Review

"Mein Film ist nicht über Vietnam,", hatte Regisseur Francis Ford Coppola einst in einem Interview gesagt, "mein Film IST Vietnam".

Dieser Satz spiegelt so ziemlich das gesamte Empfinden wider, dass der Zuschauer haben wird, wenn er sich diesem Monstrum von Film hingibt. Intensiv, böse, genial. Der beste Kriegsfilm aller Zeiten. Ein Monument; einer der besten Filme aller Zeiten.

"Apocalypse Now" beginnt mit einem Menschen, dessen Weltsicht durch Vietnam völlig verwirrt wurde. Captain Benjamin Willard (Martin Sheen) sehnst sich in Saigon nach einem neuen Auftrag. Willard hat weder ein Privatleben im Krieg, noch außerhalb des Krieges. Wenn er zuhause ist, so sagt er, wünscht er sich gleich wieder im Krieg zu sein. Ein weiteres seelisches Opfer der Grausamkeiten im Vietnamkrieg. Er liegt auf dem Bett, beobachtet den sich drehenden Ventilator, wir hören aber das Geräusch von Rotorblättern eines Helikopters. Dazu die wahnsinnig gute Musik von den Doors.

Wenn schon in der Anfangssequenz ein Song namens "The End" zu hören ist, dann erwartet man viel von dem Film. Und was da folgt, ist der ziemliche Hammer für konventionelle Sehgewohnheiten. Willard bekommt seinen Auftrag. Er soll tief in den Dschungel Kambodschas vordringen, um dort den verrückt gewordenen Colonel Walter E. Kurtz zu töten. Kurtz, ein Green Berets, scheint sich dort allen Befehlen zu versetzen, hat eine Indio-Armee aufgebaut und verfällt mit jedem Tag mehr und mehr dem Wahnsinn.

So macht sich Willard mit seiner Truppe auf, und muß mehrere Stationen durchlaufen, die einen Vorgeschmack auf das geben, was ihn erwartet. Da wäre zum Beispiel der fanatische, ebenfalls ziemlich ausgetickte Colonel William Kilgore (Robert Duvall), der zum Bombadement eines Dorfes des Vietcongs über Lautsprecher eine Oper Richard Wagners abspielen läßt, und, während seine Männer kämpfen, mit dem Surf-Ass Lance B. Johnson (Sam Bottoms) über die perfekte Welle diskutiert. Kilgore ist sogar so verrückt, dass er während einer Kriegshandlung surfen gehen will, und dazu auch noch Sätze wie "Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen" losläßt. Kilgore ist sogar so eiskalt, dass er nicht mal mehr zusammenzuckt, wenn eine Granate direkt hinter ihm zum Bersten kommt.

Die Männer stoßen in ihrem Boot immer weiter flußabwärts vor, bis sie schließlich vor der letzten Brücke vor Erreichen des Kurtz'schen Gebietes sind. Hier hat Coppola ein wahrhaft apokalyptisches Szenario inszeniert. Das perfekte Spiel von Licht und Schatten, unterstützt von einer unheilvollen Soundcollage, machen wirklich Angst - man meint echte Panik in den Gesichtern der Darsteller zu sehne.

Während des ganzen Filmes spricht Willard aus dem Off darüber, wie es sein wird, Kurtz endlich gegenüberzutreten. Und er berichtet über den Geisteszustand anhand von den Fakten, die ihn seine Auftraggeber zukommen lassen. Die ganze Zeit wird eine schier unerträglische Spannung, bezüglich des manischen Kurtz erzeugt. Ein Glück wird Kurtz von Marlon Brando gespielt. Es gibt nicht viele Darsteller, die einem solchen Erwartungsdruck gerecht werden können, und dann auch noch die kühnsten Vorstellungen übertrifft. Seine Darstellung des Colonel W.E. Kurtz ist derart eindringlich, derart intensiv und düster, dass man es kaum in Worte fassen kann. Zumal man meistens nicht mal sein Gesicht sehen kann. In den ersten Szenen wird sein Antlitz immer von einem Schatten überlagert, man sieht nur seinen kahlen Schädel.

Auch eine erwähnenswerte schauspielerische Leistung ist die von Dennis Hopper, der recht kurzfristig zu dem Projekt kam, und der kaum ausgeschriebene Dialogzeilen vorgesetzt bekam. Hopper improvisierte bei jedem Take, war vermutlich bei jeder Aufnahme high. Aber auch die anderen Darsteller machen allesamt eine gute Figur: Martin Sheen (eigentlich die Zweitbesetzung, da Coppola Harvey Keitel zuvor feuerte), natürlich Robert Duvall (der für sein zynisches, Macho-Auftreten den verdienten Oscar bekam), Laurence Fishburne, Harrison Ford, Scott Glenn, Albert Hall, Frederic Forrest.

Der finale Showdown ist dann wirklich einer der besten aller Zeiten. In abgefahrenen Bildern, fast irrealer Beleuchtung wird der Mord an Kurtz beschrieben. Allein schon die kurze Einstellung, in der Martin Sheen völlig blau ausgeleuchtet, und mit Tarnfarbe bedeckt, aus dem Wasser hervorkommt, bleibt im Gedächtnis haften und ist so ein typischer "Gänsehauterzeuger".

Zur Redux-Version ist zu sagen, dass die neue Synchronisation qualitativ kaum von der alten unterscheidet, und die meisten der neuen Szenen wirklich interessante Neuerungen beinhalten. Besonders ungewöhnlich ist die Szene, in der Willard auf die französische de Marais-Familie trifft. Mitten im Dschungel kommt plötzlich romantische, sonnige Sonntag-Nachtmittag-Stimmung auf, und der Film ändert komplett den Rhythmus - aber nur die Ruhe vor dem Sturm; denn wie gesagt, das Finale kommt härter, als man es erwartet. Und das Ende ist tragischer, als man es erwartet.

Alles in allem ist und bleibt "Apocalypse Now" der beste Kriegsfilm überhaupt. Es gibt keinen vergleichbaren Film, der derartige Bildgewalt, surreale Szenerien und eine wirklich allumfassende Aussage über den Krieg beinhaltet. "Apocalypse Now" ist sicherlich nicht über Vietnam, er ist der filmische Krieg!

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