Das Feuilleton darf Sascha Baron Cohn nur einmal lustig finden. Nur so lassen sich die ersten, eher reservierten Meinungen zum neuen Streich des Guerilla-Komikers erklären. Dabei kann man Cohn beileibe nicht vorwerfen, seinen subversiven Anspruch zu Gunsten platten Schwulenwitzchen aufzugeben. Man kann Brüno lediglich vorwerfen, dass er das Boratkonzept teilweise bis ins Detail kopiert, dafür legt der Streifen ein deutlich höheres Tempo vor als sein kasachischer Bruder bzw. Zwilling. Infolge eines Desasters auf der Mailänder Modewoche wird der offen schwule Modejournalist Brüno (Sascha Baron Cohn) gefeuert. Angetrieben von diesem Schicksalsschlag, vor allem aber durch sein übersteigertes Geltungsbewusstsein versucht er, in L.A. Fuß zu fassen. Für 15 Minuten Ruhm tut er fast alles, findet am Ende jedoch heraus, dass er da nicht der Einzige ist.
Brüno ist deutlich drastischer, greller und spektakulärer als sein Vorgänger. Das liegt einerseits natürlich an der Kunstfigur selbst, zum anderen an dem Fortsetzungsmechanismus, den Vorgänger übertreffen zu. Trotz allem Getöse ist „Brüno“ (2009) nicht besser, aber eben auch nicht schlechter als „Borat“ (2006). Dankeswerterweise setzt Cohn nicht nur darauf, seinen Gesprächspartnern schwulenfeindliche Statements zu entlocken, sondern demaskiert vor allem das Geltungsbedürfnis, für dessen Befriedigung einige Menschen scheinbar buchstäblich bereit sind, ihre Kinder zu verkaufen. In der besten Szene des Films wirkt Brüno unter den ganzen Ruhmjäger dann schon fast wie die normalste Person im Raum. Als Location wurde passenderweise die Glitzermetropole Los Angeles gewählt. Der kurze Abstecher in den Nahen Osten fügt sich dagegen nicht so recht in den Gesamtzusammenhang ein – lustig ist er allemal. Daneben setzt es haufenweise ins Groteske gesteigerte Schwulenklischees. Als Freund des gepflegten Zotenhumors wurden da bei mir offene Türen eingerannt – ich hab mich königlich amüsiert. An dieser Stelle toppt Cohn „Borat“ dann auch um ein bis zwei Klassen. Genau dieser Aspekt wurde ihm in den ersten Reaktionen aber angekreidet. Für mich eher unverständlich, da die geneigten Feuilletonisten vergessen (bzw. generös übersehen zu haben) zu haben scheinen, dass auch „Borat“ seinerzeit mit der Darstellung zivilisatorischen Rückschritts auch nicht gerade subtil vorgegangen.Dass Brüno schließlich nicht die Schlagkraft seines Vorgängers besitzt, liegt daran, dass Cohn storytechnisch keine Risiken eingeht und das Erfolgsrezept seines Vorgängers einfach kopiert. Die auffälligste Parallele ist sein Sidekick, mit dem er sich im wie in Borat und im Stil einer romantischen Komödie kurz vor Ende zerstreitet, nur, um sich schließlich spektakulär zu versöhnen. Während Cohn in Bezug auf seine Gags absolut furchtlos daherkommt, scheint er hier das Risiko zu scheuen. Wieder mal ist nicht nachzuweisen, ob manche Szenen gestellt sind, selbige Spekulationen wurden seinerzeit über Borat auch angestellt.Unterm Strich bleibt eine brüllend komische Komödie. Sascha Baron Cohn schafft zum zweiten Mal das Kunststück, sowohl mit Florett als auch mit dem Breitschwert zu kämpfen. Ich hatte bei dieser gelungen Mischung meinen Spaß. Daran werde ich mich noch lange erinnern: Eltern lassen ihre Babys in Naziuniformen stecken.