ONG-BAK 2
Wenn in Thailand das alljährliche Filmfest der gebrochenen Knochen steigt, dann gibt es zwei Arten von Zuschauern, die sich in den Kinosessel verirrt haben: die einen hoffen auf Fortschritte im inszenatorischen Bereich und die anderen hoffen, dass der Wahnsinn des vergangenen Jahres noch irgendwie zu steigern ist. Der Gipfel des Möglichen schien jedoch schon mit TOM-YUM-GOONG (2005) erreicht. Nachfolgende Werke konnten zwar problemlos unterhalten, zu Boden fallende Kinnladen blieben aber größtenteils aus. Zumindest deutete CHOCOLATE (2008) an, dass man sich auch in Thailand Mühe gibt, die bahnbrechende Muay Thai-Action in ein angemessenes Gesamtpaket zu verpacken.
Machte sich nach dem Promo-Reel von ONG-BAK 2 (2008) die Hoffnung breit, Tony Jaa würde mit seinem Regiedebüt qualitativ an den Vorgänger ONG-BAK (2003) anknüpfen können, so hätte die mit Bauchschmerzen verfolgte Entstehungsphase eigentlich Warnung genug sein müssen: finanzielle Probleme, Tony Jaa verlässt das Set für mehrere Monate und letzten Endes muss sein Mentor Panna Rittikrai einspringen und die geplante Geschichte auf zwei Filme splitten, um den Starttermin sicherzustellen und den Ausgang irgendwann mit ONG-BAK 3 zu erzählen. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt und so wurde ONG-BAK 2 natürlich umgehend importiert und noch am selben Abend gierig verschlungen.
Völlig unabhängig vom Vorgänger finden wir uns im Thailand des 15. Jahrhunderts wieder und werden Zeuge, wie die adligen Eltern des jungen Tien (Tony Jaa) brutal ermordet werden. Tien soll auf dem Sklavenmarkt verkauft werden, doch da er sich ausgiebig gegen die Händler zur Wehr setzt, erkennt der Anführer der „Garuda Cliff Bandits“ das Kämpferherz des Jungen, rettet ihn und lässt ihn in allen nur erdenklichen Formen des Kampfes ausbilden, um ihn eines Tages zu seinem legitimen Nachfolger zu ernennen. Als dieser große Tag gekommen ist, kann Tien seinen vor Jahren gefassten Plan in die Tat umsetzen und an all jenen Rache üben, die für das grausame Schicksal seiner Familie verantwortlich zeichnen.
Einerseits hatte ich vor, mit Bewertung und Review bis zur Sichtung der deutschen Fassung abzuwarten, doch andererseits gibt es keinen Grund, der ein Abwarten rechtfertigen würde, denn ONG-BAK 2 ist auch mit Sprachbarriere problemlos konsumierbar. Wir haben es hier mit einem Film zu tun, der auf Grund seiner Aufmachung (prachtvolle Optik, atmosphärische Musik) an ein Epos erinnert und doch müssen wir trotz einer kurzen Laufzeit von gerade einmal 90 Minuten unschöne Längen in Form von Rückblenden oder einer etwas sinnlosen Tanzeinlage in Kauf nehmen, um letzten Endes festzustellen, dass ONG-BAK 2 besonders in dem Punkt enttäuscht, der essentiell gewesen wäre: der unvergleichlichen Muay Thai-Action.
Tony Jaa präsentiert von Drunken Boxing über Schlangenstil bis hin zu bewaffneten Fights eine beachtliche Palette an Kampfstilen und trotzdem will der magische Funke niemals ganz überspringen. Wenn man die beeindruckenden Stunts an einer Hand abzählen kann, es an krachenden Schlaggeräuschen und wuchtigen Zeitlupen mangelt und auch der große Showdown ungewohnt schnell vorüber ist, anstatt wieder und wieder einen draufzusetzen, dann ist das Gefühl, die holprige Entstehungsphase förmlich schmecken zu können, ständiger Begleiter. Einzig Dan Chupong sorgt mit seinem Auftritt als „Crow Ghost“ für Gänsehaut, bis der unausweichliche, finale Cliffhanger auch diesen guten Eindruck ein wenig relativiert.
Sicherlich wird auch ein ONG-BAK 3 unverzichtbar werden; die Frage ist nur, ob der großen Erwartungen oder der nüchternen Komplettheit wegen. Nach dem deutschen DTV-Release des zweiten Teils kann dies ein jeder für sich selbst entscheiden. Insgeheim gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass man sich in Thailand ein Herz fasst und nach dem Release eines deutlich besseren dritten Teils beide Filme zu einem Gesamtwerk zusammenfasst, dabei die Längen reduziert, die Kampfszenen aufpoliert und somit das präsentiert, was schon ONG-BAK 2 hätte werden können: knochenbrecherische Muay Thai-Fights und mörderisch-blutige Waffenduelle - vermischt zu einem sauer-scharfen Thai-Cocktail von epischen Ausmaßen…
6/10 Punkten, diBu!