Review

America Must Be Destroyed ist der Titel des im Jahre 1992 veröffentlichten Albums der - ich bemühe an dieser Stelle mal Wikipedia - "satirischen Thrash-Metal-, Hardcore-Punk- und Shock-Rock-Band" Gwar. GWAR: Phallus in Wonderland ist quasi der "Film" zu diesem Album, ein fünfundfünfzig Minuten langer, Grammy-nominierter (!) Mix aus Horror, Trash, Science-Fiction, Komödie, Fantasy, Musical und Musikvideo. Rund um die sechs Songs Crack in the Egg, Have You Seen Me?, The Road Behind, The Morality Squad, Gor-Gor und Ham on the Bone hat man eine verrückt-wirre - ich nenne es mal - "Story" herumgebastelt, welche die diversen Musiknummern sowie jede Menge comichafte Over-the-Top-Set-Pieces bestenfalls lose miteinander verbindet. Eine lineare, nachvollziehbare Handlung existiert hier nicht; viel eher kann man das Dargebotene als aberwitzigen Blick in die Trash-Movie-Hölle bezeichnen, oder als alptraumhaften Trip eines kaputten Junkies, der zu den falschen Drogen gegriffen hat und sich nun, während aus dem Ghettoblaster neben ihm die Songs des Albums America Must Be Destroyed dröhnen, ein abartiges Tohuwabohu zusammenphantasiert, das seiner angeschlagenen Psyche den Rest gibt.

"Authorities Have In Custody The "CUTTLE FISH OF CTHULU", Alleged Penis Of GWAR Lead Singer ODERUS URUNGUS" tönt die Schlagzeile der Zeitung The Richmond News Leader, welche gleich mal von einem Penner g'schmackig bekotzt wird. Nein, wir sind hier nicht in Tromaville, also wird auch nicht gleich Toxie um die Ecke sprinten, um irgendwem irgendwelche Gliedmaßen auszureißen. Aber es gibt Superhelden in der Stadt, und es werden Gliedmaßen ausgerissen; darüber hinaus werden großzügig allerlei Körperflüssigkeiten verspritzt, wobei sich GWAR: Phallus in Wonderland auch noch dermaßen bewußt in einer billig-derben Trash-Ästhetik suhlt, daß man ohne weiteres meinen könnten, man hätte es hier mit einem Troma-Movie zu tun. Besagter Penis des Gwar-Sängers, der sich irgendwie verselbständigt hat, steht vor Gericht, und eine häßliche Schreckschraube führt einen Feldzug gegen Gwar, um die Band ein für alle Mal auszulöschen, woraufhin diese sich natürlich zur Wehr setzt. Das ist alles, was ich vom Plot mitbekommen habe. Um etwaige Feinheiten zu verstehen, müßte ich mir das ganze chaotische Spektakel noch einige weitere Male zu Gemüte führen, aber ganz ehrlich: Ich glaube nicht, daß ich das schaffe.

Nicht weil GWAR: Phallus in Wonderland so schlecht wäre (dieses wilde Machwerk bewegt sich weit jenseits von Kategorien wie "Gut" oder "Schlecht"), sondern weil das Dargebotene furchtbar anstrengend ist. Der Streifen geizt nicht mit irren Ideen, obszönen Perversitäten, grotesken Figuren, plumpen Gesplatter, schrillen Sets und geschmacklichen Entgleisungen, wobei einem das alles mit Irrsinnstempo und einer rücksichtslosen In-Your-Face-Attitüde vor den Latz geknallt wird, daß man schlicht und einfach schon nach kurzer Zeit überfordert ist. Eine wüste Sequenz jagt die nächste, es geht Schlag auf Schlag, ohne Möglichkeit, das eben Gesehene verdauen zu können. Ausgeteilt wird nach allen Seiten, sicher sind vor den Attacken der Macher nichts und niemand. Die Kirche bekommt zum Beispiel mit einem pädophilen Priester ihr Fett weg, bei den Arabern wird fröhlich Schwarz-Weiß-Malerei betrieben ("Now remember kids, if an Arab is not working for you, he is working against you!"), und die gutmenschliche Hüterin von Anstand und Moral wird als widerliche, fanatische Hexe portraitiert, der jedes Mittel recht ist, um das ach-so-gefährliche "Übel" (in diesem Falle eben Gwar) aus der Welt zu schaffen.

Die Grenzen des guten Geschmacks werden dabei geflissentlich ignoriert; der Spitzenreiter aus der Bad-Taste-Ecke ist wohl der Werbedreh für ein leckeres Cornflakes-Produkt, wo Regisseur Fritz Wang (Gibby Haynes) die Kinder wie folgt motiviert: "You know, children, this happens to be one of the best things we have ever put into our mouths, better than, perhaps, sucking off the family doggy." Pikanterweise sind die Frühstücksflocken auch noch mit Drogen versetzt, um die Kleinen süchtig zu machen. Was mir in all dem exzessiv-trashigen Overkill fehlt, ist sowas wie ein Herz oder eine Seele. Man sitzt staunend vor der Glotze, betäubt ob des überbordenden Bombardements der kruden, politisch unkorrekten Ideen, aber berühren tut das alles kein bißchen. Das unterscheidet ihn etwa von Peter Jacksons Meet the Feebles (1989), an den mich dieses energiegeladene (Underground-)Spektakel, vor allem in Bezug auf die groteske Gestaltung der Puppen respektive Masken, die kranken Einfälle sowie die geschmacklosen Gore-Eskapaden, streckenweise stark erinnert. Und das ist schade, weil bei diesem extra-derben Bad-Taste-Reigen somit kaum etwas hängen bleibt. Aus den Augen, aus dem Sinn. Aber geil war es irgendwie schon.

Details