Ein Leben wie ein Moonwalk
Mit David Fincher, einem meiner absoluten Lieblingsregisseure, verbindet man automatisch düstere Thriller wie "Sieben", "Zodiac" oder "Gone Girl". Selbst seine Facebook-Story, "Social Network", hat grimmigere Thriller-Elemente, vom typischen Look ganz zu schweigen. Das der Meister der dreckigen Schönheit allerdings auch anders kann, zeigt er in "Der seltsame Fall des Benjamim Button" - einer epischen Romanze mit übernatürlichem Twist, die man fast nur hassen oder lieben kann. Ich gehöre eindeutig zu Letzteren & für mich steht der Film fast auf einer Stufe mit legendären Epen wie "Doktor Schiwago", "Forrester Gump" oder "Lawrence of Arabia". Nennt mich verrückt, aber er ist eine meiner schönsten weihnachtlichen/winterlichen Kinoerinnerungen.
Es geht um das Leben von Benjamin Button, einem Mann, der verkehrt herum altert, also als alter, schrumpeliger Mann geboren wird & als babyartiges Wesen ohne Erinnerung stirbt. Dazwischen erlebt er ein Leben voller Abenteuer, Liebe & Verlust, fast wie du & ich - aber halt alles mit dem interessanten Twist der gegensätzlichen Alterung & natürlich dicker aufgetragen als beim Ottonormalbürger. Egal wie interessant die Idee ist - sie hätte keinen überlangen Film tragen können ohne nach maximal einer Stunde langweilig zu werden. Das wird er für mich nie, trotz zäher Passagen & nicht so leichtem Zugang - und genau darin liegt hier die Errungen- & Meisterschaft des Regisseurs. Klar helfen klasse Darsteller wie Pitt oder Blanchett, ebenso einzigartige Computereffekte & Masken, die die Alterung/Verjüngung perfekt realisieren. Aber eine simple, kitschige & gar nicht so positive Liebes-/Lebensgeschichte, so vielseitig & interessant zu halten, das ist eine Kunst. Die scheint nicht bei allen zu greifen, was widersprüchlichste Reviews belegen, bei mir geht es zum Glück voll auf.
Ein besonderes Lob kann man den atemberaubenden Bildern & dem Kameramann machen, der aber ohne Finchers düster-romantische Vision natürlich auch auf verlorenem Posten stände. Brad Pitt trägt den Film weitestgehend, auch wenn ich nie so ganz in seinen Kopf gucken & vollständig mitleiden kann. Er bleibt Kunstfigur & auf sehr viel Abstand. Sowohl als Pitt als auch als Button. Das passt jedoch, da die Geschichte künstlerisch weit überhöht ist & auch von einer anderen Person erzählt wird, die eben nicht genau weiß, was er denkt, aber trotzdem fällt dadurch das Bewundern leichter als das Mitfühlen. Eine kühle Romantik liegt irgendwie auch zwischen Pitt & Blanchett, die mir beide manchmal zu perfekt & glatt, trotz all ihrer herbeigezauberten Falten, wirken. Das es Fincher, dank einem eindrucksvollen Skript & seinem Talent, immer wieder schafft Spannung aufzubauen & diese enorm zu steigern, sei es nur bei simpelsten Geschehnissen wie Tagesabläufen, Reisen oder sich treffenden Blicken, lässt mich jedes Mal Staunen. Dazu eine Portion trockener Humor & punktierte Dialoge - fertig ist eine wahrlich zeitlose Lovestory!
Fazit: Finchers kitschigster & gefühlvollster Film - ein romantisches Fantasy-Epos, in dem man versinken kann & von denen es nicht mehr viele gibt! Hohe Schmerzgrenze in Sachen Kitsch & Brad Pitt sollte man aber definitiv mitbringen. Für mich magisch, perfekt bis ins Detail geplant & zeitlos wie sein Protagonist!