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Über den Inhalt eines Films mit dem Titel DIE HERMANNSCHLACHT muss man, glaube ich, nicht viele Worte verlieren. Klar wird jedem sein, dass sich hier des historischen Themas der Schlacht im Teutoburger Wald 9 n. Chr., wahlweise auch Varusschlacht oder eben Hermannsschlacht genannt, angenommen wird, in der die Römer unter Publius Quinctilius Varus von einem germanischen Heer unter Führung des Cheruskerfürsten Arminius vernichtend geschlagen wurden. Sicher sollte man DIE HERMANNSCHLACHT nicht mit einem Geschichtsbuch verwechseln. Angereichert wird die Story um den Konflikt zwischen Römern und Germanen mit unzähligen Intrigen und Ränkespielen verschiedener Germanenfürsten sowie blasser Liebesgeschichten und viel Action. Dass die Liebesgeschichte, die den breitesten Raum einnimmt, nämlich die zwischen Arminius und Tusnelda, laut Tacitus erst Jahre nach der Schlacht im Teutoburger Wald stattfand, unterstreicht nur, dass DIE HERMANNSCHLACHT, was ja durchaus legitim ist, historische Fakten so modifiziert, dass aus ihnen eine spannende, klassische Geschichte um Liebe, Verrat und den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse entsteht.  

Interessant ist, wer in dem Film die Guten und wer die Bösen sind. Man braucht wirklich nicht viel Phantasie, um in der Schwarzmalerei des Films, der alle Römer und die mit ihnen verbündeten Germanen per se als Unmenschen darstellt, einen eindeutigen politischen Kommentar zu erkennen. Schon im Aufkeimen von Nationalbewusstsein und Nationalbewegungen im 19.Jahrhundert bot der Arminius-Mythos, beispielsweise in Kleists berühmtem gleichnamigem Drama, viel Identifikationspotential für ein Volk, das endlich zu einer Einheit werden wollte. Und auch nichts Neues ist es, dass die Jahrhunderte zuvor stattgefundenen Ereignisse immer wieder auf die Gegenwart umgedeutet und somit zum Symbol wurden. DIE HERMANNSCHLACHT reagiert somit direkt auf die Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Truppen 1923 und damit indirekt auf die erlittene Schmach des Deutschen Reichs durch die Akzeptanz des Versailler Vertrags nach Ende des Ersten Weltkriegs. So wie die Römer sich in ihren eroberten Gebieten aufführen, wo sie den edlen Germanen wahllos ihr Vieh stehlen, ihre Frauen schänden und jedes Aufbegehren mit körperlichen Strafen ahnden, so will der Film das Verhalten der Alliierten im besetzten Ruhrgebiet verstanden wissen. Die Fremdherrschaft, so der Tenor, der den gesamten Film durchzieht, kann nur durch die Einheit des deutschen Volks abgestreift werden. Endlose Zwischentafeln bringen es immer wieder auf den Punkt: Einheit verleiht Macht und Macht bringt den Sieg. Wobei nicht mal das ein besonders innovativer Zug ist, denn schon im Detmolder Hermannsdenkmal finden sich ja ein paar nach der Reichsgründung eingravierte Verslein, die die Römer mit den Franzosen gleichsetzen. Tatsächlich wirkt auch der Arminius im Film, als sei die bekannte Hermannsstatue zum Leben erwacht. Er stellt den Prototyp des germanischen Helds dar, der mit hocherhobenem Schwert sein Volk in die Freiheit führt, der Führer, wie er in einem weiteren Zwischentitel genannt wird, auf den alle gewartet haben. Wer es bis jetzt noch nicht bemerkt hat: DIE HERMANNSCHLACHT ist nicht unbedingt ein Film, der seine politische Kampfsansage subtil in eine interessante Geschichte einfließen lässt, hier wird eher mit dem Holzhammer gearbeitet. 

Abgesehen davon finde ich aber auch nicht, dass es sich, die politischen Obertöne mal ausgeblendet, hier um einen guten Film handelt. Sicherlich hält das Werk nicht dem Protz und Prunk stand, den so mancher italienischer Vertreter des Historienfilms zur selben Zeit oder früher aufbot, und muss es auch nicht, da er ja hauptsächlich in Germanien spielt, und somit in Wäldern und auf Feldern gedreht werden konnte. Eine kurze Szene zu Beginn, die offenbar in Augustus Kaiserpalast spielt, zeigt dann aber doch ein angeblich rauschendes Fest, das doch eher armselig ausfällt. Nicht gerade imposant empfunden habe ich auch die zwar zahlreichen, jedoch nicht unbedingt eindrucksvollen Komparsen, die sich am Ende als feindliche Heere gegenüberstehen. Und billig wirkt es auch, wenn ein und dieselbe Hütte, aus der gleichen Perspektive gefilmt, im Film mehrmals verwendet wird, um die Wohnstätten verschiedener Personen darzustellen. Die Kostüme sind allerdings nicht schlecht gelungen, vor allem die bärtigen Germanengreise haben mir bestens gefallen, und die Römer sind nicht besser und nicht schlechter ausstaffiert als in anderen Genrevertretern der damaligen Zeit.  

