Bei "World of Horror" haben wir es mit einer von Stephen King präsentierten Doku zu tun, die sich mit einigen der größten Horrorklassiker der Filmgeschichte sowie deren Produktion auseinandersetzt.
Ich habe die beiden VHS (in einem Bundle mit einer dritten VHS, auf der drei reichlich seltsame, aber lustige Kurzfilme nach King zu sehen waren) irgendwann einmal zu Weihnachten geschenkt bekommen. Und beim Anblick des Covers wusste ich nicht so recht, ob ich lachen oder weinen sollte (Im folgenden beziehe ich mich auf die Videokassetten von "Jünger Video Edition"): etliche Rechtschreib- und Outlayfehler grinsten mich an und liessen eine grottenschlechte Doku vermuten. Ein paar Beispiele gefällig? Nun, im Titel heißt es "Horror Classic`s" (ja, ja, der Apostroph), Mickey Rourke und Jamie Lee Curtis heißen im Text auf der Rückseite "Mickey Rouke" und "Jeremy Lee Curtis".
Aber man soll den Teufel ja nicht verfluchen, bevor er einem den Dreizack in den Arsch gerammt hat, also hab ich die Kassette einfach mal in den Player geschoben. Und siehe da: wir haben es hier mit einer verflucht guten Doku zu tun!
Einleitend sieht man Stephen King vor oder in seinem vom Schnee Maines dekorierten Haus, während er ein paar warme Worte bezüglich des kommenden Vortrages spricht. Dann erfolgt ein mehrminütiger Zusammenschnitt aus Interviews mit Regisseuren, Filmausschnitten, Behind-the-scenes-Material und Besuchen bei Effekte-Workshops, vornehmlich bei der KNB Effects Group. Schließlich wird das Ganze mit einer Texttafel abgeschlossen, auf der die Titel der besprochenen Filme aufgelistet sind, bevor wir wieder zurück zu Stephens Haus schneiden und den nächsten Beitrag sehen.
Die Qualität des Materials kann sich sehen lassen. Wir bekommen einen großzügigen Querschnitt der Horrorfilmgeschichte zu Gesicht. Angefangen bei den Hitchcock-Schockern bis hin zu "Evil Dead 2" ist wirklich fast alles dabei.
Hier ein kurzes Brainstorming dessen, was ich noch im Kopf habe: sämtliche Hitchcock-Filme (v.a. Psycho), Suspiria, die Nightmare-Reihe, Evil Dead 2, Hellraiser, Society, Re-Animator, Angel Heart.
Besonders schön ist die Tatsache, dass wirklich sämtliche Arten von Horror zur Sprache kommen. Psychoschocker, Suspense, Splatter, Grusel, Monsterfilm, Tierhorror... alles ist dabei.
Der Informationsgehalt ist recht hoch und wird durch Interviews mit Legenden wie Dario Argento nochmal aufgewertet. Man erfährt etwas über die Umstände, in denen die Filme entstanden, die Probleme, die während des Drehs auftraten, über Schwierigkeiten mit Zensuranstalten und Ähnliches. Bei besagten Rundgängen durch die Effektestudios werden sämtliche Geheimnisse der Filmemacher gelüftet. So bekommt man Einblick in die Gestaltung von Make-Up oder auch animatronische Puppen.
Und noch ein Wort zu den Filmausschnitten. Auch hier gibt es ein Potpourri wirklich erinnerungswürdiger Szenen, die ganz nebenbei für eine FSK16-Freigabe recht blutig geworden sind. Da hätten wir etwa Ash im Kampf gegen seine besessene Hand oder Freddy, dem seine Opfer aus dem Bauch kriechen. Schöner Mischmasch, der gerade durch seine Abwechslung sehr gory wirkt (als ich das Video zum ersten Mal sah, war ich im Horrorgenre noch nicht so bewandert und staunte nicht schlecht bei den gezeigten Szenen).
Besonders interessant ist dann auch das gegen Ende gezeigte Material rund um die Hitchcock-Filme. Hier werden wir Zeuge davon, wie Hitchcock auf einem Tonband per Megaphon die Zuschauerschlange vor dem Kino beschwört, nach Ansehen des Filmes bloß kein Wort weiterzuerzählen; oder davon, wie den Zuschauern eine "Angst-Versicherung" angeboten wird, die sie in Anspruch nehmen konnten, um ihr Geld zurückzubekommen, wenn sie es vor lauter Panik im Kino nicht mehr aushalten.
Fazit: Stephen Kings World of Horror ist eine sehr empfehlenswerte Horrordoku, die mit einem ausgewogenen Angebot der verschiedensten Horror-Subgenres punkten kann und dabei sehr interessante Zusatzinfos mitgibt. Die inhaltliche Klasse eines "Halloween: A Cut Above The Rest" erreicht sie zwar nicht, dafür umfasst sie ein sehr weites Gebiet, ohne dass die Hälfte mit Pseudo-Horrortrash gefüllt wird. Hier haben wir es fast ausschließlich mit der Speerspitze des Horrors zu tun, auch wenn das Coverartwork und die gesamte Präsentation etwas anderes vermuten lässt. Noch ein kleiner Tipp: King-Fans sollten sich nicht zuviel versprechen. Dies ist definitiv keine King-Doku, weder bezüglich der Verfilmungen noch bezüglich seiner Person. Der Schwerpunkt liegt auf Regisseuren wie Brian Yuzna oder Dario Argento. Man sollte also sehr offen an die Sache herangehen.
7/10