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"Ich bin über den Zug gesprungen." ... "Das geht auch?"

Der schottischen Waffeningenieur McCullen (Christopher Eccleston) hat für die NATO eine verheerende Waffe von bisher ungekanntem Ausmaß entwickelt. Gleichzeitig ist er der Anführer der terroristischen Geheimorganisation Cobra. Während der Übergabe der vier Sprengkörper lässt er sie durch ein Team unter der Leitung der Baroness (Sienna Miller) stehlen, rechnet aber nicht mit Duke (Channing Tatum) und Ripcord (Marlon Wayans), sowie der technisch überlegenen Sondereinheit Global Integrated Joint Operating Entity, kurz "G.I. Joe" genannt. Diese hat sich dem Kampf gegen den Terrorismus verschrieben und agiert stets verdeckt. Allerdings gelingt es der Baroness schon kurze Zeit später in die geheime Zentrale der G.I. Joe einzudringen und die Sprengkörper zu entwenden. Der hochdekorierte General Hawk (Dennis Quaid) sieht sich daher gezwungen, seinen Neuankömmlingen Duke und Ripcord die kampferprobte Scarlett (Rachel Nichols) sowie Snake Eyes (Ray Park) zur Seite zu stellen um der Terrororganisation Cobra den Krieg zu erklären und zu verhindern, dass die Sprengkörper ihre Ziele erreichen.

G.I. Joe war die erste Actionfigur, die 1964 von dem Spielzeughersteller Hasbro auf dem Markt gebracht wurde. Erst später wurde G.I. Joe zu dem Soldatenteam ausgebaut, das die Grundlage für den Film bot. Mit ähnlichem Krawall wie Michael Bay's "Transformers"-Verfilmungen schlägt nun auch Hasbro's Erstling auf die Kinoleinwände ein, die hierzulande den wenigsten ein Begriff sein dürfte. Im Gegensatz dazu der Name Stephen Sommers, der auf dem Kinoplakat prangt und sofort die Verbindung zum effektlastigen Abenteuer "Die Mumie" oder heftig kritisierten "Van Helsing" herstellt.

Effektlastig ist auch Sommers' neuer Film, der als Mega-Blockbuster angesetzt wurde. Es hat den Anschein als wolle "G.I. Joe" um jeden Preis Effekte der Superlative am laufenden Band präsentieren. Realistisch ist hierbei so ziemlich das letzte Attribut, das man diesem Film zuordnen würde. Aber wozu auch? Die Vorlage bietet schließlich Actionfiguren, die eine spielzeugartige Aufmachung geradezu erzwingen. So bietet "G.I. Joe“ in erster Linie rasantes, explosionslastiges, buntes und niemals ideenloses Entertainment, das sich auf der großen Leinwand gut macht.
Im Actionbereich setzt sich dieses Bild nur fort, denn die Actionszenen reichen von Zeitlupeneffekten, schicken Martial-Arts-Kämpfen über eine bei Krieg der Sterne abgekupferte Schlacht, in der anstelle von Raumgleitern U-Boote aufeinandertreffen, bis hin zu einer eher mäßig inszenierten Verfolgungsjagd in Paris. Bei letzterer fallen vor allem die oft animierten und schlecht ins Geschehen montierten Hauptfiguren auf, die inmitten eines Verkehrschaos Jagd auf die Gegenspieler machen. Dabei ist es dann auch vollkommen unverständlich, warum diverse Stunts anhand von computergenerierten Bildern umgesetzt wurden, wo ein echter Stunt wesentlich besser ins Bild gepasst hätte und vergleichsweise teuer gewesen wäre.
Aber die Qualität der Effekte kompensiert Stephen Sommers im Grunde gänzlich durch eine enorm versierte Inszenierung. So sind die zahlreichen Action-Szenen enorm dynamisch, aber trotz des rasanten Schnitts meist recht überschaubar in Szene gesetzt, womit sie auf ganzer Linie zu überzeugen wissen. Weitere Schauwerte, etwa die zahlreichen, abwechslungsreichen Kulissen vom Nordpol, der Sahara und Paris, die mit rasanten Kamerafahrten sehr versiert in Szene gesetzt werden, das futuristische Design, das visuell von Anfang an enorm viel hermacht sowie die leicht bekleideten Darstellerinnen komplettieren den optisch sehr gelungenen Eindruck.

