Nicht unbedingt leicht, Amos Kolleks Film zu rezensieren. Denn mein Eindruck von "Sue" ist sehr gespalten. Einerseits hege ich keine Zweifel daran, dass es sich hierbei nicht um einen dummen Film handelt, der ausschließlich des Kommerzes dienen sollte. Doch teilweise finde ich auch, dass der Regisseur es übertrieben hat mit diesem Machwerk. Die Geschichte um eine Frau namens Sue, die arbeitslos, alkoholsüchtig und stets um einen Job bemüht ist, mag niederschmetternd sein. Ja, sie ist es ja auch.
Das wird noch dadurch bestärkt, dass so gut wie jeder Hoffnungsschimmer, doch bald arbeiten und die Miete bezahlen zu können, kurz darauf kläglich verpufft. Wenn sie zudem noch von sich behauptet, nur durch Sex kommunizieren zu können und dass alles Scheiße ist, seitdem ihre Eltern sie geboren haben, geht das ein wenig zu weit. Denn das Selbstmitleid und die Selbstaufgabe dieser Person mag zwar verstörend und realistisch sein, doch genauso wie es sich hier abspielt, kann irgendwie nicht völlig überzeugen, da der richtige Funken nicht überspringen will, da alles zu sehr gekünstelt und ausgedacht erscheint.
Natürlich handelt es sich bei Sue um eine komplizierte Frau, die für ihr Alter noch relativ kindlich und naiv denkt, doch wenn es schon mal Personen gibt, mit denen sie sich blendend versteht und die sich wirklich um sie sorgen, ich denke da nur an Linda und Ben, wieso sucht sie nicht bei diesen Halt?? Ständig fällt sie in ihre Selbstzerstörungsphase zurück. Der Anfang und das Ende schockieren gleichermaßen, wobei mir zu Beginn die Szene etwas lakonisch erscheint, als der alte Mann die Brüste von Sue sehen möchte. Aber na ja, die Szene im Kino muss man ja auch nicht völlig SO abkaufen, vielleicht wollte der Regisseur absichtlich manche Szenen so krass darstellen, um das Wesen der Sue besser, schneller und genauer auszuleuchten. So richtig passt das aber in den Film nicht rein, der sehr sehr düster ist und keinen Platz für positive Momente lässt. Aber auch wirklich keinen. Eine lachende Person oder Freude sucht man vergebens.
Ich bin sicherlich nicht der Meinung, dass Filme, die Geschichten über depressive und unglückliche Leute erzählen, automatisch schlecht sind. Ganz im Gegenteil. Dass sie deprimieren und einem womöglich zu schlechter Laune verhelfen, zählt ja sogar zu den Vorteilen solcher Werke, da der Zuschauer somit vielleicht einmal über seinen Standpunkt nachdenkt, wie gut es ihm eigentlich geht. Was ich sagen möchte ist nur, dass hier im Film alles etwas unrealistisch erscheint. Natürlich bin ich nicht in der Lage, darüber urteilen zu können, inwieweit es unglückliche Menschen gibt. Mag ja auch sein, dass es solche Personen wie Sue gibt.
Mein Problem ist nur, dass ich das anhand des Films nicht abkaufe, da, wie gesagt, manche Szenen zu lakonisch dargestellt sind und das Schwarz-Weiß-Denken oft zu explizit auftritt. So geht etwas an der düsteren Atmosphäre verloren und das ganze Wesen der Sue kommt einem nicht mehr so hoffnungslos vor, sondern man denkt sich teilweise, sie möchte gar nicht aus ihrem Loch herauskommen. So denke ich darüber.
Daher bekommt der Film, der sicherlich seine Qualitäten besitzt, nur 6 von 10 Punkten. Mit etwas besserer Ausleuchtung von Sues Wesen wäre viel mehr drin gewesen, so bleiben manche Fragen offen, bei denen nicht sicher ist, ob der Regisseur die Antworten im Film nur etwas zu unklar versteckt hat oder die Story einfach etwas hinkt. Schade ist es allemal!