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1995 war im Vergleich zu den heutigen Tagen zwar immer noch ein relativ gelungenes Jahr für Girls with Guns Flicks, allerdings spürte man schon deutlich, dass die Hochphase des Subgenres abgelaufen war. Produktionen dieser Couleur verschwanden wie ihre Macher und Stars nach und nach in die Versenkung; wie als Ankündigung wich man zuerst wegen steigender Kosten und fehlender Absätze von Hong Kong nach Philippinen aus. Was man den Filmen leider auch prompt ansah und im Teufelskreis mit einen triftigen Grund für weiteren Abbau gestellt haben dürfte. Man wurde automatisch billiger in allen Belangen und wirkte nicht mal mehr zweitklassig, sondern rutschte von B – Action zur C – Kategorie und teilweise noch tiefer hinab.
Angel on Fire ist schon weit entfernt davon, schmuck zu sein; gehört aber wie die wenigen gleichjährigen Vertreter Enemy Shadow, The Armed Policewoman, Drugs Fighters, Fox Hunter, Power Connection und Yes Madam 5 immer noch zu den empfehlenwerteren Angeboten. Sieht man sich einmal den furchtbaren Die Harder an, kann man schon ahnen, in welche Abgründe man sich die folgenden Jahre noch bewegen wird. Bevor man ganz den Geist aufgibt.

Auch Regisseur, Autor und Action Director Phillip Ko kann ein Wörtchen davon reden; die hiesige akzeptabel disponierte Arbeit hat er noch ins Kino vefrachten dürfen; nicht lange später drehte er nur noch Sexfilmchen für den direct to video Markt. Dementsprechend hat er sich hier noch einmal so richtig ausgetobt. Uninteresssant ist die Geschichte dennoch; aber sowas weiss man mittlerweise im Voraus und stellt deswegen keine Überraschung dar.
Ausserdem passiert in den veranschlagten 80min recht viel auf einmal, so dass man wenigstens nicht grossartig ins Stocken gerät und sich nicht ins Unendliche dehnt. Auch diesmal geht es wie so oft nur um ein McGuffin; Ko als Schreiberling hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, das Objekt genauer zu klassifizieren, sondern nennt es die ganze Zeit nur „the precious thing“.
Hinter diesem Wertstück sind unzählige Parteien ebenso her wie Polizisten mehrerer Länder: Diebin May [ furchtbar: Melanie Marquez ] flieht von China über HK nach Manila; ihr auf den Fersen der ehemalige Partner Ko Cheung [ Phillip Ko ] sowie die Cops Wong Li [ Sharon Yeung ] und Yeung Siu Ching [ süss: Cynthia Khan ]. In der Metropole und drumherum geht die Hatz weiter; folglich haben alle und der Zuschauer gleich mit wahrlich genug zu tun.

Natürlich muss man den eigenen Geschmack der gewöhnungsbedürftigen Bilder und der konfus – blassen Geschichte anpassen; Ersteres strotz nämlich wieder von optischen Abscheulichkeiten und Letztere ist gleich fast nonexistent.
Der dargebrachte rote Faden dreht sich eben nur um das „precious thing“ und lässt sich ansonsten nicht mehr als Jeder gegen Jeden einfallen; überdies gibt man sich nur noch den Schwerpunkt, Einiges an Blödsinn miteinzubringen.
Dadurch sieht man schon von Beginn weg, wessen Geistes Kind der Film ist; aber Diejenigen, die die Karriere Kos über die Jahre verfolgt haben, frappiert nichts mehr. Der Einstieg mit dem Diebstahl ist jedenfalls schon sehr dreist in Bezug auf mangelnde Intelligenz und filmisches Nichtskönnen hingearbeitet; theoretisch könnte man auch nach 5min ausmachen und wüsste, dass es wohl nicht viel besser werden kann. Was allein im Prolog an Dummheiten fabriziert wird reicht woanders für einen ganzen Film:
May – übrigens ein internationales Supermodel, aber davon sieht man nichts – schleicht sich bei Tageslicht in einen Shaolin Tempel und entwendet das Diebesgut. Die trainierenden Mönche werden auf sie aufmerksam und verfolgen sie; alle Hundert auf einmal auch noch, als hätten sie nicht anderes zu tun. Vielleicht denken sie ja, dass sie schneller sind, je mehr hinterher rennen; das Kesseltreiben geht erst zu Fuss, dann zu Pferde und schliesslich per Fahrrad über mehrere Kilometer hinweg. Wenn man schon denkt, die gesamte Laufzeit würde damit gefüllt werden, holt endlich ein Hubschrauber die Ausreißerin ab. Man dankt.

