Review

Der im Westen boomende Markt der Japloitation ist natürlich eine ambivalente Geschichte. Filme wie Tokyo Gore Police und vorher Machine Girl bieten uns all das, was wir im Westen von Japanern stereotyper Weise erwarten, Schulmädchen, Blutfontänen, weird ideas weit over the top, viel Softsex im Sinne des Pink Films usw. usf. Damit werden völlig untypische Japanfilme als scheinbar typische Japanfilme wohl mehr oder weniger rein fürs westliche Medienpublikum gedreht, die entsprechend ihre Stereotype und kognitiven Prototypen bestätigt bekommen und bestimmte Schemata problemlos aktivieren können ohne Dissonanz zu erleben - Was dann die heimische japanische Bevölkerung über die Darstellung von sich selber in solchen Filmen denkt, mag ich lieber gar nicht wissen.
Hinzu kommt bei solchen Japloitern natürlich eine Eskalationsspirale der Erwartungen nach oben, soll heißen, der nächste Film muss an Blutfontänen und weird ideas und Geschmacklosigkeiten immer noch eins drauf setzen, sonst wirds langweilig. Der "Durst" nach Sensation Seeking ist auch in Bezug auf das Filmesehen in die Steigerungsspirale der Multioptionsgesellschaft eingebunden und somit oberstes Gebot. Und genau das kann Samurai Princess nicht erfüllen. Die weird ideas eines Machine Girls und vor allem eines Tokyo Gore Police erreicht er nicht mal annähernd, womit der Film von vornherein auf Erwartungsenttäuschung programmiert ist. Die lapidare Lösungsformel des Soziologen Gross ist ja einfach aus der Eskalationsspirale auszusteigen und die Langsamkeit auf sich wirken zu lassen und der Psychologe Frankl würde wohl darauf hinweisen, den Moment, das Jetzt zu genießen. Eine Frage ist,  wer genau will das schon, wer will schon weniger als im letzten Film sehen an all den Momenten und Faktoren, die man zu schätzen gelernt hat. Die andere Frage, warum eigentlich nicht, also geben wir Samurai Princess eine Chance. Also der Film kann die Erwartungshaltungen nicht erfüllen. Das Kriterium ist durch. Leider hat Samurai Princess zudem auch Schwächen im Tempoaufbau, und für mich dann auch sehr schwerwiegend in den Effekten an sich, die teilweise wirklich grauenhaft grottig aussehen. Das alles lässt den Film jetzt leider wirklich nicht mehr als mittelmäßig darstehen, aber so schlecht wie teilweise die Kritiken auf unterschiedlichen Plattformen ausfallen, ist er m.E. auch wieder nicht. Der Film hat es durchaus verstanden mich zu unterhalten, nicht über Maß, aber auch nicht so, dass ich das Filmansehen als sekundäre Tätigkeit neben Telefonieren, Buchlesen, Bügeln, Abspülen usw. verstanden habe.

Also zum Film:

1) Gorefaktor:
Auch hier muss sich der Film, ob er will oder nicht, und ob man selber will oder nicht - so ganz kann man sich dem Prozess des Vergleichens eben nicht entziehen - an Tokyo Gore Police messen lassen, und scheitert hier doch ziemlich. Die Goreszenen sind recht überschaubar, nicht wirklich innovativ und leider sind vor allem zum Ende hin die CGI-Effekte wirklich einfach schlecht, sodass ich von den Blut-Effekten eher genervt war. Zu Beginn kann man sich aber nicht beschweren, in den ersten 15 Minuten geht gut die Post ab, und die Effekte gehen in Ordnung, sodass man ein wenig was zu sehen bekommt - das ist ja auch aus anderen Rezensionen bekannt. Da wird ganz ordentlich gesägt, geschlitzt, zerstückelt, man sieht zerplatzte Köpfe und rausgeschlagene Skelette und ähnliches, und wenn man die Wahrheit von jemanden hören will, muss man einfach das Gehirn des Betroffenen anzapfen, das freilich vorher aus dem Kopf gezogen wurde. Wer den Film aber nur wegen dem Gore ansehen will, sollte wohl eher ein Bogen um ihn machen, weder gibt es groß Neues zu sehen, noch sind die Szenen derart over the top wie in anderen Japloitation. Man merkt den Film leider wirklich einfach an, dass wenig Geld zur Verfügung stand und er schnell runtergedreht wurde. Also als Japloiter für mich hier eher enttäuschend, andererseits immer noch deftiger als so mancher westlicher Exploiter. 

2) Trash Faktor/Weird Ideas
Hier hat der Film durchaus seine Momente an Unterhaltungswert, nicht über Maß, da der Begriff "Momente" es wohl gut trifft . Alleine die Grundstory, dass Androide aus Menschenteilen gemacht werden, hat schon für mich einen gewissen absurden Funmoment, der mich jetzt gerade beim Schreiben wieder zum Schmunzeln bringt. Die absurden Ideen sind auch hier im Vergleich mit anderen Filmen gleicher Machart nicht wirklich innovativ, aber wie gesagt, ich fands ganz unterhaltsam. Was haben wir: z.B. Kettensägen am Bein (na gut, wirklich nichts Neues), fliegende Cyborgbrüste, eine wunderbare Kämpferin mit 11 "holografischen" weiteren Kämpferinnen am Rücken, eine Gitarre mit entsprechenden (nennen wir es) Killerschwingungen (ich weiß nicht mehr genau, wie sie es im Film genannt haben), eine gute Horde abgedrehter Freaks, selten dämliche Dialoge mit einer hervorragenden Pornosynchronisation, eine wunderbar schlecht gemachtes Gummimonster zum Schluss und noch ein paar weitere Gimmicks. Die weird ideas sind für meinen Geschmack ganz gut über den Film verteilt, sodass bezogen auf diesen Faktor nicht wirklich Langeweile aufkommt. Allerdings will ich auch nicht verleugnen, dass der Film gewisse Längen im Gesamt aufweist.

