Review

Es gibt tatsächlich keinen Grund, diesen Film so zu prügeln, wie es in diversen Fernsehzeitungen geschehen und auch an vielen online-Kritiken feststellbar ist. Ich schließe mich gerne Kollegen StS an, denn für eine Fernsehproduktion ist The Last Witness eigentlich recht ordentlich, soll heißen, man hat schon oft Teureres und Langweiligeres gesehen.
Allerdings muß man in diesem Fall doch auf die Versionen eingehen, denn die bemerkenswert blutigen Morde geben dem Film eine harte Kante, die der Story gut zu Gesicht steht, und machen die Person des Killers äußerst bedrohlich und gefährlich. Das heißt, daß die deutsche "16"-Version dadurch nicht wenig an Spannung einbüßt, daß man die Morde nur bruchteilhaft oder z. T. sogar überhaupt nicht mehr sieht. Man muß auch anmerken, daß sie dennoch nicht "gratuitous" sind, wie es so unübersetzbar im Englischen heißt, also nicht übertrieben sadistisch, sondern tendenziell realistisch hart. Komisch ist, daß die FSK inzwischen wesentlich vernünftigere Standards der Freigabe setzt als das vor einigen Jahren der Fall war , gerade auch bei Neubewertungen aufgrund von DVD-Veröffentlichungen (siehe: Soldier Blue oder Deranged), doch hier schimmerte noch ein bißchen der alte Geist durch, leider!
Ja, neue Standards werden natürlich nicht gesetzt, die Story enthält auch keine twists and turns, bis vielleicht auf die Tatsache, daß der Killer (Jonathon Schaech) abgedrehter ist als erwartet und sich zuguterletzt sogar gegen seine Auftraggeber wendet. Seine perverse Form von Zuneigung zur einsamen Ornithologin, gespielt von Natasha Henstridge, in deren Wohnung er vermeintliche FBI-Observationsarbeit betreibt, äußert sich schlußendlich darin, daß er sich von ihr erschießen läßt, um "frei wie ein (Raub)vogel" über den Wolken zu kreisen, wobei er eine frühere Bemerkung von ihr aufgreift.
Die gesamte Vogelschiene inklusive ihre Verankerung in der Realität durch den Caracara/Geierfalken, der laut den Checkern der IMDB gar keiner sein soll, sondern ein Harris Hawk, welcher sich wiederum laut www.beizjagd.de "in Deutschland zu einem sehr beliebten Beizvogel gemausert" haben soll, hätte man eigentlich auch weglassen können, denn über die Unterhaltung von Hobby-Vogelkundlern und Grundlage für die erwähnte Metapheritis erfüllt sie keinen Zweck. Anfangs dachte ich noch, daß der zwischenzeitlich durch die Ereignisse freigesetzte Vogel irgendwann in der Ergreifung des Killers eine Rolle spielen würde, indem er ihn bspw. erkennt und attackiert, aber er wird zum Schluß schlicht wieder am Balkon seiner Behausung gefunden. Was eigentlich auch gut ist, denn "Tier-hilft-Mensch"-Platitüden hätten die Chose in Disney-Territorium abgedrängt. Umso redundanter allerdings auch der gesamte diesbezügliche Erzählstrang.
Die darstellerische Leistung finde ich insgesamt sogar überdurchschnittlich, weil unaufgeregt (und natürlich immer auf der Basis "Fernsehproduktion"). Hier kriegt keiner einen Shakespeare-Anfall, was dem Plot zugute kommt. Und ganz ehrlich, wer sich diesen Film ansieht, ist ja doch meistens männlich und kümmert sich wohl kaum um die Feinheiten des Filmemachens. Oder? Die süße Natasha ist es nämlich, die uns hier gebannt vor der Kiste sitzen läßt, unterstelle ich mal, und da sie immer - in glücklicher Ermangelung einer der entsetzlichen US-Schauspielausbildungen - deadpan Natasha Henstridge ist, kann sie auch nichts falsch machen. Oben ohne sieht man sie kurz, aber das ist eigentlich gar nicht so wichtig. Sie strudelt sich wacker durch und erscheint als zurückgezogene Museumsmitarbeiterin, die immer Pech mit Männern hat, äußerst wirklichkeitsnah.
Daher gibt es auch 7 Zähler: 6 für den Film und....naja! [Erröten]

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