Wenn etwas einen Ort heimsucht, an dem es überhaupt nichts verloren hat, ist das bisweilen sehr beunruhigend, egal, wie absurd die Situation im Grunde ist. Über einen Clown im Zirkus lacht man (meistens). Wenn derselbe Clown um Mitternacht vor deinem Haus sein Zelt aufschlägt und mit regungsloser Miene durch ein Fenster stiert, ist das extrem gruselig. Ein Tiger im Zoo oder in der Savanne ist normal. Wenn er aber wie in Stephen Kings Kurzgeschichte Here There Be Tygers (Achtung - Tiger!; 1968) plötzlich in einer Schultoilette herumlungert, fällt das Herz in die Hose.
Im Meer muß man mit Haien rechnen, das ist ihre Welt. Wenn aber die charakteristische Flosse plötzlich in einem gut besuchten, öffentlichen Hallenbad auftaucht, dann ist der Schreck riesengroß. Gleichzeitig möchte man aber auch lauthals loslachen, so abartig komisch und irreal erscheint die Situation, verstärkt in diesem Falle noch doch die heitere Musik, die das Freßgelage begleitet.
Ein Mann (Nathan Hughes) kommt zum Trainieren ins Schwimmbad, steigt ins Wasser, sieht sich um, bemerkt die paar Männer, Frauen und Kinder in der Loge, die gespannt auf etwas zu warten scheinen, geduldig der Dinge harren, die da kommen sollen (ein Pensionist sondiert die Lage sogar mit einem Fernglas). Der Mann denkt sich nichts dabei, setzt seine Schwimmbrille auf und beginnt mit dem Training. Irgend etwas reißt ihn dann plötzlich aus der Konzentration, und als er erkennt, was es ist, ist es schon fast zu spät. Inmitten der unbekümmert Badenden aus allen Altersklassen - vom Kleinkind bis zur Oma - befindet sich ein Hai, und der ist verdammt hungrig. Abgesehen von ihm (und den Damen und Herren in der Loge) scheint niemand etwas von der tödlichen Gefahr zu bemerken (schon gar nicht der übermüdete Bademeister, der seine Augen kaum offen halten kann); selbst als das Büffet eröffnet ist und das große Raubtier einen nach dem anderen verschlingt, kommt keine Panik auf.
Knackig, komisch, kurzweilig, und sehr, sehr böse, so kann man Sam Walkers achtminütigen Pool Shark in etwa umschreiben. Die genial-schräge Idee wird ausgesprochen flott und ohne Rücksicht auf Verluste durchgezogen. Harmlose Omas kommen ebenso zum Handkuß wie ein süßes kleines Kind, dessen abgetrennter Arm dank des übergestülpten Schwimmflügels im Anschluß auf dem Wasser treibt. Walker spielt geschickt mit Ängsten, läßt die Kamera immer mal wieder abtauchen, um sich den zappelnden Beinen von unten zu nähern. In Gedanken begleitet man diese Szenen unwillkürlich mit dem berühmten Jaws-Theme von John Williams. Der rettende Ausstieg scheint unerreichbar, ja, fast meilenweit entfernt zu sein. Und von den Gaffern braucht man sich keine Hilfe zu erwarten, die rühren keinen verdammten Finger.
Das nicht zu begreifende Grauen wird fast ausschließlich - und sehr effektiv - über die Gesichter der Badegäste transportiert. Vor allem Nathan Hughes liefert diesbezüglich eine famose Performance ab... in seiner Mimik spiegeln sich Ungläubigkeit, Verzweiflung und Unverständnis. Technisch gibt es nichts zu bekritteln, und der Hai, der nur wenige Momente zu sehen ist, sieht durchaus ansprechend aus. Daß nichts erklärt wird, überrascht nicht, schließlich ist das ein Markenzeichen von Sam Walker, daß er seine teils wahnwitzigen Ideen generell unkommentiert läßt. Aber es funktioniert auch so blendend, und wenn man unbedingt eine Erklärung für das abstruse Geschehen braucht, muß man eben selbst seine Phantasie spielen lassen.
Pool Shark ist ein bissiges, kultiges, schwarzhumoriges Horror-Häppchen für zwischendurch, das auch wiederholtem Ansehen locker stand hält. Sozusagen ein kleines Hai-light!