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Der Arbeitstag beginnt. Die Stechuhr wird bedient, der Arbeitsraum aufgesucht, das Licht angemacht. Der Zeitplan wird penibelst eingehalten. Punkt neun Uhr, keine Sekunde früher, keine Sekunde später, beginnt der kräftige Mann (Jeremy McNeill) mit seiner Arbeit. Er ist nicht mehr der Jüngste, hat die Fünfzig schon überschritten, und in seinem Mundwinkel steckt eine Zigarette. Seine Arbeitskleidung besteht aus einer blauen Montur und einer weißen Schürze, und auf seinem Kopf sitzt eine braune Haube. Gelangweilt, emotionslos und routiniert verrichtet er seine Tätigkeit. Jeder Handgriff sitzt, nichts bringt ihn aus der Ruhe. Man meint seine Gedanken fast hören zu können: "Es ist ein Scheißjob, aber jemand muß ihn halt machen."

Das zu bearbeitende Material rollt auf dem laut quietschenden Fließband heran, der Mann drückt den roten Knopf, um das Band anzuhalten, das Material wird in Position gebracht, die lange, scharfe Klinge des am Band installierten Hebelschneiders saust herab. Blut bespritzt seine Hand, welche er mechanisch an seiner Montur abwischt. Das ins Gesicht spritzende Blut ignoriert er. Das Fließband rattert wieder, begleitet von einem lauten, stampfenden Soundtrack. Der nächste Mensch rollt heran. Nackt, gefesselt, den Mund mit einem Klebeband versiegelt. Weiter geht die monotone Arbeit, immer dieselbe Abfolge, immer dieselben Handgriffe. Die Klinge wird nach unten gedrückt, der Kopf abgetrennt und achtlos in einem bereitstehenden Behälter entsorgt. Die kopflose Leiche entfernt sich, das nächste Stück Fleisch rollt heran. Dutzende Hälse werden fachmännisch durchtrennt, einer nach dem anderen. Das geht "ruck zuck", wie Major Kottan sagen würde. Just als der Mann die Klinge zum wiederholten Male herabsausen lassen will, bimmelt die Glocke an der Wand. Es ist elf Uhr. Pausenzeit. Das Opfer auf der Schlachtbank atmet auf, obwohl die Klinge seine Haut ritzt. Noch mal davongekommen, oder? Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Die Pointe des knapp siebenminütigen Kurzfilmes ist schon im Titel enthalten. Aber das spielt keine Rolle. Sam Walkers Inszenierung ist beinhart, kompromißlos, mit Blick fürs Wesentliche. Die vielen, oft sekundenkurzen Schnitte in Kombination mit dem scheppernden Score geben dem Film einen verstörenden Rhythmus und eine ganz eigene Dynamik. Die Bildsprache ist düster und trist; bunte Farben sind kaum zu finden. Es könnte sich um einen x-beliebigen Fabrikarbeiter handeln, der stumpf seine ewig gleiche Tätigkeit am Fließband verrichtet (so wie einst von Charles Chaplin in seinem wunderbaren Modern Times (1936) urkomisch thematisiert). Der Unterschied ist, daß es sich beim zu bearbeitenden Material um lebende Menschen handelt, die voller Grauen und sich hilflos windend ihrem Schicksal ins Auge blicken. So müssen sich Tiere auf der Schlachtbank fühlen, die ihr Leben lassen müssen, weil der Homo Sapiens sie zum Fressen gern hat.

So wie andere lästige Fliegen erschlagen, enthauptet der beleibte Mann Mensch um Mensch: ohne jegliches Mitgefühl. Ob hinter dem absurden Fließbandmassaker ein tieferer Sinn verborgen ist, sei dahingestellt. Darüber darf jeder selbst gerne spekulieren. Aber selbst wenn man über das Geschehen nicht weiter nachdenkt, ist Tea Break ein bitterböser, staubtrockener und überaus makabrer Kurzfilm, unter dessen Oberfläche ständig ein tiefschwarzer, typisch britischer Humor hervorlugt. Man würde wohl lauthals lachen, wenn einem selbiges nicht im Halse stecken bleiben würde.

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