John Halder (Viggo Mortensen) ist ein ganz normaler Durchschnittsbürger. Die Frau und Kinder strapazieren seine Nerven genauso wie die kranke und pflegebedürftige Mutter. In seiner Arbeit als Professor für Literatur hingegen geht er regelrecht auf und speziell Studentin Anne (Jodie Whittaker) hat zudem noch ein Auge auf ihn geworfen.
Als allerdings die Nazis plötzlich die Macht übernehmen und die ersten Bücherverbrennungen stattfinden beginnt sich auch Halder`s normales Leben zu wandeln.
Auf Grund einer von ihm geschriebenen Novelle mit dem zentralen Thema der Euthanasie wird er von den Nazis als "Berater" und SS-Mitglied angeheuert. Halder, dessen bester Freund Maurice (Jason Isaacs) Jude ist, meint noch das verachtenswerte Regime sei bloß ein vorübergehendes Übel, dass gute Menschen, wie er, von innen heraus infiltrieren und ändern könnnen usw. usw. bla bla
Am Ende des Films steht Halder dann in voller SS-Montur in einem Konzentrationslager und versteht die Welt nicht mehr....
Die Intention des brasilianischen Regisseurs Vicente Amorim war hier sicherlich zu zeigen, wie Normalbürger ganz einfach durch ein Regime wie die damalige Nazi-Diktatur vereinnahmt werden können und erst sehr sehr spät erkennen, auf was sie sich da eigentlich eingelassen haben.
Gerade diese Frage, wie aus ganz normalen Menschen, simple Mitläufer und in den extremsten Fällen sogar Mittäter werden ist eigentlich eine sehr interessante, allerdings auch nicht einfach zu beantwortende, da es sich in diesem Fall um ein paar Millionen Leute mit ebensovielen individuellen Gründen gehandelt hat.
Von diesem Standpunkt aus betrachtet vereint Halder`s Geschichte wohl stellvertretend einige der bekanntesten Gründe sich nicht gegen das Regime aufzulehnen. Die typischen Aussagen der Charaktere, wie "In zwei Jahren sind die Nazis doch sowieso am Ende" usw. zeugen davon.
Leider deutet sich hier bereits das größte Problem des ganzen Films an, nämlich das eigentlich alles was uns hier Drehbuchautor John Wrathall basierend auf dem Bühnenstück von C.P. Taylor als Story serviert von hinten bis vorne absolut nichts neues ist.
Damit könnte ich als Zuschauer noch in einem gewissen Rahmen leben, wenn die filmische Umsetzung ordentlich geraten ist und es versteht irgendwie zu unterhalten.
Spätestens hier kommen dann die dramaturgischen Schwächen des Drehbuchs vollends ans Licht.
Während der Film in geradezu lähmendem Tempo voranschreitet, jeder halbwegs normale Zuschauer sich bereits das bittere Ende in den meisten Einzelheiten schon vorstellen kann, wird in gnadenloser, weil gefühlter epischer Breite, Halder`s Leben als Normalbürger mit all seinen Normalbürger-Problemen gezeigt. Dazwischen eingestreut schreitet seine Entfremdung von der Normalität in kleinen Schritten voran, die sich am besten an der Veränderung der Beziehung zu Maurice zeigt.
Von Seiten der filmtechnischen Umsetzung ist dies alles auch ganz ordentlich gemacht, wäre da eben nicht die total vorhersehbare Handlung, die es vor allem nicht wirklich schafft Akzente zu setzen. Man hat leider den Eindruck, dass die Darstellung der Durchschnittlichkeit und Normalität nahezu alles übertüncht und geradezu erstickt. Einzig Halder`s gegen Ende wirklich aufkommende Angst um Maurice und die leicht irreal gefilmten Schlusszenen im KZ vermitteln etwas Emotionalität, ein gewisses Erwachen aus dem Dornröschenschlaf des Normalbürgers.
In einem derartigen Film ausgerechnet auf Viggo "Aragorn" Mortensen zu treffen überrascht mich persönlich nicht wirklich, da Mortensen eindeutig kein Darsteller ist, der auf der Mainstream-Welle reitet. Dennoch schafft er es nur unter Einschränkungen seinen Charakter wirklich mit echtem Leben zu erfüllen.
Auch wenn Mortensen nicht unbedingt ein Top-Charakter-Darsteller ist schiebe ich hier die Schuld man ganz elegant in Richtung Script.
Jason Isaacs hat da als Maurice eigentlich fast die bessere Rolle. Vom anfangs selbstsicheren und im Laufe der Handlung auf Grund der Repressalien und Verfolgung immer unsicherer und hilfsbedürftiger werdenden Charakter bietet die Rolle so einiges. Isaacs ist auch durchaus in der Lage diese Entwicklung glaubhaft darzustellen. Einige entscheidende Nuancen in seiner Charakter-Entwicklung bleiben aber auch drehbuchbedingt ausgeblendet.
Etwas seltsam kam mir ausserdem vor, dass die Namen der einzelnen Charaktere nicht unbedingt passend gewählt wurden. John und Maurice sind meiner Ansicht nach nicht gerade die typisch deutschen Namen, die ich vielleicht hier erwartet hätte.
Fazit: Leider ist "Good" bei weitem nicht so gut wie der Titel vielleicht unterstellen mag. Hier gibt es leider keine neuen Ansätze, Ideen oder auch eine ansprechende Inszenierung zu feiern. Deshalb gäbe es im Grunde genommen eine Bewertung von 5 Punkten von 10 möglichen meinerseits.
Da man als Deutscher der Nachkriegsgeneration aber gelernt hat, dass die Analyse der nationalen Vergangenheit wichtig für die Zukunft ist, gibt`s deswegen noch einen Punkt mehr in der Bewertung.