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Terror von Innen heraus

Im Juni 1967 kommt der Schah von Persien zu Besuch nach Berlin - begleitet von Protesten zahlreicher Studenten. Es dauert nicht lange, bis die Situation mit den ebenfalls anwesenden persischen Unterstützern eskaliert und es zu Schlägereien kommt. Die Polizei steht zunächst unbeteiligt dabei, um kurz darauf selbst auf die Demonstranten einzudreschen. Schließlich stirbt der Student Benno Ohnesorg durch eine Kugel aus einer Polizeiwaffe.

Während Journalistin Ulrike Meinhof (Martina Gedeck) auf einer Party einen offenen Brief an den Springer-Verlag vorliest, in dem sie die Aussagen der Frau des persischen Schahs in Frage stellt und anschließend in Fernsehinterviews und Artikeln auf die schwelende Konfliktsituation aufmerksam zu machen versucht, gehen Andreas Baader (Moritz Bleibtreu) und Gudrun Ensslin (Johanna Wokalek) deutlich aggressivere Wege. Sie legen in einem Kaufhaus einen Sprengsatz, um so auf sich und Ihr Begehren aufmerksam zu machen. Nach kurzem Gefängnisaufenthalt scharen sie neue Sympathiesanten um sich und gründen mit der RAF die gefährlichste Terrororganisation, mit der das Nachkriegsdeutschland jemals konfrontiert wurde.


Bernd Eichinger versuchte sich mit Der Baader Meinhof Komplex an einem im wahrsten Sinne des Wortes komplexen Thema - RAF Terror und der "deutsche Herbst".

Es war ganz bestimmt nicht einfach, gut 10 Jahre - und damit alle wichtigen Ereignisse - deutsche Zeitgeschichte in einen zweieinhalbstündigen Film zu packen, doch das Ergebnis spricht für sich. So wird das vielschichtige Thema, dass besonders der heutigen Generation eher nur bruchstückhaft bekannt sein dürfte, sehr ansprechend und packend erzählt nahegebracht.

Geschickt mischt Eichinger dabei die Spielfilmhandlung mit echten oder auch nachgestellten Einspielungen alter Nachrichtensendungen und Fernsehberichte, um dem Zuschauer einen zeitlichen Leitfaden an die Hand zu geben.

Um die Story auf konstant hohem Tempo zu halten konzentriert man sich auf alle wesentlichen Ereignisse, angefangen mit dem Shah-Besuch über die Baader-Befreiung, der Guerilla-Ausbildung in Jordanien und den Münchner Attentaten bis hin zur Entführung von Arbeitgeberpräsident Schleyer.

Die beteiligten Schauspieler schaffen es, den Zuschauer schnell ins Geschehen mit einzubeziehen und entwickeln tatsächlich - obgleich ihrer wenig positiven Absichten - zu Sympathieträgern. Ebenso gelingt dies auf der Gegenseite Bruno Ganz als BKA-Chef Horst Herold, der mit Bedacht vorgeht und die Motivation hinter den Taten der Terroristen verstehen will.

Nur selten wird für einen deutschen Film derart viel Aufwand betrieben. Eichinger hat für die Massenszenen unzählige Statisten angeheuert und die Kostüme und Frisuren entsprechen haargenau der damaligen Zeit, so dass schnell eine authentische Atmosphäre aufkommt. So genügt der Film auch internationalen Ansprüchen und es wäre keine große Überrschung, wenn sich Hollywood des Stoffes annehmen würde.

Die grundsätzliche Idee hinter der Protestbewegung war sehr löblich und wäre von mir - hätte ich zur damaligen Zeit bereits gelebt - höchstwahrscheinlich auch unterstützt worden. Wie so viele Revolutionen ist aber auch der RAF-Terror völlig aus dem Ruder gelaufen und hat unnötiges Leid verursacht. Gesellschaften müssen sich im Laufe ihrer Geschichte ändern, es gibt aber immer bessere Wege als Gewalt. Dennoch ist der Baader Meinhof Komplex ein durchweg empfehlenswerter Film, der Pflicht in jeder halbwegs gut sortierten Sammlung sein sollte.

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