Review

Pilotfilm

Mit dem Pilotfilm in Spielfilmlänge hat sich "Jeremiah" alles andere als empfohlen. Obwohl postapokalyptische Settings nicht mehr die Ausnahmeerscheinung in Film und Fernsehen sind, könnte man dennoch zumindest erwarten, dass die (vorläufige) Endzeit eine geeignete Prämisse für die nichtalltägliche Präsentation der Inhalte sein sollte. Aber von wegen! Von endzeitlich exotischer Atmosphäre ist in "Jeremiah" nicht viel wahrzunehmen, auch wenn die Produktion sich alle Mühe gibt und sich um einen entsprechenden Anstrich bemüht. Dummerweise überlagern jedoch typische TV-Serienklischees en masse die billige Präsentation, was letztendlich den Todesstoß für die Stimmung ausmacht.

Dass man dem Marketing des Herstellers nichts glauben kann, ist eigentlich selbstverständlich (leider), dass aber sogar die Fachpresse "Jeremiah" mitunter eine faszinierende, intensive, fesselnde Wirkung und Tiefe bescheinigt, lässt einem doch an der Urteilsfähigkeit der "Experten" (ver-)zweifeln. Dass Fazit steht damit eigentlich schon nach knapp einer Stunde ohne Aussicht auf Besserung fest. "Jeremiah" ist anspruchslose, langweilige TV-Schonkost auf nahezu unfassbar trivialem Niveau.

Woran lässt sich dies festmachen? Nun, es ist noch nicht einmal die aus dem sehr kleinen Budget resultierende trashige Attitüde in Kombination mit dem schon geradezu bieder ernsthaften Unterton. Was "Jeremiah" von Anfang an disqualifiziert ist die mangelnde Originalität und unübersehbare Ideenlosigkeit. Das fängt bei der Auswahl des Ensembles an. Von den Hauptrollen über die Nebenrollen bis hin zu den Statisten, hat man die bewährte, auf eine entsprechend jugendliche Zielgruppe zurechtgeschnittene Cast aus anderen TV-Serienproduktionen einfach übernommen. Die gleichen Gesichter und Typen wie sie einem über alle Genres hinweg hingeklatscht werden, egal ob Teenie-Soap, Fantasy-Quark oder kalorienreduzierte Mystery-Plörre. Und so prägen diese Anteile dann auch den Gesamteindruck. "Jeremiah" kommt nicht als düsteres Endzeitdrama rüber, sondern wie eine Soap in den Kulissen eines Endzeitdramas.

Darin stiefelt ein Hauptdarsteller umher, dessen Performance an Ausdruckslosigkeit kaum noch zu überbieten ist. Entweder läuft Mr. Perry smart grinsend durch die Gegend (weil das ja unglaublich souverän wirkt) oder er schaut mit zusammengekniffenen Augen schweigend in die Unendlichkeit bevor er hin und wieder eine pseudo-coole Phrase von sich gibt. Damit straft er jedoch lediglich sein eigenes Mienenspiel Lügen und zeigt, dass der scharfe Verstand des ach so nachdenklichen Titelhelden Jeremiah doch nicht das Universum durchdringt. Wie denn auch, angesichts von "Dialogen", die oft genug nur aus einzelnen Wörtern bestehen? Hey man. Wassup? Screw it. Fuck! Why? Dunno. We did  what we came for. And we did it, didn't we?  Yeah. Yeah, man!

Der Serienauftakt gibt aber auch keine Hoffnung, dass der Handlung eine interessante oder gar originelle Story zugrunde liegen könnte. Eine beträchtliche Anzahl an Figuren wird eingeführt und im Verlauf durch irgendwelche Standardsituationen etwas näher bestimmt (mehr als ein Attribut ist dabei die absolute Ausnahme). Einen Löwenteil der Handlung macht wieder und wieder die Mauerschau aus, um für das Publikum geschwind die Hintergrundgeschichte zusammenzufassen. Methodisch geschieht dies quasi ausschließlich durch Dialoge in denen sich die Figuren gegenseitig das erzählen, was für sie eigentlich selbstverständlich sein sollte. Überspitzt formuliert klingt das dann in etwa so:

Hallo Heinz, wie geht's denn so? Na, wie soll es mir schon gehen an einem Tag, 15 Jahre nachdem der "Big Death" quasi alle Erwachsenen auf dieser Welt ausgelöscht hat, obwohl niemand weiß warum. Ja, Heinz da hast du recht, noch dazu wo wir noch immer kein fließendes Wasser und keinen Strom haben. Schau nur wie kaputt hier alles ist. Ja, aber XY, der ja seit  x-Jahren unser Anführer ist, der sich hier um alles kümmert und der am Ende der Straße wohnt, der wird sich schon seine Gedanken machen...

Gute Nacht Heinz, möchte man da denken. Wie aber peppt man derartige Einfallslosigkeit auf? Na, mit Sex & Violence natürlich! Also entblößt man hin und wieder einen weiblichen Oberkörper (jedoch keine Darstellungen, an welche die "Lindenstraße" sich nicht schon vor 20 Jahren getraut hätte, wir sind hier immerhin in einer anständigen US Serie) und fügt noch eine Portion Brutalität (sicherheitshalber etwas mehr als nötig) hinzu. Ach so, sporadisch gibt es auch noch eine Actionszene, wie man sie vornehmlich aus dem C-Movie Bereich her kennt, etwa wenn die Guten ganz verwegen eine Gruppe böser Skinheads mit China-Böllern bewerfen.

Fazit: Der Serieneinstieg ist definitiv keine Empfehlung für die weiteren Folgen. Ob diese die genannten Defizite weiter befördern oder nicht, ist an dieser Stelle rein spekulativ. Allerdings muss man angesichts einer solch lausigen 90-minütigen Darbietung wahrlich keinen Drang verspüren, es herauszufinden. "Fun! Clever! You'll be in post-apocalyptic bliss!" urteilt die New York Post über "Jeremiah". Nun, wenn das die Zukunft der Unterhaltung nach dem Ende ist, dann haben die Lebenden einen Grund mehr, die Toten zu beneiden.

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