Irgendwann in der Zukunft regiert das ‚E-Protektorat’ über eine deprimierende Welt. Kleine versprengte Volksgruppen, die in notdürftig gebastelten Behausungen oder Höhlen in weiter Wüstenlandschaft ihr Dasein fristen. Das Leben dreht sich um den Zugang zu Wasser in dieser Ödnis. Das wertvolle Nass ist Zahlungsmittel Nummer eins und der Besitz entscheidet über Macht.
In einem vom Protektorat geführten Erziehungslager für Waisenkinder rauft sich eine kleine Clique zusammen, die versucht, den widrigen Umständen und dem despotischen Erziehungssystem irgendwie standzuhalten. Eines Nachts entdeckt der taube Junior der Rasselbande eine blaue Kugel, die irgendwie mit ihm und dem Umfeld zu kommunizieren scheint. Der Junge, der nach dem ersten Kontakt seine Fähigkeit zu Hören erlangt, beginnt nun zusammen mit seinen Freunden einen Plan auszuhecken, wie man unter Anleitung durch die blaue Kugel dem Lager entfliehen und das unterdrückende Regime ausschalten kann. Eine Odyssee der Jugendlichen folgt, die sie zahlreiche Landstriche durchqueren lässt, in Kontakt mit den unterschiedlichen versprengten Völkern und den jeweiligen Kulturen bringt und schließlich auf den gemeinsamen Weg zur Lösung des Unmöglichen führt.
Sonnenanbeter
Hier liegt ein etwas in Vergessenheit geratener Jugendfilm der 80er Jahr vor, von denen solche Titel wie „Breakfast Club“ oder „Lisa – der helle Wahnsinn“ weit höhere Bekanntheitsgrade erlangen konnten. Neben den bekannten Komödien sollte man hierbei allerdings nicht außer Acht lassen, dass es sich bei „Solarbabies“ um einen astreinen Endzeit-Film handelt, der wenig mit Humor, sondern eher mit Drama, Action und Spannung zu tun hat.
Der Film ist beim ersten Blick wahrlich kein Meisterstück: Die Qualität der Sets ist durchwachsen und vieles mutet auch an, als wäre es in der Kiesgrube abgefilmt. Dabei offenbaren sich beim zweiten Hinsehen Sets, die mit echter Liebe zum Detail aus dem genretypischen Materialienmix von Autoschrott und anderem losen Zeug zusammengestellt wurden. Auch so manche Tricks des damals üblichen matte paintings wirken sehr ordentlich und hinterlassen einen guten Eindruck. Inhaltlich bietet der Film freilich neben einigen Scharmützeln und ein paar Explosionen keine explizite Gewalt, aber als Fan des Endzeit –Themas, sollte man sich ruhig auf das Gezeigte einlassen, da die Inszenierung durchaus gelungen ist und zu gefallen weiß. Denn der Film ist nicht nur überraschend gut produziert, sondern erfreut durch eine angenehme Erzählung und einen schön aufgebauten Spannungsbogen, der so einige Überraschungen bereithält. Lässt man den Jugendfilm-Faktor einmal außer Acht, hat man es hier mit einem besseren Vertreter des Endzeit-Genres zu tun.
Dass es sich bei „Solarbabies“ um einen nicht nur für Jugendliche sehr interessanten Film handelt, zeigt sich an den Aspekten, die der Film neben den technischen und erzählerischen Eigenschaften offenbart.
What makes us tick
„Solarbabies“ funktioniert nämlich noch auf eine metaphysische Weise. So banal sich die Geschichte auch anhört, sie handelt von einer grundsätzlich religiösen Struktur, die den Verlauf des Filmes und die Charaktere vorantreibt. Eine Idee, eine Vorstellung von einer besseren Welt, der die Charaktere ihr Handeln unterwerfen. Die symbolische Manifestation dieser gemeinsamen Idee ist besagte blaue Kugel namens ‚Bodhi’. Bodhi steht in der Glaubenswelt des Buddhismus für die Erleuchtung des Individuums. Der Film transportiert freilich nicht offen die religiösen Vorstellungen des Buddhismus und vermittelt auch nicht explizit eine religiöse Botschaft, über die man als Zuschauer ständig stolpern würde. Die Erzählung bindet die Entwicklung der Charaktere anstandslos in das Geschehen ein, indem die Kugel symbolisch für ein gemeinsames Ziel steht, ja für ein Ziel, welches nur gemeinsam erreicht werden kann. Es wird im Verlauf der Erzählung klar, dass für die Durchsetzung eines Ideals, eine gemeinsame Vorstellung als Weg zum Ziel dient. Man bekommt den Eindruck, die Kugel rüttelt sogar erst die Gemüter wach, so dass man einen anderen Weg als den vorgeschriebenen zu gehen vermag, um eine Veränderung zu erreichen, um ein Ideal zu entwickeln. Hierfür stehen repräsentativ die Solarbabies als handelnde Charaktere. Sie geben ihre eigene Sicherheit auf, die sie im Schoß der staatlichen Einrichtung hätten, und kämpfen gemeinsam, um ihre eigene Existenz in Form einer blauen Kugel, die eben eine Erkenntnis des eigenen Daseins symbolisiert. Zentral ist, dass sie ihr gemeinsames Ziel verfolgen, die Erleuchtung aus den Händen derer zu entreißen, die der Welt jene Erleuchtung vorenthalten wollen, was nur erreicht werden kann, wenn sie gemeinsam einen Plan verfolgen.
Zusätzlich portraitiert der Film beispielhaft unterschiedliche Volksstämme, aus denen auch die Jugendlichen stammen, die so divers wie originär daherkommen, dass sie eigentlich nichts verbinden könnte, wäre da nicht der gemeinsame Glaube, der das Gefüge zusammenhält.
Diese Lehre ist keine, die mit erhobenem Zeigefinger daherkommt und den Zuschauer erziehen möchte. Vielmehr zieht der Film ein Fazit über die Funktionsweise der Welt: Es ist nicht wichtig woher man kommt, es ist nicht wichtig wer man ist; wichtig ist, woran man glaubt und dass man gemeinsam an die gleichen Ziele und Ideale glaubt. Und einzig der Glaube ist das einende System. Diese Lehre ist absolut zeitlos, was den Film auch heute nicht alt wirken lässt.
Was vom Gottesdienst übrig blieb
Solarbabies ist ein großartiger Film für Jugendliche und solche, die es geblieben sind, und natürlich für Fans des 80er Jahre-Kinos. Starke Charaktere, tolle Sets, eine actiongeladene Aufmachung mit Stunts und Detonationen. Stilistisch betrachtet kann der Film nicht durchgängig überzeugen, so stolpert man immer mal wieder über zu dick aufgetragene Umstände in der Gestaltung, seien es nun die Uniformen des Protektorats oder etwas zu gestelzt wirkende Bauten. Aber all dies kann den positiven Gesamteindruck nur wenig ankratzen und man kann sich mit diesem Titel einen sehr gelungenen Film anschauen.
“It sounds like, if we go, we're not coming back.” –
“That's exactly right.”