3) Partyfeeling
Auf Grund einiger Längen im Mittelteil und dem Versuch einem die Charaktere näher zu bringen und so etwas wie eine Story wirklich narrativ aufzubauen, fehlt dem Film ein gewisses Partymoment. Hier ist er wirklich ein wenig zu behäbig, und hat dann doch ein wenig zu viel Leerlauf im Mittelteil. Hier muss ich allerdings ein wenig differenzieren. Ich habe grundsätzlich nichts gegen eine gewisse Langsamkeit und Trägheit im Storyaufbau. Bei einem Partyfilm ist ein langsamer Storyaufbau aber meistens genau ein KO-Kriterium, denn hier braucht es ja gerade den Speed im Aufbau, die vollkommen abgedrehten Ideen und Darsteller, die Szene an Szene folgen, und und und. Eine Party people watching Situation ist eben eine andere Situation als eine Single watching Situation und so ist situationsgemäß und durchaus individuumsunabhängig die optimale Stimulation, die erreicht werden muss, damit man Spaß bzw. Freude am Fortgang eines Films hat, eben anders als beim alleinigen Ansehen (es kann natürlich dann auch sein, dass ein Film erst Spaß macht, wenn man zu Mehreren ist). Also von daher aus meiner Sicht nicht unbedingt der Partyfilm an sich, aber im Hintergrund zum Mitlaufen lassen, eventuell um entsprechend für den Abend vorzuglühen, geht das in Ordnung. Und im Gegensatz zu manch anderen Japloiter kann man die gute Samurai Princess auch mit ein wenig Zartbesaiteteren (Betonung liegt auf: "ein wenig") ansehen, ohne sich gleich rechtfertigen zu müssen für seine kranke Psyche oder sich mit Igitttigitt-Rufen den Film versauen zu lassen.

4) Narrative Struktur
Der Film versucht wie gesagt eine Story aufzubauen und die Charaktere näher zu beleuchten. Über die Story selber muss man jetzt kein Wort verlieren und wie sich jemand tatsächlich darüber aufregen kann, dass die Story dämlich ist, entzieht sich meinem Verständnis. Schließlich ist das ein Markenzeichen solcher Filme, oder findet man etwa Filme wie Tokyo Gore oder Angriff der Zombieschulmädchen und ähnliches wirklich storymäßig plausibel oder interessant. Und wer auf den gesellschaftskritischen Moment dieser Filme verweist, ist entweder ein wirklich guter Kenner der japanischen Kultur oder einfach ein "Klugscheißer". Da sind die Kulturen für den "Nicht-Eingeweihten" immer noch viel zu weit voneinander entfernt und damit wohl für die Meisten von uns ganz einfach das "Andere des Anderen" (Levinas), als dass man hierzu wirklich Statements geben kann.
Zurück zum Storyaufbau: Grundsätzlich finde ich es ja nicht schlecht, wenn eine Story narrativ gemächlich aufgebaut wird. Daher hat mich der langsame Aufbau nicht wirklich gestört. In den 1980ern war ein derartiger Aufbau ja in z.B. Giallos oder amerikanischen Splattern und Exploitern eher usus. Allerdings fehlt dem Film dann ein wenig die Atmosphäre und Dichte wie sie viele Filme in den 80ern aufzubauen wussten, um nicht doch ein wenig in die ein oder andere Länge abzudriften und sich zu verzetteln. Von daher dürften viele, vor allem jüngere Zuseher, die an das Erzähltempo der späten 1990er und der 2000er habitualisiert und in diesen sozialisiert wurden, den Film als sehr langsam bzw. dann evaluativ gesehen als langweilig empfinden. Es passiert einfach zu wenig. Die Charaktere machen ihre Sache für mich ganz gut, sollen sie doch ziemlich dumm und blöd sein und das sind sie eben auch. Allerdings scheitert der Versuch der Charakterzeichnung ebenfalls. So richtig wollte da der Funken bei mir nicht überspringen.

Alles in allem stehe ich dem Film ambivalent gegenüber. Ich wollte ihn auf jeden Fall sehen und kannte viele schlechte Kritiken im Vorhinein. Meine Erwartungshaltungen waren entsprechend zurück geschraubt und trotzdem musste ich mir eingestehen, dass der Film im Vergleich zu den von mir gesetzten Referenzmarken nicht wirklich gut gelungen war. Andererseits fand ich ihn eben nicht so grottenschlecht, wie in manchen Kritiken behauptet wird, obwohl ich nachvollziehen kann, warum der Film auf so schlechte Resonanz stößt. Für meine ambivalente Haltung gebe ich dem Film fünf Punkte und irgendwie hat er die auch verdient.

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