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Beim Fernsehen hängt oft alles an den Quoten. Und da diese bei RTLs Slashermovie "Schrei-Denn ich werde dich töten" mehr als zufrieden stellend waren, setzte es dann zwei Jahre später die Fortsetzung. Unter dem klangvollen Titel "Das Mädcheninternat- Deine Schreie wird niemand hören" (was eher nach reißerischem TV-Melodram, als nach Horror klingt) fanden sich mit Regisseur Robert Sigl, Drehbuchautor Kai Meyer, Kameramann Sven Kirsten und Hauptdarstellerin Katharina Wackernagel die Leute erneut zusammen, die schon das Original zum Erfolg gemacht hatten. Und was soll man sagen? Aus den Fehlern des Erstlings wurde offenbar gelernt- zumindest teilweise.

Nach den traumatischen Ereignissen an ihrer Schule, bei denen vier ihrer Mitschüler brutal getötet wurden, befindet sich Nina (Katharina Wackernagel) auf einer abseits gelegenen Insel in psychologischer Betreuung. Zusammen mit fünf weiteren Mädchen, von denen jedes mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen hat. Als die vom Festland kommende Ärztin Laura (Karin Giegerich) auftaucht, um die Methoden der im Rollstuhl sitzenden Frau Meyrink (Annette Kreft) unter die Lupe zu nehmen und Nina überraschend Besuch von ihrem Freund Niklas (Barnaby Metschurat) erhält, spitzen sich die Ereignisse mit einem Mal dramatisch zu. Eines der Mädchen verschwindet spurlos und zudem sorgt die Legende von einer rachsüchtigen Nonne für zusätzliches Unbehagen. Es dauert nicht lange, bis der Kampf ums Überleben von neuem beginnt. Wobei sich die Frage stellt, ob Nina auch diesmal mit dem Leben davonkommen wird...

Mit Fortsetzungen, gerade im Bereich "Horror", ist es ja immer so eine Sache. Oft entsteht der Eindruck, dass eine einmal bewährte Formel gern wieder verwendet und somit auf "Nummer sicher" gegangen wird, anstatt risikobereit zu sein und dem Zuschauer etwas Neues zu bieten. Das Ergebnis bleibt dann oft hinter den Erwartungen zurück und kann die Liebhaber des Vorgängers nur in wenigen Fällen für sich einnehmen. Nun war "Schrei- Denn ich werde dich töten" ja letztendlich ein sehr kalkuliertes Produkt gewesen. In erster Linie im Zuge eines gerade grassierenden Trends entstanden, wurde hier mehr als deutlich auf amerikanische Vorbilder wie z. B. "Scream" geschielt und versucht, ihnen nachzueifern. Wobei der dänische Slasher "Final Hour" (im Übrigen vor Wes Cravens Genrewiederbelebung entstanden) ebenfalls Pate gestanden haben dürfte. Das Ergebnis war beileibe nicht schlecht, aber durchwachsen, da zu offensichtlich abgekupfert. Schön, dass man beim Sequel nun versucht hat, einigermaßen neue Wege zu gehen. Auch wenn vieles davon dann doch wieder den Genremustern entspricht.

Die Idee, die Figuren auf einer abgeschiedenen Insel festzuhalten und dort mit einem mordlustigen Killer zu konfrontieren, ist nämlich beileibe nicht neu. Gerade "Ich weiss noch immer, was du letzten Sommer getan hast" kommt einem da in den Sinn, zumal es sich bei diesem Film ja auch um eine Fortsetzung handelt. RTL selbst hat einen solchen Schauplatz sogar ein Jahr vor dem "Mädcheninternat" mit "Tödliche Wildnis- Sie waren jung und mussten sterben" in einer Mischung aus "Blair Witch Project" und "Freitag der 13." ins Spiel gebracht. Dennoch muss man die Entscheidung zu diesem Ortswechsel begrüßen, da zum einen schon automatisch für etwas Abwechslung gesorgt wird, weil einem nicht schon wieder die gleichen Kulissen wie im ersten Teil vorgesetzt werden und zum anderen die Bretagne mit ihrer zerklüfteten Landschaft auch um einiges filmischer ist, als das Schulgemäuer im Vorgänger.

