Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mir einst vor vielen Jahren auf Premiere K-Toon die Werbevorschau für eine Zeichentrickserie begegnete, die mich in ihren Figurenzeichnung sehr stark an „Ein Supertrio“ aka „Cat’s Eye“ erinnerte, eine Anime-Serie welche ich liebte, zu Zeiten als RTL2 noch gute Animes brachte.
(Wie sich später herausstellte, ebenfalls ein Werk von Tsukasa Hojo)
Die Figurenzeichnung traf voll meinen Geschmack, und die vielen kurzen Ausschnitte, die der Trailer präsentierte machten mich nun doch sehr neugierig, und als am Ende der Titel „City Hunter“ eingeblendet wurde, war ich nun total außer Häuschen.
„So heißt doch dieser eine Jackie Chan Film“ dachte ich mir damals.
„Ist das nun die Serie dazu?“
„Wieso sieht die Hauptfigur „Ryo Saeba“ (sehr cooler Name) dort dem Toshi aus Katzenauge so verdammt ähnlich?“
„Ist die Serie wirklich so witzig, wie es mir der Trailer weismachen will?“
Alles Fragen, denen ich bei der nächsten Ausstrahlung (damals werktags um 23:40) auf den Grund gehen wollte.
Ich hatte eine absolute Spassgranate erwartet, doch wie es der Zufall wollte, stoß ich auf eine äußerst seriöse Folge, in welcher der Protagonist quasi im Alleingang einen ganzen Frachter infiltriert, dort Einen nach dem Anderen, wie man es aus zahlreichen Actionern der 80er kannte, mit seinem monströsen Revolver umnietete, und am Ende seine Freundin (die nicht sonderlich weiblich aussah) rettete.
Trotz meiner falschen Erwartungen war ich von dieser Episode, obwohl ich weder Handlung noch Charaktere kannte, begeistert.
Dies war der Beginn einer neugewonnenen (Pay)-TV Leidenschaft, wie ich sie seit Jahren nicht erlebt hatte, und mich in Nachhinein noch mehr prägte als die Simpsons.
Was hat mir an dieser Serie gefallen?
Nun an aller erster Stelle, und da sind sich City Hunter Fans einig, ist es selbstverständlich die Figur, die diesen von Unterwelt-Gangstern gefürchteten Titel trägt: Ryo Saeba.
Der Mann unter den Männern.
Ein Playboy-Verschnitt mit coolen zerzausten Haaren, einem schlichten, aber originellen Kleidungsoutfit (Schwarze Hose, Rotes Shirt, und darüber ein Lila Hemd) und einer monströsen Waffe, nämlich einer .357er Colt Python.
Und wozu braucht er diese Waffe?
Er ist Privatdetektiv in Tokyo, und nimmt sich Fällen an, denen die Polizei nicht gewachsen ist. Seine Überlegenheit, was Charisma, Nahkampf, und Schießkünste angeht, sind ihm dabei mehr als behilflich.
Er ist der Alptraum aller schlimmen Buben, ein schier unbezwingbarer Hengst.
Er hat nur eine Schwäche: Frauen!!
Denn der supersmarte, ultracoole, alles und jedem Überlegene Ryo Saeba wird zu einem peinlichen Trottel, wenn ihm erst mal eine schöne Frau über den Weg läuft.
Und denen begegnet er nicht nur bei seinen regelmäßigen Besuchen im Stadtpark, wenn er auf „Beutejagd“ ist, sondern auch beruflich, denn meistens sind es eben junge, hübsche Damen, die der Polizei nicht trauen und deswegen auf die Dienste und Fähigkeiten eines Straßenhelden dieses besonderen Formates angewiesen sind.
Schnell geht das Vertrauen der Damen aber auch wieder verloren, denn wenn Ryo Saeba jede Gelegenheit nützt, den Klientinnen ins Dekoltier zu blicken, unauffällig versucht die erotischsten Körperteile zu betatschen oder ganz direkt nach einer heißen Nacht fragt, bekommt er eine ordentliche Ohrfeige verpasst.
In den meisten Fällen schreitet da seine höchst eifersüchtige Partnerin Kaori Makimura ein; die (Stief-)Schwester seines ehemaligen, ermordeten Partners und besten Freundes Hideyuki.
Sie ist, wenn man es so will, das Herzstück der Serie.
Die Comedy, basiert größtenteils auf der Chemie zwischen Ryo und Kaori.
Obwohl Ryo immer gemein zu ihr ist, in dem er ihr Problem keine besonders anziehende Weiblichkeit auszustrahlen persifliert, und auch hemmungslos vor ihren Augen andere Frauen anbaggert, und deswegen schon oft den berühmtberüchtigten 100-t Hammer über die Rüber gedonnert bekommen hat, ist er dennoch in brenzligen Situationen immer da und beschützt sie.
