Review

Originaltitel: Nuts
Regie: Martin Ritt
Drehbuch: Alvin Sargent, Darryl Ponicsan
Besetzung: Barbara Streisand, Richard Dreyfuss, Marl Malden, Maureen Stapleton, Eli Wallach,  u.a.
Genres: Drama

Claudia Draper, eine New Yorker Edelprostituierte (Barbara Streisand) hat einen ihrer Freier (Leslie Nielsen) brutal ermordet.
Nun soll ihr Fall vor Gericht nebenbei abgehandelt werden, da sie vom Gefängnispsychiater (Eli Wallach) für unzurechnungsfähig erklärt wurde. Sie kämpft allerdings für ihr Recht auf eine anständige Verhandlung und lässt das Gutachten des Psychiaters nicht auf sich sitzen. Vom Gericht wird ihr dazu der zunächst unwillige Anwalt Aaron Lewinsky (Richard Dreyfuss) zugeteilt, der aber bald von ihrem Fall gepackt ist.
"Nuts" zeigt die Verhandlung, die sich um Claudia Drapers Fähigkeit dreht, sich einer gerichtlichen Untersuchung ihrer angeblichen Mordtat zu stellen. Er beruht auf einem Theaterstück von Tom Topor.

Ich verstehe nicht, weshalb "Nuts" bei seinem Erscheinen eine mehrheitlich schlechte Presse bekam: Der Film ist perfekt! Nicht nur das: Er ist hervorragend!
Angefangen bei der Vorlage, die nicht nur ein spannendes, gut geschriebenes Gerichtsdrama mit tollen Dialogen beinhaltet, sondern auch gewichtige Themen wie Selbstverantwortung und Selbstbestimmung des Menschen aufs Tapet bringt und diese mit zahlreichen Formen der Fremdbestimmung kontrastiert; es macht zudem deutlich, wie verwundbar ein Kind dank seinem Bedürfnis nach Liebe wird und welch verheerende Auswirkungen eine solche Verwundung auf lange Sicht hat.

Diese massive Ladung ist in ein zwar altmodisches, deshalb aber nicht minder wirkungsvolles und packendes dramturgisches Konzept verpackt. Nach und nach wird in der Befragung von Zeugen eine Lebensgeschichte enthüllt, die dank ihrer Verankerung im Prinzip der menschlichen Natur allgemeine Gültigkeit erhält.

Regisseur Martin Ritt setzt dies grandios um! Indem er jeder Figur, auch den weniger zentralen, ihre klaren Umrisse gibt, stattet er sie mit Glaubwürdigkeit und Hintergrund aus. Seine Bilder sind so konzipiert, dass auch in den vielen Dialogsequenzen eine konstante Spannung da ist, denn er inszeniert die Schauspieler im Hintergrund so, dass ihre Reaktionen auf das Gesagte eigene, stumme Geschichten erzählen. Ich hatte Ritt bislang kaum wahrgenommen, aber dieser Film überzeugt mich von der Notwendigkeit, mehr von ihm zu sehen.
Seine Schauspielerführung ist von traumwandlerischer Sicherheit.

Alles steht und fällt in diesem Film mit der Besetzung der Hauptrolle - und in dieser Beziehung hatte ich zu Beginn Bedenken. Doch Barbara Streisand verwächst mit der Rolle, je länger der Film dauert. Ich kenne zwar nur wenig von dieser multitalentierten Dame, aber derart überzeugend habe ich sie bislang noch nie gesehen. Verglichen mit dem Rest der Schauspieler-Crew fällt sie zwar leicht - aber wirklich nur leicht! - ab, doch sie meistert den schwierigen Part mit Bravour und vermag zu bewegen. Auch Richard Dreyfuss als ihr quirliger Anwalt ist hier so gut, wie ich ihn nie zuvor gesehen habe. Karl Malden, Robert Webber (beide in ihren letzten Filmrollen), Maureen Stapleton, Eli Wallach, James Whitmore - sie alle glänzen und fügen sich nahtlos in eine grandiose Ensembleleistung ein.

Nuts ist ein Film, der ausnahmslos aus Bestleistungen besteht. Da darf er meinetwegen so altmodisch sein, wie er will. Das ist angesichts der wichtigen Gedanken, die er anregt, so nebensächlich wie der Stuhl, auf dem man dabei sitzt.

Interessantheitsgrad: 10
Grad der Langeweile: 0

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