Review

Schon immer wollte ich hier ein paar Zeilen über einen mexikanischen Kinderfilm schreiben. Mit CAPERUCITA Y PULGARCITO CONTRA LOS MONSTROUS kann ich mir diesen Wunsch nun erfüllen. 

Ich finde es schlicht unfassbar, dass ein Werk wie dieses (das auch noch als Kinderfilm vermarktet wurde!) überhaupt existiert. Roberto Rodriguez, der zuvor schon zwei Rotkäppchen-Filme inszenierte, schuf mit dem Film ein Werk, das in eine ganz spezielle Kategorie fällt. Das hier ist Trash in seiner reinsten Form, und doch erhebt sich CAPERUCITA Y PULGARCITO CONTRA LOS MONSTROUS über das meiste, was man sonst als Trash bezeichnet. Falls es eine Apotheose von Trash gibt, dann sieht sie wohl so oder so ähnlich aus.

Die Story lässt sich in wenigen Sätzen zusammenfassen. Aus Langeweile verseucht die Königin der Nacht die Gewässer im Märchenland. Von nun an verwandelt sich jeder, der das aus den Bächen und Seen geschöpfte kühle Nass zu sich nimmt, in einen Affen. Auch die Familie von Rotkäppchen trifft dieses Schicksal und das kleine, mutige Mädchen beschließt sogleich, zusammen mit ihren Freunden, die Ordnung wieder herzustellen. Dazu müssen sie die beschwerliche Reise zum Schloss der Hexe antreten, um dort irgendetwas nicht näher Spezifiziertes zu unternehmen, das wiederum den Fluch von den Gewässern nimmt und alle Menschen ihre Affengestalt verlieren lässt. Begleitet wird Rotkäppchen von ihrem Hündchen, einem Däumling und Stinky the Skunk, einem sprechenden Stinktier. Eine gute Fee greift den Helden zudem helfend unter die Arme, lässt den Däumling zur Größe eines normalen Jungen heranwachsen, stattet Rotkäppchen mit Zaubertricks und Ratschlägen aus. Parallel hierzu wird eine Handlung erzählt, der der Film stellenweise wesentlich mehr Aufmerksamkeit schenkt als der Geschichte um die Wanderung von Rotkäppchen und ihren Freunden durch bizarre Moorlandschaften und Sümpfe. Der Wolf und der Oger weigerten sich beide, jemals wieder Menschenfleisch zu fressen. Als Konsequenz wurden sie am Gerichtshof der Hexenkönigin zum Tode verurteilt und stecken nun in einem Kerker fest, wo sie auf ihre Hinrichtung warten. 

Über weite Strecken wirkt CAPERUCITA Y PULGARCITO CONTRA LOS MONSTROUS so, als ob hier zwei eigenständige Filme einfach zu einem zusammengefügt worden seien. Erst ganz am Ende vereinen sich die beiden Handlungsstränge unspektakulär und wenig sinnvoll. Die Handlung unausgegoren und wirr zu nennen, wäre noch übertrieben. Während der Film endlose Zeit verschwendet, um dem Wolf und dem Oger in ihrer Zelle zuzuschauen, wo sie sich um Hähnchenkeulen streiten und unfreiwillig komische Fluchtversuche wagen, fällt die Reise Rotkäppchens durchs Land der Monster ziemlich monoton und eintönig aus. Im Grunde stolpern Rotkäppchen, das Stinktier, das Hündchen und der Däumling, der eigentlich kein Däumling mehr ist (und dadurch die Frage aufwirft, weshalb man die Figur überhaupt in den Film einfügte) von einer lächerlichen Pappmache-Kulisse in die nächste und leisten sich absurde Kämpfe mit absurden Kreaturen wie dem billigsten Roboter, den ich jemals in einem Film gesehen habe, Zombies und Räubern, die kleine Kinder in Netzen einfangen, um sie danach in eine Höhle zu schleppen und dort zwecks späterem Verzehrt zu mästen. Überhaupt versetzten mich die Masken, die der Film aufführt, in Fassungslosigkeit. Es ist kaum mit Worten zu beschreiben, was der Film an Gestalten auffährt. Zum einen plündert man wahllos in vorhandenen Mythen und der Popkultur. Graf Dracula darf auftreten, ebenso Frankensteins Monster, der schon erwähnte Roboter, groteske Trolle, allesamt Figuren, die auf jedem Kinderfasching für Erheiterung sorgen würden. Auch kreierten die Verantwortlichen eigene Kreaturen wie ein karottenköpfiges Ungeheuer und Siamesische Zwillinge, bei denen die eine Hälfte einen grunzenden Steinzeitmenschen und die andere einen durchtrainierten, glatzköpfigen Muskelmann darstellt. Jedes Mal, wenn man denkt, dass der Film nicht noch mehr Irrsinn im Repertoire haben könnte, öffnete sich eine geheime Tür und mehr Unfassbarkeiten treten zutage. 

Die Kulissen sind ein schlechter Witz, die Dialoge haarsträubend und die eingestreuten Scherze dermaßen unlustig, dass man nicht anders kann als sich über sie halbtot zu lachen. Was dem Fass aber den Boden ausschlägt, ist, dass die Figuren jede sich bietende Gelegenheit nutzen, um zu singen anzufangen. Ob nun der Wolf (dessen Darsteller übrigens wohl das wahnsinnigste Kostüm des gesamten Films trägt) und der Oger in ihrer Zelle ein Duett darüber anstimmen, dass sie nun einen Ausbruch wagen werden, ob Rotkäppchen ein Loblied auf den Däumling trällert oder ob zu Beginn in einer Szene, die einen ganz gut auf die folgende Stunde einstimmt, sämtliche Monster, die sich am Hof versammelten, in einen ohrenbetäubenden Singsang ausbrechen, schunkeln und sich wiegen: immer sind die dargebotenen Lieder eine Beleidigung fürs Ohr, die Stimmen, die selten zu den Personen passen (Rotkäppchen beispielweise hat die Singstimme einer erwachsenen Frau), schrill und schmerzend und die Texte ein einziges Delirium. Bezeichnend ist die allerletzte Szene des Films, die in sich alles zusammenfasst, was zuvor geschehen ist. Unsere Helden tänzeln einen Feldweg entlang, angeführt von der guten Fee. Man klatscht in Hände und Pfoten, singt und wiegt sich im Reigen. Knallbunt ist das Bild und die Musik ertrinkt in ihrer Süßlichkeit. Besser könnte der Film nicht enden. 

CAPERUCITA Y PULGARCITO CONTRA LOS MONSTROUS ist auf seine Weise hohe Kunst. Zufällig entstandene Kunst. Und gleichzeitig der größte Schund, den man sich vorstellen kann.

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