Als Zuschauer kann man froh darüber sein, dass Sommer keine Verschnaufpausen und  zumindest in den Bereichen Action und Unterhaltung keine Einbrüche zulässt. Denn leicht kritisierbare Schwachstellen enthält "G.I. Joe“ mehr als genug.
Beginnend steht hier die Handlung Pate, die kaum weiter ins Gewicht fällt. Erzählerische Höhen bietet der Film nicht, ebensowenig clever verstrickte Subplots. Einzig eine kleine gut pointierte Überaschung gegen Ende kann zumindest den Anschein wahren, dass sich die Macher nicht völligst auf eine lineare Geschichte verlassen haben. Der überhastete Abschluss mit  Möglichkeiten zur Fortsetzung und einem absolut unpassendem Hiphop-Song sorgen dann für eine schnelle Flucht aus dem Kinosaal.
Das Vehikel aus einem klassischen Gut- gegen Böse-Konstrukt erweist sich als absolute Angriffsfläche. Mittlerweile haben "The Dark Knight" und "Watchmen" bewiesen, dass sich Grauzonen in der Charakterentwicklung durchaus für ein Mainstream-Publikum eignen. Der klassische Gut gegen Böse Konflikt erweist sich somit als absoluter Rückschritt, gerade dadurch, da die Figuren einzig durch wenige Rückblenden zwar einsichtig, aber trotzdem äußerst flach gezeichnet wurden. Zumindest entfällt der obligatorische Kitsch fast gänzlich. Sommers sah glücklicherweise keinen Grund den Plot mit überzogener Dramatik zu überladen.

Für etwas Abwechslung sorgt der sehr seltene Wortwitz sowie augenzwinkerndem Humor, der leider nicht immer zündet. Ansonsten präsentiert sich "G.I. Joe", von überschaubaren patriotischen Ansätzen abgesehen, überaus ernst, geradezu kaltblütig. Kollateralschäden unter Wachpersonal und Zivilisten werden ohne weitere Bedeutung hingenommen. Die Actionbombe hält zu keinem Zeitpunkt inne um Verluste kurz und mitleidig im Bild festzuhalten.
Handwerklich ist "G.I. Joe" von den wenigen, meist zu Beginn auftretenden, Schwächen durchweg gelungen. Die Charaktere mögen zwar plump sein, rein visuell aber durchgestylt und stets um ein gewisses cooles auftreten bemüht. Passend zur Comic-Atmosphäre, die auch durch den stimmigen Score immer mal wieder das Tempo ein wenig beschleunigt, obwohl der akustische Rahmen meist nicht allzu auffällig ist.

Schauspielerisch ist "G.I. Joe" durchwachsen. Channing Tatum, bekannt durch die "Step Up"-Reihe, schafft den Sprung nicht über das Mittelmaß hinaus. Mit einer maskenhaften Mimik und einer komplett humor- sowie emotionslosen Abbildung seiner Figur, trägt er das größte Ärgernis, da ihm die meiste Zeit zugesprochen wurde. Dagegen wirkt der sonst übermotivierte Marlon Wayans ("Dungeons & Dragons", "Norbit") richtig sympathisch.
Auch die Wahl der Gegenspieler ist eher schlecht denn recht. Christopher Eccleston ("28 Days Later") gibt einfach keinen boshaft dreinblickenden Weltenverächter ab, gerade nicht ohne Bart.
Einfacher habens da die Darstellerinnen, deren größte Bedeutung ohnehin die Vorstellung graziler, geschmeidiger Bewegungen im hautengen Ganzkörperkostüm obliegt. Hier spielt Sienna Miller ("Der Sternwanderer") die erste Geige als böses, sexy Mädel mit Hinguck-Garantie. Im Gegensatz dazu darf Rachel Nichols ("P2 - Schreie im Parkhaus") zumindest ein klein wenig mehr Haut zeigen.
Komplettiert wird der Cast mit ein paar bekannteren Namen, die allerdings nur wenig Zeit für Auftritte zugeschrieben bekommen. So ist Dennis Quaid ("Dragonheart", "8 Blickwinkel", "    Der Flug des Phoenix") nur wenig motivierte Werbefigur. Zumindest die Gastrolle von Brendan Fraser ("Die Mumie", "Tintenherz") hat einen gewissen Reiz.

"G.I. Joe" ist im Endeffekt eine knapp 2-stündige Achterbahnfahrt, die dem Zuschauer kaum eine Verschnaufpause gönnt und zumindest für Genre-Fans alles bietet, was man sich wünschen kann. Flache, aber coole Heldenfiguren, eine abgedroschene Geschichte zum Vorteil einer reinen Zerstörungsorgie, kaum nennenswerte Gesichter, dafür zumindest ein paar bekannte Schauspieler in augenzwinkernd gestalteten Gastrollen. Hirn aus bei dieser Art des Bombastkinos, welches die meist harte Kritik nicht durchweg verdient.

8 / 10

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