Nightmare Detective 2
(Sunfilm)
Lagen früher Jahre zwischen den einzelnen filmischen Kunstwerken Shinya Tsukamotos, so zeichnet sich in letzter Zeit eine kreative Schaffensphase ab, die es ihm ermöglicht, innerhalb kürzester Zeit eine Vielzahl von faszinierenden Filmen zu drehen, die auf der einen Seite durch eine visuelle Wucht glänzen, auf der anderen Seite den Zuschauer aber auch zutiefst verstören. Nebenbei gelingt es ihm, auch als Schauspieler sowohl in seinen eigenen, als auch in vielen Filmen seiner Kollegen zu überzeugen (Takashi Miikes Dead or Alive 2 oder Ichi the Killer, Takashi Shimizus Marebito oder in eigenen Filmen wie Haze, Snake of June, Tokyo Fist oder den beiden Tetsuo – Filmen). Nach Filmen wie Vital, oder dem extrem unangenehmen Kurzfilm Haze ist sein Nightmare Detective ein fast konventioneller Streifen geworden, der sich stringent an einer Storyline hielt, und nur punktuell seine überbordende morbide Kreativität durchscheinen ließ.
Mit dem hier vorliegenden Nightmare Detective 2 schickt er nun den uns bekannten Kyoichi ein zweites Mal auf die Erkundung der Innenleben unserer Protagonisten und deren Traumwelten. Dabei wird Kyoichi selber von Träumen gepeinigt, die ihn mit dem Selbstmord seiner Mutter konfrontieren. Aus diesem Grund möchte er zuerst auch nicht dem schüchternen jungen Mädchen helfen, die sich in ihren Träumen an den sie mobbenden Klassenkameradinnen rächt, aber zu sehr erinnert ihn das Mädchen an seine Mutter, so dass er durch die Hilfe für sich Linderung erhofft.
Auf den ersten Blick scheint es, als habe Tsukamoto einen weiteren Beitrag, diesmal sogar noch eine Spur strukturierter und konventioneller als der Vorgänger, zum sehr angesagten japanischen Gruselfilm geliefert, aber so einfach kann man es sich nicht machen. Zu sehr sind Verknüpfungen zu seinem Gesamtwerk zu sehen, zu offensichtlich taucht der Bezug zu Themen wie Selbsttötung, Aufgabe des eigenen Ichs oder die Kapitulation vor der gesellschaftlichen Norm auf. Wenn Träume der Spiegel zur Seele eines Menschen sind, Tsukamoto seine Träume dabei filmisch verarbeitet, dann möchte ich nicht wissen, wie sein Seelenleben aussieht!!!
In Nightmare Detective 2 schafft Tsukamoto den Sprung von der Reflexion des Innenlebens seiner Charaktere hin zu einer Betrachtung auf den Zustand einer ganzen Generation. Die Unfähigkeit der Kommunikation, der Verlust der Gabe der Empathie, Probleme, die sich leider nicht nur in der japanischen Gesellschaft finden. In meinen Augen ist Nightmare Detective 2 Tsukamotos am leichtesten zugängliches Meisterwerk, welches vom Zuschauer, ähnlich wie bei vielen Filmen David Lynchs, auf vielen Ebenen betrachtet werden kann. Dies macht den Film so spannend und interessant, aber trotzdem definitiv nicht zu einer leichten Kost für den gängigen Horrorfan.
CFS