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In seinen späten Interviews spricht Wolf C. Hartwig verschmitzt darüber, wie er mit seinen Filmen gutes Geld verdient hat. Kommerziell war dabei sicher der mit minimalen Kosten entstandene Schulmädchen-Report der größte Erfolg. Mit seiner Rapid Film produzierte Hartwig aber auch weitere Spielfilme, die auf die Wünsche des Publikums abzielten. Dabei ist auch Das Mädchen von Hongkong offenbar bewußt schauwerthaft konzipiert.
Unter der Regie des unter anderem durch seine Edgar Wallace-Filme, vor allem aber seine erfolgreichen Kriminalserien wie Stahlnetz bekannter Jürgen Roland wurde Herbert Reineckers Drehbuch, welcher dieses nach eigenem Roman anfertigte, umgesetzt. Mit einem im Vergleich zu Früher schon etwas müde erscheinendem Joachim Fuchsberger ist ein Star am Start, der sein Publikum als Dauergast in zahlreichen Genrefilmen zwischen Krimi, Spionage und Abenteuer gefunden hat.

Mit seinem Gegenspieler Arthur Brauss, welcher im Gegensatz zu Blacky Fuchsberger nicht mit seiner eigenen, sondern mit der Stimme von Christian Brückner zu hören ist, ist ein klassischer Bösewicht für Das Mädchen von Hongkong im Einsatz. Brauss sollte später in Jürgen Rolands Serie Großstadtrevier noch große Erfolge feiern, was ein Indiz für die vielfachen internen Verknüpfungen der Stabsmitglieder ist.
Tatsächlich scheint sich Wolf C. Hartwig im Zuge der laufenden Easternwelle an seine Verbindung mit Hongkong erinnert zu haben, die uns im Folgejahr nicht nur den von Nackedeis gespickten Kung-Fu-Reißer Karate, Küsse, blonde Katzen, sondern bereits seit Anfang der 60er einige Abenteuer im fernen Osten bescherte. Kaum verwunderlich ist, daß dazu auch die 62er Arbeit Heißer Hafen Hongkong von Jürgen Roland gehört, welcher nun nach 10 Jahren in die seinerzeit britische Kolonialstadt zurückkehrte, um abermals den Mord am Freund des Protagonisten aufklären zu lassen.

Sicher wird auch durch die Produktionsbedingungen in der Fremde ein enges Korsett an so eine Produktion wie Das Mädchen von Hongkong gelegt. Die Motive erinnern allerdings verdächtig an groschenroman-typische Versatzstücke, die man über die Jahre ausreichend verinnerlichen konnte. Wenn Joachim Fuchsberger nun als Frank Boyd die Zukunftsbekanntschaft mit der unbekannten wie schönen Asiatin Mai Li (Li Paelz) macht, dann zuckt man heute höchstens noch mit der Braue, weil dieses Denken fast so naiv ist, wie der spätere Fund eines leeren Sarges auf einer Dschunke, welche Transporte zu einem Friedhof durchführt.
Unter fetzigen Grooves, die wiederum bekannt wirken, inszeniert Jürgen Roland mit Das Mädchen von Hongkong weniger einen besonderen Abenteuer-Krimi als solches, sondern besticht eher mit einer handwerklich gelungenen Arbeit. Sein Film ist nicht schrill und auch nicht übermäßig sexy, obwohl Mai Li immerhin in einem Puff unterkommt und die weibliche Darstellerzunft mehrfach durch luftige Kleiderordnung hervortun dürfen.

Blickfang neben Véronique Vendell ist dabei klar die einschlägig bekannte Eva Garden. Auch die 70er-Jahre typische Kalauer gehören dazu, wobei die dem damaligen Klischee entsprechenden Fiepsstimmen-Chinesen leider nicht ausgespart werden. Überraschende Schenkelklopfer halten sich in Grenzen, zumal sich hier wiederum Mai Li einen beträchtlichen Teil darüber einfängt, Frank Boyd nicht richtig zu verstehen, wobei der Begriff “Kumpel” zum Running Gag erhoben wird.
Überhaupt etabliert man einige sich wiederholende Merkmale, ob nun fast jeder ein Feuerzeug in Form einer Pistole zu besitzen scheint, oder der Held stetig neue Anzüge kaufen muß. Letzteres setzt immerhin die im Report-Stil gehaltene Einleitung fort, in der auch auf die Textilpreise hingewiesen wird.

Wenn es um Actionszenen geht, ist der dauerhaft Marlboro paffende Joachim Fuchsberger mit seinen Judokünsten eher eine Bremse für das, was man an Martial Arts von asiatischen Darstellern erwarten würde, da das Hongkong-Kino in dieser Richtung ja über weit mehr als nur eine Tradition verfügt. Vor diesem eher mittelmäßigen Hintergrund erwachsen jedoch spätestens bei der Auflösung die unscheinbaren Details zu einem Pluspunkt für Das Mädchen von Hongkong.
Jürgen Roland scheint anhand der fadenscheinigen Vorlage das gewählte Genre auf eine gewisse Art zu durchleuchten, ohne jedoch im Wesentlichen auf eine Erkenntnis zu stoßen. Mit einem radikalen Abschluß gibt er letztlich einen Vorgeschmack auf sein noch am Ende des selben Jahres in den deutschen Kinos startendes Meisterwerk Zinksärge für die Goldjungen, in dem er mafiösen Strukturen auf dem heimischen hamburger Boden nachgeht.

Das Mädchen von Hongkong kann in keiner Form mit diesem Magnum opus der Kinoleinwände mithalten. Deshalb interessieren sich vornehmlich Genrefans für das runde, jedoch kaum hervorstechende Werk, welches einem Massenpublikum vermutlich angestaubt und mit dem Bouquet von Opas linkem Ei aromatisiert erscheint.

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