Ansonsten gilt es für die Heldin, nach alter Genrekonvention, das erlebte Trauma zu verarbeiten und sich im Zuge dessen, gezwungenermaßen, mit der Vergangenheit auseinandersetzen zu müssen. Dabei macht Kai Meyer jedoch den Fehler, den Fokus etwas zu stark auf Katharina Wackernagel zu legen, sodass man zu den anderen Charakteren kaum eine Verbindung aufbauen kann. Was beim Ableben der ein oder anderen Person dann auch für eine gewisse Teilnahmslosigkeit sorgt. Abgesehen davon, braucht der Streifen auch eine ganze Weile, um in Fahrt zu kommen. Und dass die Auflösung, wer denn nun für die Untaten verantwortlich ist, durchsichtiger kaum sein könnte, ist auch nicht gerade ein Pluspunkt.

Aber wir haben ja noch die zweite Hälfte vor uns- und da entwickelt der Film dann plötzlich unerwartete Kräfte. Ein hohes Tempo, packende Verfolgunsszenen (vor allem die Jagd auf ein gehbehindertes Mädchen zerrt gehörig an den Nerven!) und ein herrlich bizarres Finale, trösten über so manche Länge zuvor ganz gut hinweg. Erwähnenswert zudem noch der wunderbar gefilmte Moment, in welchem sich in Ninas Auge der Killer spiegelt und sie kurz darauf attackiert. Im Vergleich zum Vorgänger wurde allerdings der Härtegrad nach unten reduziert, weil man wohl ähnliche Kontroversen um Gewalt, wie beim ersten Teil, vermeiden wollte. Stattdessen wird nun verstärkt auf Atmosphäre und Grusel gesetzt, was mal mehr und mal weniger gut funktioniert.

Die Leistungen der Darsteller fallen erfreulicherweise besser aus, als die ihrer Vorgänger. Auch wenn sich hier niemand für eine Auszeichnung empfiehlt. Katharina Wackernagel hat noch die gleichen Defizite wie in Teil 1(gerade bei emotionalen Szenen wirkt sie doch recht hölzern), kann diese aber durch eine gewisse Präsenz und ihrem Einsatz in den Spannungsmomenten etwas abschwächen. An Barnaby Metschurat ("Anatomie 2") dürften sich dagegen die Geister scheiden, was aber auch an seiner Rolle liegt, die, trotz interessanten Ansätzen, viel zu oberflächlich geraten ist. Karin Giegerich überzeugt durch Souveränität, trotz gelegentlichen Anflügen von Overacting. Jenes betreibt in noch sträkerem Maße Annette Kreft und bietet damit die schwächste Leistung innerhalb des Films. Neza Selbuz (als Haushälterin) brilliert genauso wenig, bleibt aber als eher hölzern, denn zu Übertreibungen neigend, im Gedächtnis. Richtig gut dagegen Anne Kanis (als verstummtes Vergewaltigungsopfer), was vielleicht auch daran liegt, dass sie sich, Im Gegensatz zu ihren Mitstreitern, kaum mit dämlichen Dialogen herumschlagen muss. Der Rest der Besetzung (darunter auch "GZSZ"- Sternchen Alexandra Finder) verbleibt recht unauffällig.

Kai Meyer hat seit dem Erstling sichtlich dazu gelernt, auch wenn das Drehbuch immer noch kein Lob verdient. Aber der Mann weiss mittlerweile, wie er Genreregeln und klassischen Grusel brauchbar miteinander kombinieren kann. Dem Zuschauer Rätsel bezüglich der Identität des Killers aufzugeben, muss er aber noch lernen und lässt somit einiges an Potential ungenutzt verstreichen (allein schon die Tatsache, dass frühzeitig deutlich wird, dass es sich bei dem Täter um eine Frau handeln muss, ist ein großer Schwachpunkt). Robert Sigl wiederum hat ordentlich inszeniert, wenn ihm auch die zweite Hälfte besser geglückt ist, als der Einstieg. Richtiggehend begeistert kann man sich jedoch über die Kameraarbeit von Sven Kirsten zeigen, der schon den ersten Teil aufwertete, hier aber noch eins drauf setzen kann. Wobei die guten Sets da natürlich auch ihren Anteil dran haben.

Fazit: Lange Rede, kurzer Sinn: auch "Die Insel der Angst" (wie der bessere Alternativtitel dieses Films lautet) ist alles andere als perfekt, aber zumindest deutlich gelungener als der Erstling. Dank besseren Schauspielern, weniger Unlogik, gehörig Schauwerten, einem ordentlichen Score und genug Spannung auf der Zielgraden, ergibt sich nette Unterhaltung für Genrefans. Nicht mehr und nicht weniger!
6/10 Punkten

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