Weiser wird der Inhalt jetzt nicht, aber zumindest hat man ein Ziel vorgegeben und genügend Personen an Bord, die auch Interesse daran haben. Trotzdem will es nicht so recht in die Gänge gehen; die inkonsequent aufgebaute Dramaturgie mal lahm und mal sprunghaft. Vieles bleibt weiterhin sehr töricht; so kriegen die beiden beauftragten Cops es nicht einmal hin gemeinsam den Job übernehmen, weil sie sich partout nicht finden und nur einander vorbeilaufen. Gleich nach dem Start bleibt der Film deswegen symbolisch kurz liegen; Taxifahrer Lok lässt sich abschleppen und währenddessen zur Hauptfigur umschreiben. Lok sieht zwar überhaupt nicht aus wie ein Held, ist aber mit viel penetranten Gerechtigkeitssinn ausgestattet und auch förmlich heiss auf seinen Fahrgast Siu Ching; in Aussicht auf Orden und ein Schäferstündchen übernimmt er die führende Position.
Wong Li und ihr Begleiter dagegen unternehmen eine Besichtigungsstour.

Soviel zu Bestaunen gibt es aber nicht. Die Wahl der Schauplätze ist so überschaubar wie die vorhandenen Finanzen; zu erhaschen sind nur einige staubige Strassen sowie planare leerstehende Häuser. Der Panoramablick macht also keine Furore; die philippinische Eleganz verhält sich angesichts des Andrangs der chinesischen Filmtouristen zurückhaltend stillos. Zaghaft auch die ersten Actioneinlagen: zwar geschieht desöfteren etwas, aber über hand - to - hand combat kommt man lange Zeit nicht hinaus. Dies selber kann man aber als soweit gelungen bezeichnen; selbstredend hat man die Fights schon besser gesehen, aber man sollte sie in den Jahren darauf weitaus ungelenkiger umsetzen. Das wenige Wirework passt teilweise sogar in den Ablauf herein und gibt bis auf die deutlich sichtbaren Seile selten Anlass zur Klage; ausserdem beherrschen die Teilnehmer weitgehend ihre Bein- und Armarbeit. Später wirft man noch ungünstige Autojagden ein; Materialschlachten und vor allem welche auf vier Rädern waren noch nie die Stärke der Kantonesen. Ein reelles Tempo wird nie annähernd erreicht, so dass die harmlosen Stunts noch deutlicher zum Vorschein kommen; aber wenigstens kiegt man eine Abfolge von Explosionen ebenso hin wie die ersten Lacher. Mit zunehmender Ausdünnung des Skriptes wirft man nämlich viel Nebensächliches und damit auch einige Szenen ein, die sich offensichtlich an dem horrenden Beginn orientieren und eigentlich nur Kopfschütteln hervorrufen können. Klassisch vor allem die Suche nach einem Parkplatz mit Telefonzelle:
„Stop the car first, phone Siu Ching.“
„Ok.“
„Where to stop ?“
„Here.“
Man hält vor einem McDonalds.
„This is the front of a house.“ Man fährt einmal um das Gebäude herum.
“This is also the front of a house.“

Das ist spätestens 25min vor Ende eh alles egal; bereits ab hier startet man nämlich mit dem Showdown. Zwar steigert sich die Choreographie nicht, bleibt der geklaute Score weiterhin komplett fehleingespielt und hat man auch jegliche Blutpäckchen vergessen, so muss man doch grossen Respekt vor der Absicht Kos haben. Statt einen weiterhin mit haltlosen Ablenkungen zu beschäftigen, lässt er die Kombattanten einfach stundenlang aufeinander los, treibt den Bodycount hoch und bombt die hässlichen Flachbauten in die Luft. Masse ist nicht gleich Klasse, die Akteure bleiben hundsmiserabel und ein würdiger Abschluss sieht auch anders aus, aber auch hierfür Danke.

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