Review
von Leimbacher-Mario
Der letzte Zug links
Wes Craven hat mit seinem letzten Haus auf der linken Straßenseite das Terrorkino mitbegründet und das Horrorgenre in seinen Grundfesten erschüttert. Solch ein ekelhafter Schocker zog seine Schneisen natürlich auch zu den Italienern, die mit "Night Train Murders" in dieselbe Kerbe schlugen. Nur wahrscheinlich noch etwas härter und gemeiner. Wie sie eben so waren, die italienischen Filmemacher. Dreist, feist, clever und schamlos. Letzteres in jeder Beziehung. Doch auf das Kopierbusiness unserer südlichen Nachbarn, möchte ich gar nicht zu viel eingehen, denn "L'Ultimo Treno della Notte" hat sich zwar bei Craven Inspiration geholt, wie etliche andere Nachahmer ebenso, doch er ist gut genug, um auch losgelöst von diesem kaum verschleierten Vorwurf zu bestehen. Ehrlich gesagt ist Aldo Lados Zugmassaker sogar ein verdammt guter, mitnehmender und garstiger Film, der noch immer genug Power hat, um einen mit Anlauf in die Eier zu treten. Über 40 Jahre alte Schinken schaffen das eigentlich kaum noch. Zu abgehärtet, abgestumpft, abgefuckt ist die aktuelle Generation junger Filmfans. Doch hier müssen sicher auch Fans des serbischen Films oder des menschlichen Tausenfüsslers schlucken. Nicht nur einmal.
Es geht um zwei junge Freundinnen, beide gefühlt kurz vor der Volljährigkeit und eigentlich recht stark auf den ersten Blick, die, in einem Zug von München nach Norditalien, von zwei Taugenichtsen und einer bizarren Nymphomanin bedrängt, missbraucht und gequält werden... "Night Train Murders" ist audiovisuell kein hässlicher Film. Die exzentrische Beleuchtung, einige schicke Kamerafahrten und die grandios-monströsen Bösewichte, die man liebt zu hassen, unterstreichen das. Und dennoch ist Lado hier ein durch und durch hässlicher, gnadenloser und menschenverachtender Drecksack von Film gelungen. Da werden nicht nur Erinnerungen an Cravens Jungfrauenquellen-Verfilmung wach, auch "Der Schlitzer", "I Spit On Your Grave" oder "Die 120 Tage von Sodom" kommen einem schnell in den Sinn. Ein knochentrockenes Skandal- und Schmuddelprodukt, das kaum Grenzen oder Tabus kennt. Das muss damals einigen in den Kinosälen den Boden unter Füßen weggezogen haben. Fast macht das Angst vor Zugfahrten, obwohl das Trio des Bösen immer etwas drüber und krank gezeichnet wird. Zumindest kann ich mir kaum vorstellen, dass es solche skrupellosen, laufenden Teufel wirklich gibt. Oder vielleicht will ich es einfach nicht. Das Ende ist dann nochmal doppelt bitter und zeigt einmal mehr, dass keine Racheaktion dem gerecht wird, was die Täter verdient hätten. Und wie tief verwurzelt und gut versteckt Bosheit und Perversion in unserer Gesellschaft sein könnten.
Fazit: dreckig, fies, noch immer schockierend - extrem sleaziger Klassiker des Bahnhofskinos, der Lachen im Ansatz erstickt und nichts von seiner ekligen Wirkung verloren hat. Böse durch und durch. Grindhouse-Kino wie ein Presslufthammer Richtung Unterleib. Sehr gelungen!