Cult of the Dead (1968)
Boris Karloffs letzten Filme ähneln durchaus den finalen Produktionen von Bela Lugosi. Die Beiden mussten schauspielern bis zum bitteren Ende oder besser gesagt, Rechnungen bezahlen, und sich somit für billigste Produktionen hergeben: Lugosi traf auf Ed Wood, der Rest ist Geschichte; Karloff hingegen traf auf Juan Ibanez.
Während die Ed Wood-Klassiker mit Lugosi heute sehr charmant und witzig anmuten, sind Karloffs Kollaborationen mit Juan Ibanez hypnotische, delirierende Trip-Filme, die mal an Roger Corman, mal an Coffin Joe erinnern. Filmischer Wahnsinn, dem man sich kaum entziehen kann.
Der typische Karloff-Fan erwartet bestimmt einiges, wenn er sich einen Film mit dem Titel „Cult of the Dead“ aka „Isle of the Snake People“ anschaut, aber ganz sicher nicht das, was er bekommt:
Dr. van Molder (Karloff) lebt als Plantagenbesitzer auf einer kleinen Insel, außerdem macht er seltsame Experimente, von denen sich niemand so wirklich ein Bild machen kann. Er wird von seiner Nichte Annabella (Julissa) besucht, die gegen den übermäßigen Alkoholkonsum auf der Insel vorgehen will (!). Außerdem gibt es da noch Captain Labesch, den neuen Polizeichef, der aufräumen will mit dem Voodookult des kleinen Inselvolkes. Doch die Voodoofraktion hat einiges zu bieten: einen verrückten Zwerg (Santanon), eine heiße Schlangentänzerin (Tongolele aka Yolanda Montes), und jede Menge Zombies.
Nicht nur auf Nachnamen wird wenig Wert gelegt, auch die Story wird meistens vernachlässigt. Darum geht es auch gar nicht. Wen interessiert eine schlüssige Story, wenn er Zwerge hat, die Hühnern die Köpfe abschlagen, Schlangentänzerinnen, die das Blut in Wallung bringen, Karloff in einer Doppelrolle, und sexualisierte Fieberträume, die bei Cormans Poe-Verfilmungen abgeschaut wurden, und jede Subtilität vermissen lassen?
Die ganze Atmosphäre ist so unwirklich, dass man es kaum glauben mag (daher empfiehlt es sich, den Film nicht unbedingt stocknüchtern zu rezipieren), aber alles in allem passt sie auch zu der wirren Story. Die wirre Faszination, die der Film ausstrahlt, setzt sich tatsächlich aus all dem zusammen, was scheinbar nicht funktioniert. Und das macht letztendlich die Qualität des Films aus. „Cult of the Dead“ ist nicht einfach nur Trash, nein, das zu behaupten wäre viel zu engstirnig. Denn letztendlich funktioniert der Streifen als surrealistischer Horrorfilm hervorragend.
„Cult of the Dead“ ist mit Abstand der beste der vier Mexiko-Filme von Karloff/Ibanez/Hill (die anderen sind: „The Torture Zone“, „Dance of Death“ und „Alien Terror“), die alle am Stück abgedreht wurden.
Karloff musste dazu nicht reisen, seine Szenen wurden in Hollywood von Jack Hill gedreht („Foxy Brown“), Ibanez besorgte den Rest. Ein Flickwerk also, das dennoch sehr sympathisch rüberkommt, und allen aufgeschlossenen Genrekennern ans Herz gelegt werden kann.
Diejenigen, die Karloff nur aus feinen Universal-Klassikern kennen, kriegen wahrscheinlich einen Herzschlag.