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Christian (Peter Marshall) ist am Boden zerstört: seine Tochter wird tot aufgefunden, erstickt an ihrem eigenen Erbrochenen, offensichtlich ausgelöst durch einen Drogencocktail.
Er muss alleine mit der Trauer werden, hat er doch so gut wie keinen Kontakt mehr mit seiner Ex bzw. der Mutter der Toten. Eines Tages erhält Christian per Post ein Video, in dem seine Tochter, offensichtlich komplett zugedröhnt, mit mehreren Typen vor laufenden Kamera Sex hat. In seiner Wut macht sich Christian, von Beruf Schädlingsbekämpfer, auf die Suche nach den Männern aus dem Video und denen im Hintergrund. Auf seinem blutigen Rachefeldzug trifft er die junge Anhalterin Alice, die ihn in ihrer Orientierungslosigkeit an seine Tochter einnert...

Der junge austrlische Regisseur Steven Kastrissios hatte lediglich einen Kurzfilm gedreht (der Grundelemente von "Horseman" aufwies), um mit geliehenem Geld in Brisbane seinen Debütfilm mit Freunden und Bekannten zu realisieren. Wenn ich das nicht gewusst hätte, so hätte ich wohl vermutet, dass The Horseman zumindest mehrere Hundertausend Euros gekostet hätte, so aber hat er nur ca. 30000€ gekostet!
In Australien gibt es eine bürokratische Filmförderung, ähnlich wie hier, die nichts von seinem Projekt wissen wollte, da ernoch keinen Vertrieb hatte. Erst durch eine amerikanischen (!) Vertrieb wurde der Film 3 Jahre nach Herstellung endlich auch in Australien gezeigt.
Und dem Film merkt man sein Minibudget nicht an. Die Schauspieler, allen voran Peter Marshall als Christian (er ist TV-Schauspieler), sind überzeugend, die Musik großartig, die HD-Kamera schafft es, den physischen Schmerz und die Energie des Films zu übetragen.
"The Horseman" erzählt sicher keine neue Geschichte. Er nimmt Motive aus "Ein Mann sieht rot", "Taken", "Get Carter", aber v.a. musste ich an Paul Schraders unterschätzten "Hardcore-ein vater sieht rot" denken, in dem George C.Scott seine Tochter im Pornobusiness von L.A. sucht, und schafft etwas eigenständiges daraus. "The Horseman" hat durch seine Charaktergestaltung (besonders das sich langsam entwickelnde Vertrauen zwischen Alice und Christian), seine Machart und seine rohe Energie die Kraft, sich von den genannten Filmen zu emanzipieren und alleine zu bestehen.
Christian, der ja bezeichnenderweise Kammerjäger ist, ist trotz seiner Brutalität ein nachvollziehbarer Charakter, der dem Zuschauer den Zugang ermöglicht. Und immer wieder blitzen seine Ängste und Unsicherheiten auf, seine Selbstvorwürfe, die dazu führen, dass er autoaggressiv wird.
Für mich war "The Horseman" das, was "Harry Brown" hätte sein können: ein spannender, bohrend intensiver Rachefilm (durchaus im Geist der australischer und amerikanischer Exploitationfilme der 80er) ohne reaktionäre Untertöne, keine kleinbürgerliche Rachefantasie, sondern der Abstieg eines einsamen Mannes in eine Hölle, die aber nicht nur ihn bedroht, sondern auch andere. Und am Ende ist nicht unebdingt etwas gelöst...
Ich kann diesen kleinen Aussie-Kracher nur wärmstens empfehlen. Er ist schmerzhaft (im wahrsten Sinn des Wortes) und spannend - was sollte ein Rachethriller sonst auch sein?
Angucken! Jetzt!

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