Die Zukunft ist scheiße. Das Internet hat die Weltherrschaft erlangt. Die Menschheit ist noch perverser als heutzutage und findet nur noch Erfüllung im Zocken kranker Videospiele. Diese sind in der Zukunft aber hyperreal. Man kann nämlich mit dem Joystick echte Menschen lenken. Menschen mit Computerchip im Hirn, die sich dafür bezahlen lassen kontrolliert zu werden.
Die neueste Entwicklung der Videospiel-Industrie: „Slayers“ – eine Art „Counter Strike“ mit echten Menschen. Mit zum Tode verurteilten Strafgefangenen um genauer zu sein. Schlacht für Schlacht treten sie mit den verschiedensten Schusswaffen ausgerüstet gegeneinander an. Wer 30 Schlachten überlebt, wird freigesprochen. Auf Platz 1 der derzeitigen Charts: Dreikäsehoch Simon mit seinem Knacki Kable (Gerard Butler, „300“)…
GAMER – der neuste Streifen von den „Crank“-Machern – ist mal wieder ein Sieg der Optik über den Inhalt. Die Story ist löchrig, unzusammenhängend und mies inszeniert. Vieles bleibt dem Zuschauer einfach ein Rätsel:
Ist der Gamer jetzt komplett Herr über seinen Charakter, sprich: über den echten Menschen, den er kontrolliert, oder aber kann der jeweilige Charakter im Gefecht doch noch ein klein wenig eigenmächtig agieren?
Wieso entschließt sich Kable erst im letzten Game, dem letzten vor seiner Begnadigung aus dem Spiel auszubrechen und es dem faschistischen Medienmogul und Macher von „Slayer“ heimzuzahlen?
Fragen wie diese ergeben sich häufig. Des Weiteren agieren die Figuren unlogisch, oft muss man raten, was einem der Film wirklich zu sagen versucht, und nicht selten wird man das Gefühl nicht los, dass man dieses oder jedes hätte anders machen sollen, damit das Geschehen verständlicher wird.
Dem gegenüber steht eine Optik, die einem den Teppich unter den Boden wegzieht. Aufgestylt bis zum Gehtnichtmehr. Postapokalyptische Raver-Klamotten. Endzeit-Pop. Halbnackte Asia-Chicks in einem gigantischen Kugelspiel. Keine Tussi ohne Monsterausschnitt und superknappe Hotpants. Ludacris im Schafsfell-Jäckchen.
Und die Action. Teils überaus bombig, mit etwas Zeitlupe im rechten Moment, andererseits fehlt ihr aber die in die Knie zwingende Durchschlagskraft und die Schnitte sind viel zu hektisch. Das Gegenmittel: ein bisschen übertrieben brutale Gewalt, zerplatzende Leiber und Blut, das in die Kamera spritzt, und schon merkt man gar nicht mehr, dass der Streifen im Grunde kaum Story hat.
Vergleicht man GAMER mit sozialkritischen Endzeit-Kloppern wie „Running Man“, dem Original-„Rollerball“, „Death Race“ oder „Frankensteins Todesrennen“ so kackt er inhaltlich auf ganzer Linie ab. Optisch überragt er diese jedoch wie ein Wolkenkratzer ein Einfamilienhaus.
Gerard Butler, die alte, muskelbepackte Zuchtsau mit Drei-Tage-Bart, macht seinen Job eigentlich ganz gut. Rapper Ludacris ist als virtueller Guerilla-Kämpfer und Rebellenführer gerade noch so akzeptabel. Michael C. Hall („Dexter“) mimt den größenwahnsinnigen Medienmogul mit Bravour.
Klar, Sozial- und Medienkritik schwappen nur so ansatzweise rüber und bleiben recht seicht. Das echte Leben spielt sich online ab, vor dem Bildschirm, hinter den kontrollierten Charakteren finden sich nur fettleibige Perverse ohne eigene Identität. Und die in den Raum gestellte These, was denn wohl wäre, wenn jeder Kill in einem Ballerspiel ein echtes Menschenleben fordern würde – ob sie wirklich ernsthaft zum Nachdenken, ja vielleicht sogar zum bewussteren Zocken ohne „Ragdoll“-Spielereien mit Toten animiert…? – Ich bezweifle es.
Bildhaft: (+)(+)(+)(+)(-)
Brutal: (+)(+)(-)(-)(-)
Inhalt: (+)(-)(-)(-)(-)
Fazit:
Geile Optik, miese Story. So ungern ich derartige Machenschaften unterstütze: der Streifen rockt!
Wer also sein Hirn für 90 Minuten in den Lehrlauf schalten kann und ordentlich „Kawumm!“ und Zucker fürs Auge möchte, wird hier durchaus zufrieden stellend bedient.