Achtung, Spoiler!
Bei „Standoff – Hier kommt keiner lebend raus“ sollte man keinen Actionfilm erwarten, sondern vielmehr einen psychologisch angelegten Thriller.
Die Eröffnungsszene ist sozusagen die Ruhe vor dem Sturm: Ty 'Bama' Jones (Dennis Haysbert) und sein Partner Jamie Doolin (Robert Sean Leonard), beide Mitglieder ein Spezialeinheit, beobachten ein Sektenhauptquartier, welches am kommenden Tag gestürmt werden soll. Während der Credits werden dann noch einige Detailaufnahmen aus dem Hauptquartier gezeigt, wo die Sektierer schwere Artiellerie wie z.B. ein M60 besitzen. Der Actionfan im Zuschauer freut sich schon auf ein großes Gefecht, aber er wird enttäuscht.
Denn es folgt ein Zeitsprung: Der Sturm ist vorbei, die Polizei zurückgeschlagen und Ty und Doolin schleifen einen Verwundeten im Kugelhagel in leerstehendes Haus, um sich dort zu verschanzen. Damit wäre der Schauplatz für die weitere Handlung gegeben, denn die Glücklosen müssen dort ausharren, da das Haus und seine Umgebung immer noch im Schussfeld der Sektierer liegen.
Wenig später tauchen mit Hank Magill (Paul Ben-Victor) und Zeke Clayton (Keith Carradine) zwei weitere Polizisten auf, die in dem Haus Deckung suchen. Während ihnen die Gefahr im Nacken sitzt, liegen die Nerven blank und jeder ist am Ende. Als dann noch zwei Mitglieder der Sekte, Mary (Natasha Henstridge) und Freebie (Tricia Vessey), die angeblich von dort geflohen sind, spalten sich die Polizisten: Die einen wollen Selbstjustiz üben, die anderen wollen die Frauen beschützen...
Die Grundidee von „Standoff“ ist gut erdacht, nur leider nutzt der Film sein Potential nicht voll aus. Denn die Geschichte wird unspektakulär erzählt und es fehlen schlicht und einfach die Schauwerte, um den Film interessanter zu machen. Denn es mangelt an der Hochspannung ähnlicher Filme wie z.B. „Verhandlungssache“. Auch die Bedrohung von außen wird außer ein paar fliegenden Kugeln nie konkret; die beiden Frauen bleiben die einzigen Sektierer, die man zu Gesicht bekommt.
Ansonsten ist das Drehbuch recht einfallsreich, da es zum einen in die Richtung Drama geht (z.B. mit den Fragen, ob man in so einer Situation seine Menschlichkeit bewahren soll), zum anderen Spannung erzeugt (z.B. ob eine der Frauen nicht ein Killer ist). Wäre die Geschichte, wie bereits gesagt, etwas spektakulärer erzählt worden, hätte „Standoff“ ein echtes Highlight unter den Low Budget Filmen werden können. Denn die Wendungen des Drehbuchs und die Art, wie die Anspannung der Belagerten porträtiert wird, haben es durchaus in sich. Allerdings ist eine Wendung unglaubwürdig; nämlich wenn sich Ty auf die Seite von Zeke schlägt und gegen Doolin wendet.
Um die Geschichte aufzupeppen wäre mehr Action nötig gewesen. Denn es gibt zwar einige Mexican Standoffs (passend zum Titel des Films), aber auf ausgiebige Feuergefechte, die länger als ein paar Schuss dauern, wartet man vergeblich. Die Kämpfe zwischen den Sektierern und der Polizei werden komplett ausgespart. Dabei hätte man, auch wenn es oberflächlich klingt, mit einigen Angriffen der Sektierer auf die Belagerten (ähnlich wie in „Assault – Anschlag bei Nacht“ oder eben „Verhandlungssache“) das Maß an Action hineinbringen können, welches die Längen des Films verhindert hätte. Die FSK 18 Freigabe des eher harmlosen Endprodukts kann ich ja noch nachvollziehen, die Indizierung ist allerdings ein Witz.
Die Darsteller sind weitgehend unbekannt, was wohl Budget des Films liegt (Natasha Henstridge dürfte etwas teurer gewesen sein, aber so populär ist sie auch wieder nicht). Trotzdem spielen die Protagonisten gut, was auch goldrichtig ist, da sich der Film nur auf wenige Personen fokussiert.
„Standoff“ schafft es zwar aus seinem Mini-Budget einiges rauszuholen, doch da es an spektakulären Szenen mangelt, bleibt der Film nicht mehr als ein ambitionierter, einmal ganz gut guckbarer Vorläufer zu „Verhandlungssache“.