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Mit "Long Weekend" zeigt der australische Regisseur Jamie Blanks eindrucksvoll , dass er die Klaviatur des Schreckens bestens beherrscht und nicht nur vielseitig bei der Auswahl seiner Stoffe, sondern auch ein wahres Talent auf vielen Gebieten ist.

Ob Teenie-Horror mit Slasher-Qualitäten wie bei seinem Debut "Düstere Legenden" oder beinharter Psychoterror im blutigen und hierzulande beschlagnahmten Backwood-Slasher "Storm Warning" - Blanks ist in den verschiedensten Subgenres des Horrorfilms beheimatet und sorgt seit "Storm Warning" auch für den Schnitt und die musikalische Untermalung.

Gegen die beiden bereits genannten Werke kommt "Long Weekend" dagegen jedoch geradezu intellektuell daher und versteht es sogar, dem Zuschauer eine Botschaft mit auf den Weg zu geben:

"Vergehe Dich nicht an der Natur, denn sie wird es Dir eines Tages gnadenlos heimzahlen!"

Dies ist die Kernaussage eines intelligenten Öko-Horrorfilms der Sinne, der zugleich das Auge mit wundervollen Naturschauplätzen, die Ohren mit einem perfekten Soundtrack und das Hirn mit einer ruhigen Erzählweise und vielen kleinen Hinweisen auf das, was sich im Laufe von "Long Weekend" entwickeln wird, bis zur letzten Minute beansprucht.

Die Tatsache, dass dies ein "Zwei Personen-Stück mit Hund" ist, mag zu Beginn den Zuschauer etwas verunsichern, doch wer sich konzentriert auf die Handlung einlässt und bei dem Namen Blanks nicht zwangsläufig einen bluttriefenden Schocker erwartet, der wird bestens unterhalten.

Blanks, der auch hier den Score komponierte, beginnt seinen Film ähnlich wie "Storm Warning" mit den Credits, die von den Luftaufnahmen der romantischen Bucht an der australischen Küste und einem Soundtrack begleitet werden, der zum Chillen einlädt.
Kurz darauf lernt der Zuschauer die beiden Hauptprotagonisten kennen, wieder ist es ein junges Ehepaar, hier mit eigenem Häuschen, deren Ehe bereits nach den ersten Minuten zum Scheitern verurteilt zu sein scheint.
Irgendetwas stimmt in dieser Ehe nicht, irgendetwas nagt an den beiden Leuten, so dass das kleinste Mißverständnis gleich zu einem großen Streit führt.
Was es ist, was diese Ehe auseinanderbrechen lässt, wird dem Zuschauer erst viel später erläutert. Bis zu diesem Zeitpunkt wird er Zeuge, wie sich die beiden gegenseitig zerfleischen und doch nicht voneinander können, während das Unheil, was diese romantische Bucht umgibt, seinen Verlauf nimmt.

Eine kurz nach Beginn des Films unachtsam aus dem Fenster eines fahrenden Autos geworfene Zigarette ist der Auslöser einer Kettenreaktion von unheimlichen Geschehnissen.
Der daraus resultierende Waldbrand vernichtet das Paradies, doch das letzte Fleckchen unberührte Natur schlägt gnadenlos zurück und rächt sich auf eine perfide Art.

Der Schrecken lauert hinter jedem Busch und selten wurde Horror mit minimalistischen Mitteln so subtil und nervenzerfetzend in Szene gesetzt.
Trotz der Dialoglastigkeit ist "Long Weekend" zu keiner Minute langweilig, dafür ist das dargestellte Ehedrama viel zu interessant, die beiden Charaktere  zu vielschichtig und die Möglichkeit der Identifikation viel zu hoch, als dass man sich vom Dargestellten gelangweilt fühlen könnte.

Effekte sind überhaupt nicht vorhanden, bis auf eine der letzten Szenen fliesst kaum Blut und doch ist der Film packend und ungeheuer spannend und lässt im letzten Drittel die Naturgewalt auf die beiden Darsteller und die Zuschauer einstürzen.
Ein Schock folgt auf den nächsten, das Tempo nimmt ungeheuer zu und der anfangs noch ruhige Score entlädt sich zu schnellen Schnitten und einer dynamisch inszenierten Panik wie ein kraftvolles Gewitter.

Um all das genießen und verstehen zu können - denn "Long Weekend" steckt voll von vielen kleinen Hinweisen, die erst viel später einen Sinn ergeben - muss man schon konzentriert sein.
Jamie Blanks bildgewaltiger Öko-Horror ist kein Film für zwischendurch.
Schrecken und Ängste werden hier durch das erzeugt, was die Natur zu bieten hat und das hat sehr wenig mit Splatter und übertriebenen Blutfontänen zu tun.

"Long Weekend" ist mein Geheimtipp und all jenen, die auch mit Filmen mit einer ruhigeren Erzählweise etwas anfangen können, wärmstens empfohlen.

8/10

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