Der Schauplatz unserer Geschichte ist ein kleines Städtchen im Harz, in dem im Grunde wohl nie etwas von Bedeutung passiert ist. Mit einer Ausnahme: Vor mittlerweile 16 Jahren wurde ein 15-jähriges Mädchen ermordet und infolgedessen der Lehrer Hans Kortmann verhaftet und verurteilt. Dafür saß er 15 Jahre im Gefängnis, obwohl er stets seine Unschuld beteuerte. Als dann erneut ein Mädchen im selben Alter spurlos verschwindet, liegt es nahe, dass der erste Verdächtige der Täter von damals ist. Kortmann weigert sich allerdings, mit der Polizei zu reden, wenn das Verhör nicht von Kommissar Gellhagen geführt wird. Der war damals der ermittelnde Polizist und hat dank dieses Falles Karriere gemacht, mittlerweile ist er beim LKA in Hannover gelandet. Da keine Beweise gegen Kortmann vorliegen, hat er alle Trümpfe in der Hand, die Ermittlungen der Polizei zu sabotieren und nach seinen Wünschen zu beeinflussen.
Die Schauspieler bilden das Herzstück des Films und tragen ihn über weite Strecken. Die Rolle des Kortmann mit Christoph Waltz zu besetzen, ist zwar einerseits nicht besonders mutig, da dessen darstellerische Qualitäten auch kurze Zeit später in Hollywood für Aufmerksamkeit sorgten, andererseits birgt ein derart fähiger Schauspieler auch immer das Risiko, zu viel Raum einzunehmen und seine Kollegen an die Wand zu spielen. Das passiert hier aber glücklicherweise nicht, da der Film bis in die letzte Nebenrolle hervorragend besetzt ist. Ganz besonders ist hier Pierre Besson zu erwähnen, dessen Kommissar Gellhagen auch bei den intensiveren Verhör-Szenen nie Gefahr läuft, gegen Waltz unterzugehen. Im Gesamtkonzept nehmen diese Szenen allerdings einen fast überraschend geringen Teil ein und Waltz spielt, auch was die Screentime angeht, die zweite Geige. Das tut dem Film merklich gut, da es ihm die Möglichkeit einräumt, auch das Umfeld und die persönlichen Beziehungen in der Kleinstadt näher unter die Lupe zu nehmen. Er fängt geschickt die Stimmung in der Bevölkerung ein, die sich von fehlenden Beweisen nicht groß irritieren lässt und den vermeintlichen Entführer am liebsten lynchen würde, in keinem Fall aber Probleme damit hätte, die Wahrheit buchstäblich aus ihm heraus zu prügeln.
Der Film konzentriert sich über weite Strecken darauf, die Verbindung zwischen den beiden Fällen herzustellen. Der erste hatte gerade für die beiden Hauptfiguren eine einschneidende Wirkung, Kortmann kam ins Gefängnis und Gellhagen konnte seinen Kindheitstraum verwirklichen, endlich aus dem „Kaff“ rauszukommen. Der Film verleiht diesem Gefühl auch eine durchaus nachvollziehbare Komponente, indem er wiederholt zeigt, dass sich dort einfach jeder kennt und es die verschiedensten Verflechtungen gibt. So besitzen die Eltern des heutigen Opfers nicht nur eine Fabrik, die quasi der einzige relevante Arbeitgeber zu sein scheint und in der das einstige Opfer kurz vor seinem Tod ein Praktikum absolvierte, sie sind zudem noch alte Jugendfreunde des Kommissars, der sogar zeitweise mit der Mutter des Opfers liiert war. Das sorgt auch zusätzlich für eine gewisse Spannung, da der Zuschauer sich nie ganz sicher sein kann, wer nur von persönlichen Animositäten motiviert ist, und wer tatsächlich etwas zu verbergen hat, wenn er deutlich auf Distanz zum Ermittler geht.
Sowohl das Drehbuch als auch die Regie verrichten gute Arbeit, ohne sich zu sehr in den Vordergrund zu stellen. Der Film hält seinen Spannungsbogen weitgehend aufrecht und weiß mit einer packenden Inszenierung und einen clever erzählten Plot zu überzeugen. Darüber hinaus bietet er eine Vielzahl ausgezeichneter Schauspieler, die es aber alle verstehen, ihr Können in den Dienst der Geschichte zu stellen.