Review

Faszinierend. Dieses Wort beschreibt wohl den "seltsamen Fall des
Benjamin Button" am Besten. Der neue Film von David Fincher ("Fight
Club", "Sieben") basiert auf der Idee einer Kurzgeschichte von F. Scott
Fitzgerald und adaptiert diese zu einer klugen, philosophischen
Meditation über Zeit, Schicksal und Vergängnis.

Menschen werden geboren, wachsen heran, machen Erfahrungen, reifen und altern, so ist es immer und wird es immer bleiben.

Abgesehen mal von der einen Ausnahme, von Benjamin Button (Brad Pitt),
der zu Zeiten des 1.Weltkriegs auf die Welt kommt. Benjamin ist nicht
wie jedes andere Baby, er erblickt das Licht der Welt mit dem Gesicht
eines Greises. Und während er innerlich heranwächst, wird sein Körper
mit der Zeit immer jünger. Damit will sein Vater nach dem Tod seiner
Mutter im Kindbett nichts zu tun haben und setzt den Jungen aus, doch
seine Finderin Queenie nimmt ihn stattdessen auf, wo der Junge in einem
Altersheim unter seinesgleichen (zumindest optisch) heranwächst. Dort
begegnet er auch der jungen Daisy (Cate Blanchett), die die große Liebe
seines Lebens werden soll, doch Benjamins junger Geist steckt in einem
alten Körper und es steht zu befürchten, dass er als körperlich junger
Mann schon von geistigem Verfall befallen sein wird. Button zieht in
die Welt hinaus in dem Bewusstsein, dass er nur an einem Punkt in
seinem Leben mit Daisy auf einer Höhe sein wird - doch das ist kein
Grund, ein Leben nicht zu leben...

Die folgenden zweieinhalb Stunden sind eine Reise durch die Epochen,
was durch die präzise Ausstattung absolut überzeugt. Dabei stellt jeder
Abschnitt von Benjamins Leben im Prinzip eine eigene, in sich
geschlossene Geschichte dar, die auf den gesamten Film keinerlei
Einfluss hat. Unterbrochen wird dies immer wieder von der
Rahmenhandlung, welche im Jahr 2005 kurz vorm Hurrican Katrina spielt,
wo die alte Daisy auf ihrem Sterbebett ihrer Tochter die
Lebensgeschichte Benjamins anhand eines Tagebuchs erzählt. Die beiden
Zeitebenen sind elegant verwoben; sowieso passt bei diesem Film alles
zusammen: Kamera, Musik, Ausstattung, Schauspieler, Erzählfluss; alles
wirkt wie aus einem Guss und verleiht dem Film einen fast magischen
Sog, der einen bis zum Ende nicht mehr loslässt. Besondere Erwähnung
verdienen wohl die Makeup-Effekte, die zeigen was technisch heutzutage
möglich ist; der Alterungs- bzw. Verjüngerungsprozess der Protagonisten
ist absolut authentisch. Sowieso, lange habe ich keinen Film mehr so
nah an der technischen Perfektion gesehen. Aber auch die Handlung
überzeugt durchweg, was nicht zuletzt an der oskarwürdigen Performance
von Brad Pitt und Cate Blanchett liegt.

Zwar hätten diesem Meisterwerk auch 10 Minuten weniger nicht geschadet
und einige Erzählstränge bieten abgesehen von der Symbolik wenig Sinn
(der blinde Uhrmacher) aber dieser Film ist schlichtweg derartig
vielfältig und inhaltlich unvorhersehbar, dass er einen bis zum Ende
bei der Stange hält, auch wenn jenes im Vergleich zum restlichen Film
etwas kurz kommt. Als ob all das noch nicht genug wäre, bekommt man
noch den eine brillante Montage über Zufälle und den genialsten Running
Gag seit Jahren präsentiert ("Hab ich dir schon erzählt, dass ich
Sieben Mal vom Blitz getroffen worden bin?").

Für diesen Film wurde das Kino gemacht. Anschauen!

10/10

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