Die Story hat Drive, was ich hier jedoch mehr als Nachteil als als Vorteil empfand. Nicht mal fünfundfünfzig Minuten dauert der Film und bringt in dieser knappen Stunde so viel unter, dass es mich wundert, dass man ihm nicht eine Laufzeit von neunzig Minuten gegönnt hat. Zu Beginn werden unzählige Figuren eingeführt, sodass man schnell den Überblick verliert, und die meisten Szenen werden geradezu hektisch abgehandelt, was das Ganze noch unübersichtlicher werden lässt. Einen Moment der Ruhe sucht man vergebens. Innerhalb von Sekunden werden ehemalige Verbündete zu Feinden und Leute verlieben sich von einem Moment zum nächsten ineinander, weil schlicht die Zeit fehlt, um die Gefühle sich entwickeln zu lassen. Die Ereignisse überschlagen sich und die Figuren bleiben blass und schablonenhaft, was vor allem für Arminius selbst gilt. Selten habe ich den nominellen Held eines Films gesehen, der unscheinbarer und langweiliger wirkte als dieser. Arminius ist stark, schön, klug, und dadurch völlig uninteressant. Spielerisch meistert er jede Hürde, nichts scheint für ihn eine Herausforderung darzustellen, und wenn er seine Gegner mit bloßer Muskelkraft erdrückt, dann wirkt das unfreiwillig komisch genug, um einen an die Muskelmänner in einem beliebigen italienischen Herkules- oder Maciste-Streifen der 60er denken zu lassen. Von den restlichen Protagonisten bleibt kaum einer wirklich im Gedächtnis. Die Römer beschränken sich darauf, Halunken ohne Profil zu sein, die Damen sehen mehr oder weniger gut aus. Am eindrucksvollsten fand ich wohl auch hier die bereits erwähnten Germanengreise – allein wegen ihrer Optik.  

Rein optisch gibt es auch sonst nicht viel auszusetzen, wofür der Film selbst jedoch nicht viel kann, da der Wald, in dem er gedreht wurde, schlicht eine perfekte Kulisse bietet, aber auch hier hätte ich mir wohl mehr Landschaftsaufnahmen gewünscht und weniger konfuse Liebesverstrickungen, die schlussendlich doch nur darauf hinauslaufen, dass Arminius seine geliebte Tusnelda in den Armen halten darf. Auch die Schlacht selbst liefert zwar den Titel, wird jedoch mehr angedeutet als gezeigt. Zumeist beschränkt sich der Film darauf, einen Haufen Germanen durch Wälder rasen zu lassen oder Römer zu filmen, die sich auf der Flucht vor ihnen befinden. Nur zwei bis drei Einstellungen vermitteln einen Eindruck vom Kampfgeschehen, und das fällt nicht wirklich opulent aus.  

Dennoch gab es zwei, drei Details, die mir bei DIE HERMANNSCHLACHT nicht schlecht gefallen haben, kurze Momente, die man leicht übersieht. Ganz zu Beginn, wenn Arminius sich noch in römischer Gefangenschaft befindet, wird er von einem Römer aufgesucht, der ihm mitteilt, er solle versuchen, Augustus Gunst zu erwerben und an einem Fest zu dessen Ehren teilnehmen, dann könne er womöglich bald freikommen. Kurz bevor er zu unsrem Held tritt, wendet sich der linkische Mann in die Richtung der Kamera um und wirft einen verschwörerischen Blick dem Zuschauer entgegen. Ein weiterer Höhepunkt für mich ist eine Giftmischerin, die von einem von Arminius Feinden aufgesucht wird, damit sie dessen Pfeil mit Gift tränke, sodass er Arminius sofort tötet, wenn sein Gegner ihn auf diesen abfeuert. Diese Giftmischerin ist eine unheimliche Frau mit tiefschwarz geschminkten Augen, die keine Gelegenheit ungenutzt lässt, sich ihrem Gast sexuell anzunähern und ihn zu verführen zu versuchen. Szenen wie die Beerdigung von Arminius Vater oder ein Sonnenwendfeuer versprühen einen Hauch von Poesie. Nichtsdestotrotz ertrinkt der Film in seinem besonders dick aufgetragenen Pathos. Schlicht lächerlich sieht es aus, wenn der strahlende Germane zum wiederholten Mal seinem Volk erklärt, es müsse nur zusammenhalten und niemand könne ihm etwas anhaben, und dass Germanien nie untergehen werde, solange es eine Einheit bilde, und dazu seine Geliebte im einen Arm und sein Schwert im andern hält. Gar an der Grenze zum Trash bewegt sich eine recht wirre Szene, in der Thor persönlich auftritt und einen Haufen feindseliger Römer mit Blitzen beschießt. 

DIE HERMANNSCHLACHT ist vor allem für Filmhistoriker ein wohl ziemlich interessanter Film, deshalb aber nicht unbedingt ein besonders guter, und mit Sicherheit kein Pflichtprogramm.

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