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Der Mensch zerstört die Natur. Das ist hinlänglich bekannt. Dass das aus den Fugen geratene natürliche Gleichgewicht in der Folge auch menschliche Opfer kostet auch. Dass sich die Natur aber organisiert und durchdacht gegen den Menschen stellt, hat uns erst unlängst Frank Schätzing mit seinem „Schwarm" vorgeführt. Zwar gehen die Meinungen bezüglich seines mit dem Nimbus der Wissenschaftlichkeit etikettierten Schreckensszenarios auseinander, doch ist seine Herangehensweise in vollem Lichte betrachtet durchaus innovativ und lobenswert. Horrorliterarische Fiktion wird mit der Realität vermengt, was in dieser Kombination stets besonderen Schrecken erregt, da das Unheil weniger fiktiv ist. Auch Horrorfilmregisseur Jamie Blanks möchte diesbezüglich nicht mit Platzmunition schießen, sondern dem Genrefreund einen Leckerbissen vorsetzen, der einmal mehr die Natur ehrt und uns Menschen strafend in Fetzen reißt. Dazu entführt er uns nach Australien.

Die Beziehung des Ehepaars Peter (James Caviezel) und Carla (Claudia Karvan) durchlebt eine schwere Krise, da man sich gegenseitig längst nicht mehr in trauter Zweisamkeit unterhält und ergänzt, sondern enerviert und langweilt. Um dem tristen Ehealltag zu entfliehen beschließt Peter, seine Frau zusammen mit Freunden für ein Wochenende an einen nicht kartographierten Strand des schönen südöstlichen Kontinents zu entführen. Doch sind Carla und Peter nicht nur passionierte Streithähne, sondern auch der Natur völlig entwöhnte Stadtmenschen. Schon vor ihrer Ankunft am Strand entpuppen sich die beiden als der Umwelt gegenüber völlig indifferente, unsensible Rowdys, die Kängurus aus Unachtsamkeit über den Haufen fahren oder glimmende Zigarettenstummel aus dem Autofenster werfen. Die beiden sollen hier wohl beispielhaft das vergegenwärtigen, was die Menschheit in den letzten Jahrhunderten im großen Maßstab auf diesem Planeten angerichtet hat. Während Carla jedoch den Trip als überzeugte Städterin mit Nachdruck ablehnt, währt auch Peters Glück nicht lange, denn die Natur beginnt sich gegen die beiden Rüpel nach eindringlicher Warnung zu wehren - mit Gewalt.

Das Szenario eines Duos, das die Umwelt respektlos malträtiert und in der Folge den Zorn der Natur auf sich zieht, besitzt durchaus Potential. Jamie Blanks hätte eine ganze Palette filmischer Mittel zur Verfügung gehabt, die alles beobachtende, allmächtige, wütende Natur in Aktion treten zu lassen. Es hätte aufgrund der Vielzahl der handlungsimmanenten Möglichkeiten ohne weiteres eine diffuse filmische Spannungssituation kreiert werden können, die den Zuschauer fesselt und ins Geschehen zieht. Doch der Mann auf dem Regiestuhl scheitert! Konnte sein 2007er Genrebeitrag „Storm Warning" wenn auch nicht inszenatorisch, so doch zumindest durch die angezogene Gewaltschraube halbwegs punkten, verliert sich sein aktuelles Werk in Nichtigkeiten, minutenlangen, uninteressanten Streitereien der beiden - obendrein unsympathischen - Eheleute, viel Leerlauf und zu vielen Fragezeichen. *Leichte Spoiler* Handlungsstränge werden nicht zu Ende erzählt, offensichtliche Metaphern nicht dekodiert, Rätsel nicht aufgelöst und, was die Inszenierung betrifft, zu oft und zu lange die Bremse getreten. Während die Wortgefechte Carlas und Peters vor sich hin plätschern, erfährt der Zuschauer weder das Schicksal der nie auf der Bildfläche erscheinenden Freunde der beiden, noch, was die ominösen, wiederholt diskutierten, in Bäume geritzten Pfeile bedeuten sollen. Es ist zudem nicht ersichtlich, worüber sich die Einheimischen zu Beginn des Films so köstlich amüsieren, als sich Peter nach dem angeblich nicht existenten Strand erkundigt, noch, was es mit den nächtlichen Schreien auf sich hat, die die beiden Yuppies wiederholt aus dem Schlaf reißen. *Spoiler Ende* Blanks integriert die von ihm verwendeten Versatzstücke des Genrefilms nicht sinnvoll in die Gesamtdarstellung, was gegen Ende des Films einen faden Beigeschmack hinterlässt, wenn schließlich ersichtlich wird, dass die aufgeworfenen Fragen unbeantwortet, ja Teile der Handlung obskur bleiben. Trotz der relativ kurzen Laufzeit des Films von 84 Minuten fallen die zahlreichen, mit belanglosem Gestreite nur unzulänglich überbrückten Längen des Films negativ auf. Auch die ein oder andere schöne Naturaufnahme kann da nichts retten.

"Long Weekend" möchte ein Naturschocker im Horror-/Thrillergewand sein, scheitert aber an seiner unbeholfenen Inszenierung und seinen unbeantworteten, zuvor aber bedeutungsschwer dem Zuschauer präsentierten Fragen. Weder James Caviezel noch Claudia Karvan, die in der Einöde den Kampf gegen Mutter Natur allein bestreiten, leisten hier schlechte Arbeit, vemögen aber in keiner Weise irgendwelche Akzente zu setzen. Nicht nur aufgrund des diesigen Wetters am Meer etwas farblos!

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