Sollte ich „Kwaidan“ in ein Genre pressen wäre das erste was mir einfällt wohl der Märchenfilm. Gruselmärchen um genauer zu sein.
Beruhend auf einer Sammlung traditioneller japanischer Geschichten namens „Kwaidan: Stories and Studies of Strange Things“ von Lafcadio Hearn erschuf Masaki Kobayashi einen der wohl besten Gruselfilme aller Zeiten. Dabei sind die Geschichten an sich eigentlich nicht wirklich etwas besonders. Grade die ersten beiden dürften den meisten bekannt vorkommen, sind sie doch nur die japanische Variation von immer wieder kehrenden Gruselthemen und haben wohl in jedem Land ihre eigene Variante. Anders sieht es da schon mit der 3ten Geschichte aus, da diese auf einem speziellen geschichtlichen Ereignis fußt. Allerdings gibt es auch in unseren Kreisen immer wieder Legenden über Schlachtfelder und die Geister toter Soldaten und Krieger. Wie gesagt, ganz traditionelle Gruselthemen.
Was Kwaidan aber so besonders macht ist die Umsetzung, die Inszenierung des ganzen.
Das was man in dieser Hinsicht über Kwaidan immer als erstes hörst wären die Kulissen und besonders die fantasiereichen Backdrops. Anders als üblich bemüht man sich nämlich nicht um möglichst reales aussehen. Vielmehr unterstreicht man den eh schon vorhandenen Märchencharakter der Geschichten durch ebenso fantastische Bilder von fesselnder visueller Kraft und erreicht so eine wirklich beeindruckende Atmosphäre, die allerdings zum Ende hin leider etwas nachlässt und besonders in der letzten Geschichte fast völlig verloren geht.
Auch bei den Charakteren wurde teilweise nicht mit Farbe gespart. Wie die Hintergründe so brechen auch die Masken gern mal aus dem Rahmen des üblich-realistischen aus und verstärken damit noch weiter den fast schon surrealen Charakter den der Film teilweise hat.
Dabei wurde bei beidem auch nicht an Geld gespart, was Kwaidan zu dem seiner Zeit teuersten Film Japans machte.
Eine weitre wichtige Rolle bei für die Wirkung die der Film beim Zuschauer erzielt dürfte auch der manchmal fast schon quälende Soundtrack sein, der überwiegend aus der Feder des avantgardistischen Soundkünstlers Toru Takemitsu stammt. Ein gutes Beispiel ist hier gleich die erste Geschichte, wenn der Samurai in sein altes Haus zurückkommt. Obwohl eigentlich alles bestens scheint hat man sofort ein mulmiges Gefühl bei der ganzen Sache und wartet nur darauf das sich ein schreckliches Geheimnis offenbart, wofür die immer wieder kurz erklingenden knarzig-quitschigen Soundeffekte maßgeblich verantwortlich sein dürften, die wie böse Omen immer wieder in das eigentlich friedliche Bild einbrechen und für ordentlich Spannungsaufbau sorgen. Ein weiteres oft genutztes Mittel ist auch einfach das weglassen der normalen Umgebungsgeräusche. Nur ganz gezielt werden sie dann bestimmte wieder zugespielt, wie zum Beispiel wo der junge Holzfäller mit der Tür der Hütte, bzw. mit dem Wind der selbige aufdrückt, kämpft.
Alle diese Punkte ergeben ein großes Ganzes das dafür sorgt das es dem Film gelingt einen völlig in seinen Bann zu schlagen. Besser und schaurig schöner kann man Gruselgeschichten wohl kaum erzählen.
So wurde „Kwaidan“ dann auch unter anderem mit einer Oscar Nominierung als bester ausländischer Film, sowie der goldenen Palme und dem „Jury Special Prize“ der Filmfestspiele in Cannes gewürdigt.
Aber trotz all dem Lob gibt es natürlich auch einige Schwachstellen.
Da wäre die schon erwähnte letzte Geschichte, die im Vergleich zu den anderen doch deutlich abfällt und auch der finale Twist rund um den Autor reißt es nicht wirklich raus.
Des weiteren sind einige der Special Effects doch inzwischen ziemlich veraltet und fallen deswegen leider etwas unangenehm auf, womit ich besonders auf die „Feuergeister“ in der dritten Geschichte anspielen will, bei denen man sogar manchmal die Fäden erkennen kann an denen sie hängen. So etwas kann die Athmosphäre schon etwas ankratzen.
Im Endeffekt sind das aber nur kleine Mängelpunkte, die zudem teilweise einfach am fortgeschrittenen Alter des Films liegen, die positiven Aspekte überwiegen das 100fach.
Wer auf besondere Filmerfahrungen steht und sich gern von verzaubernden Bildern in den Bann schlagen lässt sollte „Kwaidan“ unbedingt gesehen haben.
Wie oben schon einmal erwähnt: Es ist einer der besten Grusel-Märchen-Filme aller Zeiten.