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"Horror vacui" bildet den Debutfilm des mit "Temmink: The Ultimate Fight" (1998) einigermaßen bekannt gewordenen niederländischen Regisseurs Conen und ließ seinerzeit sicherlich einige große Werke Conens erhoffen. Selten legen nämlich junge Regisseure mit ihren ersten Visionen derartig originelle Bildwelten, geschickt gefilmt und mit interessanter Geschichte versehen, ab.

Der Kurzfilm, die Mischung einer melancholischen Vorahnung des Überraschungserfolgs "Cube" (1997), einer Studie der Einsamkeit im Stile eines "Visual Training" (1969) und einer Sci Fi Klamotte wie "Last Women on Earth" (1960), präsentiert ein schwarzes Nichts, nach allen Seiten ebenso unbegrenzt, wie nach oben und unten. Abwechselung bringen in die dichte Schwärze lediglich einige Stricke, die aus dem Nichts kommen und in tiefster Tiefe wieder verschwinden ohne jedoch einen Boden zu erreichen. An ihnen kauern - auf provisorischen Holzplatten hockend - und klettern - mit einfachsten Hilfsmitteln ausgestattet, armselige Gestalten: sprachlich nur noch zu gutturalen Urlauten, einander allenfalls in Hass und Neid zugewandt und im unendlichen Nichts dahinvegetierend, das sie mit kümmerlichen betätigungsversuchen ausfüllen und verdrängen wollen ohne jedoch die auswegslose Situation dadurch zu beeinflussen.

Als [Achtung: Spoiler] einer von ihnen schließlich einer zunächst agressiven Frau begegnet, die auf seine Plattform gelangt, weicht seine Unsicherheit und seine von ihm selbst bislang unbemerkte Einsamkeit plötzlich aufkeimenden Gefühlen, die sich in hilflosen Annäherungsversuchen ausdrücken. Schnell wird er jedoch auch zur Zielscheibe eifersüchtiger Neider, die seine Plattform entern wollen: es kommt zur offenen Auseinandersetzung, der Protagonist wird zum Mörder und lässt sich schließlich in die Tiefe fallen. Diese hat er zuvor mehrfach ergründen wollen indem er Holzstücke hinabgeworfen und ihre Aufprallgeräusche abgewartet hat; Abstiegsversuche endeten jedoch immer am Ende seiner Seile, ein Boden war dabei allerdings nie in Sichtweite.
Nach dem Fall erhebt er sich in einer schlammigen, matt erleuchteten Trümmerlandschaft, deren Trostlosigkeit vergleichsweise noch hoffnungsvoll wirkt.

Dieser pessimistische Blick auf menschliches Miteinander (bzw. Gegeneinander) und auf die Versuche, einer bedrückenden Sinnlosigkeit und Leere der eigenen Existenz einen Sinn zu geben bzw. einen Sinn in ihr zu suchen, ist weniger auf inhaltlicher, sondern eher auf formaler Seite interessant. Groteske, hoffmanneske Gestalten, Züge schwärzester Romantik aufweisend, schmücken in ihren Dunkelbrauntönen die Schwärze und ein nahezu perfekter Umgang mit Kamerapositionen, -fahrten, - bewegungen und Schnitt lässt die Kulisse weit gigantischer erscheinen als sie gewesen ist. Gelungen ist auch der Einsatz von Tönen und Klängen, die nie zu aufdringlich wirken und das Geschehen wirksam unterstützen.
Negativ fallen jedoch einige kleinere Szenen auf, in denen die Figuren ihren aufkeimenden emotionalen Regungen Ausdruck verleihen, indem sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln rhythmische Klänge erzeugen. Das erinnert in Ansätzen an Stomp, passt aber nicht so recht ins weitestgehend ruhige Gesamtbild.

Letztlich wirkt dieser 22minütige Kurzfilm, als habe ein Terry Gilliam mit einfachsten Mitteln einen kafkaesken Alptraum mit exzentrischen Gestalten aus dem Werke E. T. A. Hoffmanns auf Film gebannt. Für ein Erstlingswerk sicherlich eine beachtliche Leistung, vor allem auf formaler Seite. Die dargestellte Trostlosigkeit und Einsamkeit, die Trauer und stille Verzweifelung wird jedoch zum Ende hin mehr und mehr von Schauwerten und Eingeständnissen an handlungsreiches, spektakuläres Unterhaltungskino derartig überlagert, dass Conen keinesfalls mit einem Landsmann wie Frans Zwartjes mithalten kann.

Schwache 7/10.

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