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Zur besseren Vermarktung verpasste man diesem russischen Actionfilm den deutschen Titel "Russian Transporter". Mit der Luc Besson Produktion hat er eigentlich gar nichts am Hut und trotzdem vergleicht man Vladimir Yepifantsev fleissig mit dem Briten Jason Statham. Eigentlich hatte mit Timur Bekmambetov (Wächter der Nacht, Wanted) das russische Kino madig gemacht, doch "Nepobedimyy" wollte ich noch eine Chance einräumen. Und siehe da, man hat den richtigen Weg beschritten und Regisseur und Drehbuchautor Oleg Pogodin versteht sein Handwerk.

In Malta soll der russische Top-Agent Yegor Kremnyov (Vladimir Yepifantsev) den Kronzeugen Shering (Sergei Astakhov) abholen. Doch Yegor und sein Team geraten in einem Hinterhalt. Zusammen mit Shering kann er fliehen, doch sein Team wird getötet. Nun gilt es Shering heil nach Russland zu bringen und unterwegs einige Papiere aus seinem Bankschließfach zu holen, die einen Ölmagnaten belasten sollen. Doch nicht nur Shering macht Yegor das Leben schwer, auch eine undichte Stelle in seiner Abteilung sorgt für Furore. Und auf welcher Seite steht die hübsche Agentin Nadezhda Orlova (Olga Fadeyeva) ?

Nur weil der Film einige Verfolgungsjagden in Petto hat, kann man ihn nicht mit "Transporter" vergleichen, obwohl die Story ähnlich schlapp daherkommt. Pogodin hat sich eher bei Martin Brests "Midnight Run - Fünf Stunden bis Mitternacht" bedient. Auch hier gilt es einen nervigen Zeugen zu beschützen und an einen gewissen Ort zu bringen. Im Finale gibt es noch eine kleine Überraschung was den Verräter betrifft und auch bei der Agentin Nadezhda Orlova weiss man nicht, auf wessen Seite sie eigentlich steht. Doch ansonsten verläuft "Russian Transporter" völlig vorhersehbar, bleibt aber durchgehend unterhaltsam.

Das mag nicht nur an der Action liegen, sondern auch an den Kabbeleien, die sich Yegor und der ständig quengelnde Shering liefern. Shering ist sich für alles zu fein, während Brechstange Yegor sich mit Gewalt wehren muss. Er verändert Sherings aussehen, fesselt ihn ständig und trotzdem gelingt dem Zeugen ein paarmal die Flucht. So ist Yegor ständig auf Zack und schießt seinem Buddy sogar einmal ins Bein. Der Humor sorgt für deutliche Auflockerung, denn "Russian Transporter" nimmt sich selbst ansonsten zu ernst. Und Yegors brachiale Onliner gewinnt man schnell lieb. Nun hätte man sich noch mehr auf die Charaktere konzentrieren müssen, denn gerade über Hauptfigur Yegor erfährt so gut wie nichts. Und auch bei den restlichen Figuren sieht es mau aus.

Zusätzlich lässt es sich nicht leugnen, dass der Film mit seinen 114 Minuten zu lange geraten ist. Allein die letzten zehn Minuten hätte man ohne Probleme weglassen können, der Showdown ist hier nämlich schon gegessen. Natürlich darf in einem Actionfilm eine kleine Romanze nicht fehlen, doch der räumt Pogodin kaum Screentime ein. So kann er das Tempo recht hochhalten, wobei sich die Spannung schnell verabschiedet. "Russian Transporter" klammert sich zu sehr an das gängige Schema. Yegor und Shering flüchten von Ort zu Ort, streiten sich, vertragen sich daraufhin wieder und natürlich verstehen sich die Beiden immer besser, richtige Freunde werden sie aber nicht.

Mit vielen Actionszenen gelingt es Pogodin den Zuschauer bei der Stange zu halten. Die Shootouts sind nicht nur blutig, sondern warten auch mit einem hohen Bodycount auf. Zudem hat man Yegor hier noch ein Gimmick verpasst. Nämlich einen kleinen Metallkoffer, gepanzert mit Stahlplatten, die man sogar austauchen kann. Neben Ersatzplatten und Klamotten, befindet sich auch noch ein kleines Waffenarsenal im Koffer und ein Sender, der Yegor mehrmals gute Dienste leistet. Dieser Koffer muss viele Kugeln abwehren, was jedoch oft übertrieben wird. Da wird Yegor von allen Seiten beschossen, jeder Schuss von ihm sitzt, doch seine Gegner treffen stets ins Leere, oder eben den Koffer, den sich Yegor vor Kopf oder Körper hält. Aber in den Shootouts ist Bewegung drin und der Munitionsverbrauch ist erfreulich hoch. Dank des ordentlichen Budgets gibt es einige Sachschäden. Nur die Explosionen fallen schmächtig aus, sind aber dafür handmade.

Natürlich darf sich unser Held auch kleinere Prügeleien liefern. Die sind old schoolig gehalten, das heisst hart, aber nicht so spektakulär, auch sind sie meist zu kurz gehalten. Besser gefallen da die vielen Verfolgungsjagden, der kleine Parcourlauf soll wohl eine Verbeugung vor dem Hongkongkino darstellen. Pogodin hat alles sauber in Szene gesetzt, doch richtige Höhepunkte bleiben aus.
Vladimir Yepifantsev nimmt man den Helden ab, obwohl er sich mit höchstens zwei Gesichtsausdrücken durchmogelt. Sergei Astakhov ist etwas besser und Olga Fadeyeva ist reines Augenfutter. Die gesamte Darsteller-Riege tummelt sich im durchschnittlichen Bereich.

Der Weg ist gefunden, aber man muss ihn noch weiter erkunden. "Russian Transporter" ist ein ordentlicher Anfang, wenn es auch an einer guten Story und tiefgründigen Charakteren mangelt. Die Action ist gut in Szene gesetzt und auch reichlich vorhanden, trotzdem ist der Film zu lang geraten. Der Actionfan darf bedenkenlos einen Blick riskieren.

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