Review

Das Ende der US-Version von „The Descent“ ließ die Heldin entkommen, also entschloss man sich genau an diesem Punkt anzuknüpfen, um die Hauptfigur für das Sequel zu übernehmen.
Heldin Sarah Carter (Shauna Macdonald) ist dem Höhlenlabyrinth und den Kreaturen also entkommen und wird alsbald vom Sheriff aufgelesen, der sich natürlich für das Verschwinden der restlichen Reisetruppe interessiert, was ja prinzipiell nicht schlecht ist. Leider ist Sarah mit deftiger Amnesie geschlagen und kann sich an nüscht erinnern, was zwar nicht ganz logisch (trotz erfolgten Traumas), für die Hauptfigur ganz und gar unpraktisch ist. Aber es gehört zum Set-Up der Fortsetzung, die dann auch bald die Rettungsmannschaft ankarrt.
Also geht es (natürlich ohne entsprechende Bewaffnung) runter in die Höhlen, wobei Sheriff Vaines (Gavan O’Herlihy) es für eine ganz töfte Idee hält auch Sarah mitzunehmen. Natürlich sind unter die Tage immer noch die mörderischen Crawler unterwegs…

Sequels, welche die gleiche Hauptfigur in die gleiche Ausnahmesituation bringen, haben es schwer: „How can the same shit happen to the same guy twice?“ fragten in „Stirb langsam 2“ Hauptfigur und Film gleichermaßen, um das Geschehen ironisch zu brechen, dass auch glaubwürdig geschrieben war. Im Falle von „The Descent 2“ kann die Lösung nur suspension of disbelief sein, denn die Drehbuchkniffe, die Sarah und neue Ahnungslose ins Höhlenlabyrinth bringen, sind forciert und daher auch nicht immer ganz logisch nachvollziehbar, die Figurenzeichnung oberflächlicher und die Anknüpfungspunkte an den Vorgänger etwas gewollt – es taucht eine weitere Figur des Erstlings wieder auf. Insofern muss man sich mit der Prämisse anfreunden können, um mit „The Descent 2“ etwas anfangen zu können, andernfalls hat Jon Harris’ Film denkbar schlechte Karten.
Wenn man die Unglaubwürdigkeiten allerdings akzeptieren kann, dann ist das Sequel ein sicherlich simplerer Film, aber einer der recht effektiv die Stärken des Vorgängers zu kopieren weiß. Wieder gibt es schweißtreibende Jagden durch den Untergrund, wieder sitzen die Schockeffekte ungemein präzise und wieder wird der im Grunde eher einfache Plot mit inszenatorischen Mitteln auf größtmögliche Spannung gebürstet – bis zum wahrhaft nervenkitzeligen Finale, dem leider ein recht dämlicher Nachklapp folgen muss, der die Weichen für einen potentiellen dritten Teil stellt – denn „The Descent 2“ versteht sich als Dienst am Kunden, der mehr vom Gleichen in variierter Form haben möchte und vielleicht später mehr.

Und eine weitere Sequeleigenschaft trifft auf „The Descent 2“ zu: Das Verlangen den Vorgänger überflügeln zu können. Im punkto Spannungsaufbau und Schockeffekte mag das nicht gelingen, was Gore, Ekel und Explizitheiten angeht, da semmelt Jon Harris aber kräftig drauf und hält mit Kunstblut, Kunstsabber und Kunstscheiße nicht hinterm Berg. Das ist durchaus flacher, wird aber recht effektiv eingesetzt, gerade die Gewaltszenen sind von Härte und roher Kraft, die durchaus wirksam ist – die präzise eingesetzten Schocks beim Auftauchen der Crawler im Erstling können sie allerdings nicht toppen.
Shauna Macdonald schlägt sich eigentlich ordentlich gut wie im Erstling, aber kommt einfach nicht so gut zur Geltung, da das Drehbuch ihr und ihrer Rolle weniger Raum zur Entfaltung gibt. So liefern auch die restlichen Darsteller soweit gute Arbeit ab, also soweit das Script ihnen die Möglichkeit lässt.

Man muss die etwas an den Haaren herbeigezogene Prämisse akzeptieren um Spaß an „The Descent 2“ zu haben – dann erwartet einen handwerklich gelungenes Horrorfutter für den Fan und weiß zu unterhalten, doch gerade der Vergleich zum Erstling macht eben den feinen Unterschied zwischen Genrehighlights und gutem Handwerk deutlich.

Details
Ähnliche Filme