Szenen, in denen es zwischen Ryo und Kaori mal wirklich funkt, und beide in wirklich liebreizende Gespräche über ihre Beziehung kommen, sind daher besonders schön, und klare Höhepunkte in der Serie.
Doch auch das Verhältnis zu anderen wichtigen Figuren machen einen besonderen Reiz der Serie aus.
Da ist zum Beispiel die überaus hübsche Polizistin Saeko Nogami, Ryo’s ehemalige Geliebte, die ihn die gesamten Staffeln über immer wieder ausnutzt.
Ständig verwickelt sie ihn in Polizeifälle, verspricht eine Belohnung in Form einer „heißen Nacht“, und lässt ihn schließlich durch geschicktes Einfädeln gegebener Umstände leer ausgehen. (Im Manga war es ein ganzer Harem, der Ryo „dazwischen“ kam lol)
Und dann ist da auch noch Umibozu, aka Hayato Ijuin, oder auch Falcon bzw „Meeresgeist“ (gebräuchlicher Name in der deutschen Fassung).
Dieser japanische Schwarzenegger-Verschnitt besitzt einen entsprechend opulenten Körperbau, ist 2 meter groß, trägt eine Glatze, eine schwarze Sonnenbrille alà Duke Nukem, und ist immer schlecht drauf.
Er bezeichnet sich als dein einzigen, der in der Lage wäre Ryo zu töten, und die Hass-Liebe zwischen den beiden fordert es manchmal wirklich heraus, auch wenn sie sich tief im Inneren doch eigentlich mögen.
Aber sie würden es niemals zeigen, das ist ähnlich wie bei Bud Spencer und Terrence Hill.
Lustig zu sehen ist, wie dieser eiskalte Profi und Berg von einem Mann ebenfalls eine Schwäche hat.
Er ist furchtbar schüchtern in Gegenwart von Frauen und hat Angst vor Katzen!
Besonders in Anwesenheit von Ryo kommt es zu den komischsten Momenten.
Und diese Momente entfalten gerade in der japanischen Art der Slapstick Darstellung ganz besonders ihre Wirkung.
Die Figuren verzieren übertrieben comicartig ihre Gesichter, die Hintergründe ändern der Szene angepasst ihre Farbe, und dienen dadurch immer als Metapher um die jeweilige Situation deutlicher zu machen.
So zum Beispiel, wenn eine überraschende Nachricht die Runden macht, werden die entsetzten Personen plötzlich von einer Explosion aus dem Hintergrund weggefegt.
Diese comicartige Darstellung von Emotionen ist auch heute noch sehr effektiv und unterstreicht die Empfindungen der Charaktere einfach nur zu gut.
Ebenfalls rein metaphorisch sind die überdimensional großen Hämmer anzusehen, von denen Ryo im Laufe seines Werdegangs im City Hunter Universum mehr als genug gegen die Rübe geschleudert bekommt, doch sie sollen eben die Wut (meist von Kaori) zum Ausdruck bringen; in ernsten Situationen aber weichen diese albernen Slapstick Einlagen, und machen Platz für die Action, das wichtigste Element in der Franchise.
Die Klientinnen, die meist Angst haben von jemandem umgebracht zu werden, beauftragen Ryo als Bodyguard; oft sind sie aber auch auf der Suche nach einem gewissen Gegenstand, bzw einer Person; manchmal aber soll er auch einfach irgendwo herumschnüffeln und gewisse Beweise sammeln.
In einem ganz speziellen Auftrag hat Ryo sogar die Aufgabe eine unwissende, naive, wohlbehütete 18-jährige die ersten Schritte in Sachen Liebe zu lehren; die einzige Folge in der kein Waffengebrauch stattfindet.
Bis auf diese Ausnahme gerät Ryo ansonsten bei all den Aufträgen an allerlei böser Buben; meistens sind sie mit feinen Anzügen und Sonnenbrillen bekleidet; was für ein Klischee!!
Ob primitive Straßenraudis, korrupte Geschäftsmänner oder „scheinbare“ Profi-Killer, alle Kreuzen sie Ryos Wege, fühlen sich vor lauter Selbstüberschätzung überlegen, und werden von Ryo schließlich eines besseren belehrt.
Neben seinen gefährlichen Nahkampfkünsten sind es aber vor allem Ryo Saebas Schießfertigkeiten, über die die Gegner nichts zu lachen haben...und worüber der Zuschauer mit hohen Realismus-Ansprüchen meistens nur den Kopf schütteln kann.
