am Anfang seiner Karriere an diversen Videospiel-Verfilmungen abgearbeitet hatte, wandte er sich weiteren Themenfeldern zu. Neben grottigen Vampirstorys oder hysterischen Polit-Satiren fanden dabei auch durchaus ernste und verstörende Thematiken Eingang in sein Werk. So handelt etwa „1968 Tunnel Rats" von einem wenig bekannten Aspekt des Vietnamkriegs: den Tunnelkämpfen in endlosen, von den Vietkong gegrabenen Tunneln, durch die man sich meist nur robbend fortbewegen konnte.

Der Film begleitet eine Truppe GIs bei ihrem Erkundungsgang durch einige dieser Tunnel. Schnell werden die ersten Männer Opfer der hier gnadenlos überlegenen Vietkong. Ein brutaler und unbarmherziger Kampf ums Überleben beginnt. Aber das ist in Kriegsfilmen ja immer so. Das einzig Neue, das Boll dem Genre hinzufügen kann, ist das ungewöhnliche Setting, das auf Dauer auch durchaus für einen Hauch Klaustrophobie sorgen kann: Die nicht enden wollenden Tunnel, die nur spärlich durch Taschenlampen erleuchtet werden, und die extreme Enge sorgen nicht nur bei den Figuren für zunehmendes Unbehagen. Die dunklen, staubigen Bilder lassen bald die Angst und Ungewissheit der Agierenden intensiver werden, sodass man zumindest teilweise mit ihnen mitfiebern kann. Hier wird mit vergleichsweise einfachen Mitteln ein durchaus nennenswerter Effekt erzielt.

Das allein reicht aber nicht, um das Interesse des Zuschauers dauerhaft zu fesseln oder ihn gar mit den Figuren mitfühlen zu lassen. Dazu bleibt der Großteil des Films zu plump und vorhersehbar: In der ruhigen ersten Hälfte tauschen die Soldaten klischeehafte Holzbrettdialoge aus, aus denen ihre Menschlichkeit, emotionale Verletzlichkeit und ihre Sehnsucht nach Frieden und Heimat herauskommen soll, die aber so platt geschrieben sind, dass es mitunter schon peinlich wird. Hier wirkt nichts wie bei echten Menschen - die Dialoge sind nur dazu da, jeder Figur ihr eigenes Schicksal anzudichten, was aber wenig Effekt hat, da die drastischen Todesfälle in der zweiten Filmhälfte oft im Dunkeln geschehen, sodass man im ersten Moment gar nicht richtig sieht, welches Schicksal hier gerade abgeschnitten wird. Auch bleibt die Figurencharakterisierung holzschnittartig grob und die Settings sehen nicht gerade überzeugend aus. Alles in allem verbreitet die erste Filmhälfte damit gepflegte Langeweile, ohne dass irgendetwas geschieht.

Wenn die Männer dann in die Tunnel steigen und das wahrhaft blutige Töten beginnt, wird es nur unwesentlich spannender. Bei den Splattereffekten immerhin hat sich Boll nicht lumpen lassen - durchbohrte Hälse, aufgespießte Körper, verstümmelte Gesichter; die drastischen Gewaltszenen können immer wieder überzeugen. Da aber neben den uninteressanten Figuren auch die Dramaturgie völlig spannungslos bleibt (keine echten Kämpfe, nur ein Abschlachten nach dem anderen; eigentlich sieht man hier 40 Minuten Leuten beim Sterben zu, ohne dass sie wirklich eine Handlung vorantreiben würden), können selbst die grausamsten Tode, etwa das Ertrinken in einem gefluteten Tunnel, nur marginal berühren. So bleibt man als Zuschauer ziemlich teilnahmslos und das tragisch gedachte Finale verpufft seltsam unbedeutend in den mit dramatischer Musik unterlegten Abspann.

Insgesamt muss man feststellen, dass „1968 Tunnel Rats" für Uwe Boll-Verhältnisse erstaunlich professionell wirkt, was Ausstattung, Kameratechnik und Bildstärke angeht. Auch die Darsteller wirken nicht so dilettantisch wie üblich, auch wenn sie von guten schauspielerischen Leistungen noch weit entfernt bleiben. Und ein ganz großes Verdienst ist die Darstellung beider Kriegsparteien, die sowohl GIs als auch Vietkong ganz selbstverständlich als menschliche Wesen und nicht etwa als bösartige Feindbilder inszeniert - für diese humanistische Grundhaltung Chapeau! Trotzdem kommt auch dieser Film über Durchschnitt nicht hinaus, fehlen ihm doch Spannung und das Vermögen, dem Zuschauer eine Identifikationsmöglichkeit zu geben. Und die meisten Boll-Fans dürften hier die übliche Portion Wahnsinn vermissen.

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