One-Night-Stand done right
Nachdem Barry Jenkins mit seinem beeindruckenden Meisterwurf „Moonlight“ die Oscarverleihung etwas aus dem Nichts aufgemischt hat, stehen/standen ihm alle Möglichkeiten und Wege offen. Und er hat definitiv etwas zu sagen. Doch was hat der Gute eigentlich vorher gemacht? Viele Kurzfilme und Musikvideos. Und „Medicine For Melancholy“, noch deutlich als Amateurfilmemacher, in dem wir einem dunkelhäutigen (One-Night-Stand-)Pärchen durch einen Tag in San Francisco folgen - inklusive Gentrifizierung, Romantik, Parties, Bettsport, Kiffen und sehr, sehr echten Dialogen…
Kein Walk of Shame notwendig
Etwas Medizin. Etwas Melancholie. Jenkins merkt man hier schon an, dass er es hoch hinaus schaffen könnte. Der fast monochrome Look sticht heraus, selbst wenn ich mir schon hier eine viel bessere Kamera mit mehr Textur und Filmkorn gewünscht hätte. Aber das kann man sich als Amateurfilmemacher (erst recht in 2008) nicht immer unbedingt aussuchen. San Francisco ist ein klassischer Filmschauplatz. Alles wirkt ein wenig wie improvisierter Jazz. Sehr moody, sehr laidback, sehr stylisch (trotz seiner Limitierungen). Mit viel zu sagen über schwarze Themen, schwarze Communities und auch allgemein wie Schwarze sich und ihre Darstellung in der Popkultur und Gesellschaft sehen. Beide Darsteller machen das super, selbst wenn man manchmal merkt, dass es keine Profis sind. Ein Stückchen steif ist das schon. Doch die Dialoge fühlen sich dermaßen echt und authentisch, glaubhaft und ungefiltert an, dass man seinen Ohren manchmal kaum traut. Dazu der herausstechende Indielook. Dazu die kompakte Laufzeit. Der klasse, vielseitige Soundtrack. Fast etwas Nouvelle Vague'ige Vibes. Intim und ungefiltert. Intuitiv und traurig. Da verzeiht man sehr schnell, dass insgesamt doch fast gar nichts passiert und man nur zwei normalen Menschen durch ihren Alltag folgt. Oder 24 entscheidende Stunden in ihrem Leben. Wer weiß.
Appreciate It!
Fazit: elegant, echt, ereignislos… und doch irgendwie toll?! Barry Jenkins Regiedebüt ist eigentlich keine große Sache. Und vielleicht gerade deswegen doch eine große Sache… Ein gefühlvolles und ehrliches Zeitdokument.