Ryo’s Schießkünste (mit einer Hand wohlgemerkt) gehen soweit, dass er die Flugrichtung von Bällen oder Handgranaten bestimmen kann, er findet in einer Menschenmenge die ideale Schusslinie, um einem Macker den Gürtel wegzuschießen, oder aber schießt er ganz einfach 6 mal in Folge in ein und dasselbe Loch einer Zielscheibe.
Eine Fähigkeit, die auch von Saeko in Anspruch genommen wird, als sie von ihm verlangt eine Krone aus einem Museum zu stehlen.
Ryo ist also vielbeschäftigt, muss sich aber, wie in einigen Episoden verdeutlicht wird, auch oft mit Arbeitslosigkeit rumschlagen.
Manchmal tauchen einfach keine Klientinnen auf, dafür aber herrschen ernst zunehmende Probleme in Tokyo, wenn zum Beispiel eine Terroristengruppe einen Teil Shinjukus einnimmt, und mit der Aktivierung einer Atombombe droht.
Oder aber auch bekommt es Ryo mit der Rodos Mafia zu tun, die Kaori festhält und auf einem Frachter auf dessen Erscheinen wartet.
Dies sind actiongeladene Folgen, in denen der Aniti-Held Ryo Saeba zum Retter des Tages, und seinem Ruf als „Stadtjäger“ allemal gerecht wird.
In solchen Fällen steht auch der ansonsten so stinkige Meeresgeist zur Seite, und hält die Gegner mit Bazooka und Maschinengewehr in Schach.
Ryo schießt sich derweil durch die Gegnerscharen, und endet dabei in den abgedrehtesten Stunts, die wirklich eine Klasse für sich sind (und jeglichen Realismus entbehren).
Hin und wieder fällt aber auch auf, dass es sich die Zeichner anno 1987 auch etwas einfach gemacht haben, denn ab und zu werden gewisse Animationen, Einstellungen und Closeups in späteren Episoden recycelt.
Ist aber auch nicht ganz so tragisch, da wirklich nur sehr selten auf vorhandenes Material zurückgegriffen wird, und bei 140 Episoden ist das auch verzeihbar. (Man denke nur an Serien wie Pokemon, wo wirklich am laufenden Band die Szenenrecyclung in vollen Touren läuft)
Ganz makellos dagegen ist der grandiose Soundtrack, den ich selbst einem „Cowboy Bebop“ vorziehe. Hier wird auf nervige Evergreens verzichtet und J-Pop erster Klasse geboten mit schönen Tönen und einem liebreizenden Gesang der verschiedenen Interpreten. Besonders die Get Wild Theme hat es mir angetan, ebenso aber auch so ruhige Songs wie „Earth“, die einige Stellen in der Serie extrem gut unterstreichen.
Viele der Songs haben rein akustisch, aber auch gesanglich (englisch ist auch dabei) locker das Zeug Chartstürmer (also außerhalb Japans) zu werden, doch bei so etwas tun sich Animes eben noch sehr schwer.
Vor allem in Deutschland, wo City Hunter leider nicht dieselbe Beliebtheit genießt, wie in Japan, Frankreich oder Italien, dort nämlich ist City Hunter ein bekannter Begriff, wie hierzulande lediglich Pokemon und co...
Schade, wo doch die Serie über eine hervorragende deutsche Synchronisation verfügt, mit Michael Pan, in der Hauptrolle es Ryo Saeba (seine einzige Hauptrolle bisher), den er auch mit Bravour spricht, und seinem japanischen Originalsprecher Akira Kamiya in nichts nach steht, und immer den richtigen Ton trifft, sowohl in albernen Slapstickszenen, als auch in ernsten Momenten.
Trotz dieser guten Lokalisierung bleibt City Hunter weiterhin in Deutschland eher ein Geheimtipp.
Nun denn, solche unfairen Umstände, die durch dumme Zufälle und schlechte Startvoraussetzungen zu Stande kommen sollen außer Acht gelassen werden, wenn ich nun folgende Schlussbilanz ziehe:
City Hunter ist ein wahrhaftes Juwel der japanischen Pop-Kultur.
Der Humor mag nicht so anspruchsvoll sein, wie bei den Simpsons; er beruht mehr auf Albernheiten eines „Goldenboy“, doch sie werden alle höchst amüsant dargestellt, so wie es eben nur die japanische Zeichentrickindustrie schafft; es gibt Action satt, mit cool choreographierten Gunfights und Verfolgungsjagden, sowie aber auch einfühlsame, wunderschöne, melancholische Momente mit einer guten Portion Drama und inmitten ist der so ziemlich coolste Antiheld, der je das Licht der Comic Welt erblicken durfte.