Ein Irrer entführt ein junges Paar. Erst foltert er sie an den Rande der totalen Zerhäckelung, dann versorgt er ihre Wunden und pflegt sie gesund. Ob der sadistische Folterknecht die beiden aber wirklich frei lässt, wie er ihnen in Aussicht stellt…
„Der richtige Schmerz beginnt jetzt!“
Vom Regisseur der eher madigen „Slit-Mouthed Woman“ erreicht uns der neueste Folterspaß aus Fernost. Dieser ist böse, düster, lebensverneinend und menschenverachtend und obendrein auch noch brutal bis zum Anschlag. Ich hör’ schon, wie der Speichel der ersten Gorehounds auf die Keyboards tropft und die blutunterlaufenen Augen nach hinten rollen. Doch freut euch nicht zu früh, denn wer jetzt „Grotesque“ für einem Neuaufguss von „Guinea Pig“ oder „Red Room“, von „Hostel“ oder „Saw“ hält, der wird mit dem Ergebnis wahrscheinlich nur minder zufrieden sein.
„Schauen wir uns deine Eingeweide an!“
Zur Story: Ist praktisch nicht existent. Die beiden Protagonisten schlendern nachts umher, bekommen von hinten eins über die Rübe und wachen erst wieder im Folterkeller auf mit den typischen „Pulp Fiction“-Tischtennisbällen im Mund. Ab dann wird praktisch nur noch verstümmelt und erniedrigt. Mehr gibt’s zum Inhalt nicht zu sagen.
Die Charaktere: Der Foltermeister ist ein abgeklärter Kerl der Marke „verrückter Arzt“ und geht sein Werk recht sachlich und nüchtern an. Er macht seinen Job im Gegensatz zu seinen beiden Opfern ziemlich gut. Diese wirken phasenweise nämlich ziemlich teilnahmslos – Hm, ob er uns wohl je wieder freilässt. – Ähm, weiß nicht. Hoffen wir das Beste… – und ihre Schreie und ihr Wehklagen kommt auch nicht wirklich realistisch rüber. Also, wenn mir das angetan würde, was denen hier widerfährt, ich würde mir die Seele aus dem Leib brüllen, wohingegen die beiden Schluffis meist nur erbärmlich vor sich hin wimmern.
Die Gewalt: Superbrutal und menschenverachtend dürfte diese wohl am treffendsten beschreiben. Es wird mit Metallwerkzeug rumgestochert, mit abgetrenntem Finger in der Nase gebohrt, Nippel werden abgeschnitten, Augen eingestochen, Gedärme rausgeholt, Eier mit Nägeln bearbeitet und es kommt die Kettensäge zum Einsatz. Zudem wird noch sexuell erniedrigt und mit peinlichen Fragen gedemütigt – praktisch die ganze Palette an Foltereien und Perversitäten. Jedes Mal, wenn Metall in Fleisch eindringt, gibt es außerdem diese flatschenden Plumpsklo-Geräusche, dass es schwachen Gemütern gewiss den Magen umdreht.
Klingt also fast, als könnte man als Freund sinnloser Gewaltorgien bedenkenlos zugreifen. Wäre da nur nicht…
…die fehlende Beziehung zu den Opfern. Denn nur wenn einem die Gefolterten Leid tun, tut die zur Schau gestellte Folter richtig weh. Hier verfehlt die Gewalt das Schmerzzentrum des Zuschauers um Längen. Klar, bei der Penis-Szene dürften jedem männlichen Zuschauer die Nüsse auf Erbsengröße schrumpfen, aber sonst gehen einem die Gefolterten ziemlich am Arsch vorbei.
Ein weiteres Minus der Gewalt: Man hat’s halt echt schon grafischer erlebt. Und zwar so ziemlich jede Szene, die man hier antrifft. Sei es die Kastration vom „Hostel 2“-Finale oder „Guinea Pig 1: Devil’s Experiment“, in dem einer Frau einzeln die Fingernägel gezogen werden – all dies war viel grafischer als das, was man hier zu Gesicht bekommt, von dem in die Magengrube tretenden Feeling mal ganz zu schweigen. Wer also auf innovative Folter, also neue Ideen für den eigenen Hobby-Folterkeller aus ist, ist hier leider ziemlich auf dem Holzweg.
Was bleibt ist die ganz nette Grundidee von einem vereinsamten Menschen, der – von Hass auf glücklich Verliebte getrieben – die Grenzen der Liebe auszuloten versucht, praktisch, wann der Punkt erreicht ist, dass der eine den anderen verrät, um die eigene Haut zu retten. Aber selbst diese „Würdest du für mich sterben? Dich sogar foltern lassen?“-Thematik hätte man um Lichtjahre besser verwerten können und so drängen sich einem als Zuschauer doch relativ oft Makel und Unzulänglichkeiten auf.
Der Schluss stellt, so abgefahren und doof er auch ausfällt, aber dann doch so einigermaßen zufrieden.
„Jetzt zu deinem Penis. Ich werde ihn abschneiden.“
Folter:
(+)(+)(+)(+)(+)
Story / Tiefgang / Bauchgefühl:
(+)(-)(-)(-)(-)
Fazit:
So viel Spaß kann man beim Sezieren haben, wenn der Proband noch am Leben ist. Wer auf übertrieben brutale Folter und erzwungene Qualen steht, kann, ja: sollte vielleicht sogar einen Blick riskieren. Für Leute, die auf Hirn, Story oder sonstigen Schnickschnack aus sind, erleben mit „Grotesque“ aber einen saftigen Griff ins Klo.
Gäbe es nicht zig Beispiele, dass sich Brutalo-Folter und interessante Story doch tatsächlich in Einklang bringen lassen (siehe „Ichi –The Killer“, „Hostel“…), man hätte vielleicht drüber weg sehen können.
Somit also kein Totalausfall, aber auch alles andere als ein Höhenflieger, auch in folter-technischer Hinsicht nicht. Den Cenobiten wären definitiv lustigere Sachen eingefallen.