Review

Was kann man von Regisseur Ryan Nicholson erwarten, der mit den eher durchwachsenen Filmen  "Live Feed" und "Gutterballs" einen furiosen Einstieg hinlegte?
Furios war "Gutterballs" keineswegs - ein schmieriger B-Streifen, der deutlich an Troma-Werke erinnert und bis auf eine zelebrierende Vergewaltigung und ein paar Slasher-Szenen nichts vorzuweisen hat. Nein, furios war nur die im Vorfeld getrommelte Werbung die sich durch die Weiten des Webs zog. Hau eine zehn minutenlange Vergewaltigung rein und schon ist für genug Gesprächsstoff gesorgt.

Also,
 von Weiterentwicklung kann man bei "Hanger" mit Sicherheit nicht reden. Nicholson versuchte erst gar nicht, sich weiterzuentwickeln, sondern folgte der Botschaft "Was bei Gutterballs zündet und Geld einbringt, wird auch beim nächsten Film scheppern". Mit diesem Aspekt meine ich diese berühmt-berüchtige Vergewaltigungs-Szene. Vergisst sie! Dass ist Kinderkrabbelgruppe im Gegensatz zu dem, was man bei "Hanger" durchstehen muss!
Aber erstmal noch ein paar kurze Worte zur Story, um was es überhaupt geht:

Da die hochschwangere Prostituierte Rose (Debbie Rochon) kein Geld mehr einbringt, weil laut Aussage ihres Zuhälters Leroy  (Ronald Patrick Thompson) "keiner Schwangere bumsen will", nimmt er kurzerhand mit einem umpräparierten Kleiderbügel eine nicht gewollte Zwangsabtreibung vor. Rose stirbt dabei - der Säugling jedoch überlebt. 18 Jahre später: Das Baby wurde von einem obdachlosen Penner großgezogen und auf den Namen "Hanger"  getauft - Hanger (Nathan Dashwood) ist sichtlich gezeichnet von der "Abtreibung": geistig zurückgeblieben und ein völlig vernarbtes Gesicht  zeichnen seinen Charakter. Hanger lernt dann seinen leiblichen Vater "The John" (Dan Ellis) kennen, der  damals bester Kunde der ermordeten Rose war. John will nur eins: Rache an Leroy!

Also kurz und knapp: Es geht hier um eine simpel gestrickte Rache-Story, die aber bis zur Ziellinie mit vielen Nebenschauplätzen bestickt worden ist. Regisseur Nicholson nutzt dies aus, um jedes Tabu zu brechen, was einen heutzutage noch schockieren könnte.

Es geht in erster Linie nicht um den Splatter, der ist zwar bei "Hanger" auch vorhanden, aber mit Sicherheit nicht so, wie es sich Gorehounds wünschen. Nein, es geht um die Tabubrüche und Handlungen der Charaktere. Keiner ist hier normal - alle sind grotesk, bizarr,(irgendwie witzig) und schockierend zugleich, es ist auch nicht vorhersehbar, wie jeder einzelne nur fünf Minuten später ticken wird. Mit keinem Darsteller kann man mitfiebern, da echt jeder einen dicken Macken hat, das den Zuschauer einfach nur anekeln wird.

Im Intro (in dem Llyod Kaufmann nebenbei noch in einer Cameo am Gasherd den Schwanz abgebraten bekommt) geht es schon heftig zur Sache: Die schwangere Rose wird getreten und bei der Abtreibung mit dem Kleiderbügel hält man volle Latte mit der Kamera drauf. Die immer mehr "durch die Bearbeitung" blutende Vagina wird zelebrierend dargestellt, bis das Fötus auf den kalten, harten Boden klatscht. 
Das ist eine der härtesten graphischen Gewalten in "Hanger", bei anderen geht es auch nicht gerade zimperlich zu, aber vieles dreht sich auch um das Ekel-Gefühl im Kopf des Zuschauers. Natürlich könnte John mit Hanger direkt zum Zuhälter fahren und ihn kalt machen, aber nö, denkste - Hanger bekommt erstmal einen Arbeitsplatz in einer Recycling-Firma verpasst. Dort arbeiten die beiden ebenfalls degenerierten Rednecks Russel (Wade Gibb) und Phil (Alastair Gamble) und im Büro sitzt des Cheflein´s Tochter Nicole (Candice Le), die scheinbar nur anwesend ist, um sich im Büro selbst zu befriedigen. Diese Fummelei muss man dreimal über sich (minutenlang) ergehen lassen. Sachsen-Paule lässt grüßen!

 Man sieht allgemein viel Vaginas und Schwänze in diesem Film - sehr unüblich für dieses Genre (wenn man "Hanger" überhaupt in die Horror-/Splatter-Ecke schieben kann).

Russel, bei dem Hanger in einer heruntergekommenen Ein-Zimmer-Wohnung insklusive Gummi-Puppe, Bier, Pornos und einer Zimmerwand voll ausgeschnittener Muschis wohnt, steht total auf Nicole. Also sammelt Russel die benutzten, voll mit Blut gesaugten Tampons und kocht sich heißen Tee davon. Der andere Mitarbeiter, Phil, ist schwul und prophezeit die ganze Zeit dass er irgendwann Russel und Hanger in den Po einen reinpfeifen wird. Was natürlich später auch passiert, als Phil sie mit einem Mix-Getränk k.o. macht. Erst bekommt Russel einen Anal verpasst und - ui - schau mal an: Hanger hat ja einen künstlichen Darmausgang in der Bauchgegend, na dann stecken wir ihn mal da hinein, während der flüssige Stuhlgang rausspritzt (Kamera wieder voll drauf).

Ich denke, diese Handvoll Perversionen (von hundert gezeigten) reichen aus, was man bei Hanger zu erwarten hat. Null Spannung, null Atmosphäre, schlechte Schauspieler, keine Story, null Logik, nada. Alles wirkt dreckig und heruntergekommen und deswegen passt der B-Film-Look umso hervorragender zu "Hanger". Am Rande sei noch der gelungene Death-Metal bzw. Hip Hop-Soundtrack zu erwähnen, aber wen interessiert das noch?

Ich bin ganz ehrlich, beim Ansehen und auch danach dachte ich, ich habe noch niemals einen schlechteren, krankeren Streifen wie "Hanger" gesehen. Aber seitdem sind zwei Tage vergangen und ich erwische mich desöfteren beim Schmunzeln, wenn ich an die Szenen in "Hanger" zurückdenke. So sick kann doch keiner sein, wie dieser Reggisseur!

Der Film wird wohl wie kein anderer polarisieren, dazwischen gibt es nichts. "Hanger" ist einfach nur eine Einanderreihung von Perversionen jenseits des erträglichen schwarzen Humors. Aber - es ist nur ein Film! Nach dem Anschauen kann ich jedoch verstehen, dass 18 Minuten bei der Deutschland-Veröffentlichung geschnitten werden mussten. Wenn ihr euch ihn anschauen wollt, greift bitte auf die DVD aus Österreich zurück!

Ich empfehle KEINEM MENSCHEN diesen Film, darüber können echt nur kranke, schizophrene, durchgeknallte Psychopathen lachen!

However, ich konnte es.

9/10

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