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Deutsche Filme von internationalem Format sind selten, dafür ist die Freude dann umso größer, wenn man einen zu Gesicht bekommt. „Nirgendwo in Afrika“ erhielt sogar als erster deutscher Beitrag seit der Grass-Verfilmung „Die Blechtrommel“ den Oscar für den besten ausländischen Film. Ein Schelm, wer denkt, nur wegen des Holocaust-Themas.

Die Klasse des Emigranten-Dramas liegt nämlich eigentlich ganz woanders. Ausführlich erzählt Caroline Link vom Schicksal einer jüdischen Familie, welche die Flucht vor dem Holocaust nach Kenia verschlägt, wo sie jedoch langsam zerbricht. Mutter Jettel kann mit dem neuen Leben ohne jeglichen Luxus zunächst nichts anfangen, während Walter ganz andere Sorgen plagen: Er wird in ein Kriegslager interniert und muss seine geliebte Tochter Regina für einige Zeit verlassen.

Link versteht es geschickt, immer wieder verloren geglaubte Sympathien für ihre Figuren zu erwecken. So kann man die hochnäsige und verwöhnte Jettel zu Beginn eigentlich nur hassen, weil sie nicht zu begreifen scheint, dass es in dieser Zeit nicht auf Luxusgüter und abendliche Empfänge ankommt, sondern nur der nackte Überlebenskampf zählt. Mit zunehmender Dauer versteht man aber immer mehr die fehlende Geborgenheit Jettels, die sogar von ihrem Mann Walter vernachlässigt wird. Deshalb schließt man sie doch ins Herz, spätestens ab dem Zeitpunkt, wo sie mit einem britischen Soldaten ins Bett steigt, nur um ihrer Familie ein besseres Leben zu ermöglichen.

Ansonsten strotzt „Nirgendwo in Afrika“ nur so vor Sympathiefiguren: Walter ist der fürsorgliche Familienvater, Tochter Regina geht einem zu keinem Zeitpunkt auf die Nerven, sondern ist vielmehr der Hauptbezugspunkt des Films, da die Geschichte aus ihrer Sichtweise erzählt wird. Als gute Seele der Story fungiert Koch Owuor, wegen dessen fürsorglicher Art es einem fast so schwer wie Regina fällt, ihn ziehen zu lassen. Matthias Habich bietet in einer Nebenrolle zudem eine sehr charismatische Vorstellung.

Kameraarbeit und Fotografie können sich ohne Mühe mit großen Hollywood-Produktionen messen. Caroline Link fing mit einem nicht allzu hohen Budget das kenianische Flair derart gut ein, dass vom Anfang bis zum Ende eine astreine Atmosphäre herrscht. Zudem ist das Timing perfekt, denn bevor der Film droht, die schwerwiegende Entscheidung zwischen gehen oder bleiben zu sehr auszureizen, wird der Konflikt schließlich doch noch rechtzeitig und größtenteils kitschfrei gelöst.
Nur die Tatsache, dass ich mit solch einer Art von Film eigentlich recht wenig anfangen kann, verhindert eine Wertung im ganz hohen Bereich. Ansonsten ein Traum für all diejenigen, die sich für behutsam, aber spannend erzählte Dramen und das afrikanische Lebensgefühl begeistern können.

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