Review
von Alex Kiensch
Der Mann, der zu Beginn seiner Karriere die legendären Splatter-Schocker "Tanz der Teufel" schuf, kehrt nach seinen enormen "Spider-Man"-Mainstream-Erfolgen zu seinen Wurzeln zurück: Sam Raimi liefert mit "Drag me to Hell" einen effektbeladenen Okkult-Horror, in dem Blut und Ekel ebenso wie schwarzer Humor nicht zu kurz kommen. Man merkt dem Film allerdings an, dass Raimi sich lange nicht mehr intensiv mit dem Genre befasst hatte.
Die Ausgangsidee der Bankerin Christina, die einer alten Zigeunerin eine Kreditverlängerung verweigert und deswegen von ihr verflucht wird, ist dabei durchaus interessant und bietet viele Ansätze für Grusel und vor allem Ironie. Und tatsächlich kommt Letztere keinesfalls zu kurz: Wenn etwa Christina in ihrer Angst vor dem sie verfolgenden Dämon zu einem Wahrsager geht und der bei der Frage des Bezahlens entzückt ausruft: "Ah, eine Platin-Karte! Sehr gut!" Und auch sonst werden einige leicht klischeehafte Horrorszenen immer wieder selbstironisch gebrochen - inklusive Anspielungen und Verweisen auf alte Genre-Klassiker wie "Poltergeist".
Was den Gruselfaktor angeht, muss man dann aber schon einige Abstriche machen. Wenn der Dämon Christina in ihrem Haus heimsucht und sein ziegenköpfiger Schatten langsam die Treppe hoch kriecht, sorgt das schon für den einen oder anderen Schweißausbruch. Doch die meisten Spannungssequenzen erweisen sich als deutlich zu klischeehaft - kurze Stille vor explodierender Schockmusik, eklig entstellte Gesichter, die aus der Dunkelheit auf die Kamera zugeschossen kommen - und vor allem viel zu effektüberladen. Da werden Fensterscheiben gesprengt, das Haus in ein Chaos verwandelt, da fliegen dunkle Schatten heulend durch die Luft und alles, aber auch wirklich alles wird von hämmernder Musik unterlegt. Von Subtilität ist hier weit und breit nichts zu sehen und für den Hammer-auf-den-Kopf-Schockeffekt eines Dario Argento fehlt hier noch einiges an Krassheit. So entgleiten die meisten Horrorszenen zum Sammelsurium von Spezialeffekten (was wiederum ein wenig an "Poltergeist" erinnert), die nur bedingt zu gruseln oder gar verstören vermögen, sondern höchstens einen gewissen Trash-Charme für sich verbuchen können.
Für solche Schwachstellen können allerhand garstig-skurrile Ekelszenen wie der Kampf der Zigeunerin mit Christina in deren Auto, der darin gipfelt, dass die zahnlose Alte versucht, sie in Kiefer und Lippen zu beißen, ebenso entschädigen wie eine Handvoll durchaus atmosphärischer Bilder des Dämons - wobei es ein sehr cleverer Schachzug ist, ihn nie wirklich zu zeigen, sondern allenfalls seinen Schatten näherkommen zu lassen. Durch diese Ungreifbarkeit wird die Bedrohung, die er verströmt, noch intensiver. Und auch die vorhersehbare, aber herrlich bösartige Schlusspointe trägt dazu bei, dass "Drag me to Hell" immerhin gutes Mittelmaß wird. Für mehr reicht es aufgrund fehlender Originalität und mangelhaften Gruselvermögens allerdings wirklich nicht. Da hat Sam Raimi schon gezeigt, dass er es weit besser und böser kann.