Jet Lis erster Ausflug über den großen Teich ist ein Paradebeispiel dafür, wie man es nach Möglichkeit nicht machen sollte. Wie schon Kollege Jackie Chan scheitert auch Li bei seinen ersten Gehversuchen auf internationalem Parkett, was im Fall von „The Master“ aber in erster Linie auf die inhaltlichen Defizite zurückzuführen ist. Ein Grund mehr das Machwerk direkt vom Schneidetisch in die Schuhblade zu verbannen. Erst als mit „Once upon a time in China“ Tsui Hark doch noch der große Wurf gelang und Jet Li als Star gefeiert wurde, kam dann doch noch die Veröffentlichung. Das im Originaltitel auch noch vollmundig mit „Wong Fei Hung 92“ geworben wird, grenzt schon an Etikettenschwindel.
Um den Film international besser vermarkten zu könne, entschied man sich in Amerika zu drehen, was leider mehr störende Faktoren mit sich bringt als man glauben möchte. Vom Charme des Hongkong Actionkinos ist jedenfalls wenig geblieben und bis auf Jet Li und seinem von Yuen Wah gespielten Meister, sind auch fast alle Rollen in amerikanischer Hand. Offensichtlich waren die Produktionskosten dabei so hoch, dass man sich nur Laiendarsteller und untalentierte Muskelpakete leisten konnte. Was man hier teilweise an unterirdischen Darbietungen sieht, ist schlichtweg peinlich und in etwa auf dem Niveau billiger C-Movies. Die Akteure knallen sich nacheinander plumpe und hölzerne Dialoge an den Kopf und zwischendurch gibt’s immer mal was aufs Maul. Absoluter Tiefpunkt sind drei Milchbubis einer Latino-Gang, die Jet nach einer Demonstration seines Könnens als Meister verehren. Sie weichen ihm keinen Moment von der Seite und nerven mit dümmlichen Sprüchen und bescheuerten Scherzen. Sorry, aber nach dem zehnten “Sifu hier, Sifu da“ kann man über soviel Stumpfsinn nur noch den Kopf schütteln.
Auch der Rest der Crew hinterlässt kaum einen besseren Eindruck. Jerry Trimble als oberfieser Schurke ist absolut uncharismatisch und als Schauspieler eine Niete. Ein typischer Schlägertyp, wie man ihn aus jedem beliebigen amerikanischen Klopperschinken kennt. Dagegen war Jean-Claude Van Dammes Performance in „No Retreat, No Surrender“ geradezu hitverdächtig. Vergleichbare Filme standen offensichtlich auch inhaltlich Pate, denn die Idee mit der feindlichen Übernahme der Kampfkunstschulen wurde haargenau übernommen und zeugt nicht von Einfallsreichtum.
Kommen wir aber mal zu Hauptgrund sich dieses Machwerk überhaupt anzuschauen - Jet Li. Er ist mit Abstand der einzige Lichtblick in dieser ansonsten stupiden Actiongurke. Was gleich negativ auffällt ist Jets peinliches Äußerliches. Klar spielt er einen Touristen in der Fremde, aber muss er deshalb gleich aussehen wie Vollidiot? Hässliches Basecap, Rucksack und übergroße Sportjacke - sollte sowas in den 80‘s hip gewesen sein? Wirklich ernst zunehmen ist Li so jedenfalls nicht, aber vielleicht war das ja auch von Tsui Hark beabsichtigt. Das der Mastermind aus Honkong gerne mal Flops produziert ist bekannt, selten hat aber so daneben gelangt wie hier. Besonders die wirre Story sorgt immer Konfusion, denn viele Handlungselemente sind schlichtweg überflüssig oder laufen ins Leere. Gleiches gilt für den, gelinde gesagt bescheidenen Humor. Viele Gags wirken inszeniert oder deplatziert, die meisten zünden erst gar nicht. Potential ist eigentlich vorhanden, denn schließlich ist Jet Li hier ein Fremder in den Staaten und kulturelle Missverständnisse sollten da vorprogrammiert sein. Das Li bei seinen komödiantischen Gehversuchen immer wieder baden geht, zeigt er auch hier. Die Rolle des Clowns liegt ihm einfach nicht, seine Blödelei und Situationskomik wirkt oft bemüht.
Was Jet Li aber beherrscht ist sein Körper. Auch hier darf er sich wieder artistisch durch die Lüfte schwingen und athletische Verrenkungen vollführen. Zwar besitzt „The Master“ einige nette Actionszenen, bis auf ein paar kleinere Scharmützel mit bösen Gangmitgliedern passiert aber nicht sehr viel. Auch von Yuen Wah sieht man in dieser Hinsicht recht wenig, vom gelungenen Auftakt mal abgesehen. Überrascht hat mich daher das Finale in luftiger Höhe auf dem Dach des NRB Buildings. Hier treten Li und Wah gemeinsam gegen dutzende Gegner an, wobei besonders der Kampf mit Jerry Trimble dann doch noch versöhnlich stimmt. Zwar wird auch hier nichts Außergewöhnliches präsentiert, dass macht aber die geniale Skyline im Hintergrund wieder wett. Zudem gibt’s am Ende noch einen Hammerstunt inklusive Hochhaus-Fassadensturz zu bestaunen, der sich wirklich sehen lassen kann.
Fazit:
„The Master“ gehört ohne Frage zu Jet Li’s schwächsten Filmen, ob er auch sein Schlechtester ist, bleibt hingegen Ansichtssache. Großes Kino sieht jedenfalls anders aus, da überrascht es das Li doch noch international Fuß fassen konnte. In Sachen Action fällt der Streifen zwar nicht ganz durch, bleibt aber auch weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Wer mal herzlich über stupide Gags, dumpfe Dialoge und Laienschauspiel lachen möchte, kann durchaus einen Blick riskieren.