Staten Island ist ein ruhiger Teil der Millionen-Stadt New York. Das wenig spektakuläre, dass uns eingangs von James De Monaco`s Streifen über den Stadtteil erzählt wird definiert damit auch gleich den Rahmen der kommenden Ereignisse.
So tummeln sich zwischen netten Häusern mit Grünfläche vorwiegend Gangster und einfache Arbeiter, die dann auch auf etwas seltsame Weise aneinandergeraten.
"Staten Island" besteht aus drei verschiedenen Episoden, die jedoch am Ende zu einem durchaus stimmigen Ganzen verschmelzen.
Da wäre zuerst mal der Gangster-Boss Tarzo (Vincent D`Onofrio), der mit seinen drei Kumpanen das Abziehbild eines Provinz-Paten abgibt und auf der Suche nach den Leuten ist, die seine alte Mutter bei einem Raubüberfall verletzt haben.
In seiner Freizeit beschäftigt er sich damit den Weltrekord im Unter-Wasser-Luft-anhalten zu brechen, worin er genauso wenig Erfolg hat wie mit seinem Plan die ganzen Insel (Staten Island) zu übernehmen. Kaum seinen Kumpanen erzählt, wird Tarzo auch bereits Opfer eines Mordanschlags und kann sich leicht verletzt im Wald in Sicherheit bringen. Dort entdeckt er plötzlich seine Liebe zur Natur und sitzt fortan in einen weissen Anzug gekleidet auf einem Baum um diesen vor dem fällen zu bewahren.
An anderer Stelle treffen wir auf Sully Halverson (Ethan Hawke), der die Sickergruben der schmucken kleinen Reiss-Brett-Häuschen leerpumpen darf. Seine sehnlichster Wunsch ist ein Kind. Als er eines Tages zusammen mit seiner Frau im Krankenhaus auf eine neue Methode der Gentechnik stösst, die verspricht aus Kindern Genies zu machen, ist er sofort Feuer und Flamme. Bloß das nötige Kleingeld fehlt ihm dazu....
Dieses hat ausgerechnet der alte, taubstumme Verkäufer Jasper Sabiano (Seymour Cassel) gerade eben beim Pferderennen gewonnen. Anfangs total glücklich über den Gewinn findet Jasper schnell heraus, dass er eigentlich mit dem Geld gar nichts anfangen kann und so grübelt er über dies und jenes nach um schliesslich auf die Idee zu kommen.
Zeit seines Lebens hat er für Tarzo im Hinterzimmer des Ladens diverse unliebsame Konkurrenten in ihre Einzelteile zerlegt. Damit soll nun Schluß sein, denn Jasper kauft sich ein Gewehr und eine Pistole um Tarzo endlich das Handwerk zu legen...
Man kann hier schon erahnen, welches Spektrum an Eindrücken den Zuschauer erwartet. Von skuril, komisch, traurig, tragisch, verzweifelt, versöhnlich über brutal und blutrünstig wird nahezu alles abgedeckt. Dabei dürfte klar sein, dass ein solches Sammelsurium an Eindrücken auch seine Nachteile haben kann.
Damit meine ich die nicht vorhande Kompatibiliät zu einem normalen Kinopublikum, dass einfach eine linear erzählte Story sehen will, die möglichst eingängig erzählt wird, sowie zügig und ereignisreich (um nicht zu sagen spektakulär) voranschreitet.
"Staten Island" dürfte für das genannte Publikum schwer zu verdauen sein. Durch seine ganze Machart stellt sich der Streifen schon etwas quer zu den Erwartungen der Massen. Als Beispiele verweise ich hier mal auf den "Gangster im Baum", Tarzo. Die Figur ist nicht komisch genug um ein lachen zu provozieren, charakterlich nicht tief genug angelegt um nachdenklich zu machen und auch nicht hart genug um einen irgendwie zu fesseln.
Der Charakter hat zwar von allem etwas, was für seine Eigenheit spricht, seine Aktion mit dem Baum versteht man trotzdem nicht und damit sitzt Otto-Normal-Zuschauer bereits auf dem Schlauch und das war´s dann.
Gerade diesen Tarzo auf seinem Baum hockend zu zeigen und dann zur nächsten Episode mit Sully zu wechseln, dürfte dann die nächste Klatsche sein. Man fragt sich hier sicherlich was dass den nun soll.
Der Kerl auf dem Baum - und jetzt plötzlich fliegender Wechsel zum Jauche-Mann mit Kinderwunsch? Ägypten?
Der normale Zuschauer mag solche erklärungslosen Übergänge zu "Something Completely Different" einfach nicht, speziell wenn er dadurch erwarten muß auch später diese Erklärung nicht geliefert zu bekommen....
Die Liste ist endlos und trotz dieser und einiger anderer Mängel bietet "Staten Island" doch etwas mehr. Dies haben wir vor allem den Darstellern und in einigen Momenten auch dem Drehbuch zu verdanken.
Von Seiten der Darsteller meine ich hier vor allem Seymour Cassel, der den Jasper spielt. In nahezu jeder Szene sind hier Darsteller und Charakter wirklich eins. Ohne Worte eine solche Bandbreite an teils unterschiedlichen menschlichen Regungen überzeugend zu transportieren fand ich zumindest sehr überraschend. Speziell die Szene, als Jasper nach seinem Gewinn lautlos zu einer unhörbaren Melodie tanzt halte ich für pure Magie. Eine Art der filmischen Magie die heutzutage in dem ganzen Getöse und Bilder- und Effekte-Overkill komplett unterzugehen droht.
Ein einziger, sich auf bescheidene Weise freuender Mensch genügt um hier den Funken überspringen zu lassen...
Aber nicht nur diese Szene macht die Episode um Jasper zur mit Abstand besten des Films. Gerade dieser Teil des Films schafft es die ganzen bisherigen losen Enden irgendwie zusammenzufassen und "Staten Island" trotz allem vermeintlichen Stückwerk zu einem gelungenen Finale zu verhelfen.
Fazit: "Staten Island" ist kein Blockbuster oder Gangster-Epos geworden, sondern ein mehr bodenständiges aber dennoch schräges Filmchen, dass insgesamt zwar nur Mittelmaß darstellt, welches aber mit einigen sehenswerten Details aufwarten kann.