Review

Drei Trottel im Schnee


Die Figuren in Sam Raimis spannendem Schneegestöber „A Simple Plan“ sind nicht die cleversten, um mal maßlos zu untertreiben. Ihre Entscheidungen sind sogar oft eher haarsträubend dumm und unverständlich dämlich, unrealistisch, undurchdacht. Zudem gibt es hier und dort melodramatisches Overacting, die Story kennt man in Teilen von den Coens oder auch aus „Shallow Grave“ und ob all das wirklich zwei Stunden gehen muss, sei mal dahingestellt. Doch jetzt kommt das fette Aber: irgendwie funktioniert es dennoch! Und davor kann ich nur absolut den Hut ziehen, das liegt an Raimi und ist der Beweis, dass mehrere kleine bis mittelgroße Ungereimtheiten und Fragwürdigkeiten noch lange nicht den ganzen Film zerstören müssen. Wenn dieser denn in seinem Grundgerüst so dermaßen stark ist, dass er ein paar Hubbel und Löcher in der Straße, locker wegsteckt.

„A Simple Plan“ erzählt von zwei Brüdern und einem Kumpel, die im total zugeschneiten Hinterland ein abgestürztes Flugzeug finden. Mit einer Leiche darin und über vier Millionen Dollar in einer Tasche davor. Drogengeld? Kann sein, versuchen sie sich zumindest einzureden. Nach einigen Argumenten und Überlegungen melden die drei sich nicht bei der Polizei und wollen das Geld im Frühjahr aufteilen, falls bis dahin keiner danach sucht. Doch Schnee und Eis schmelzen recht langsam und Paranoia, Misstrauen, Angst wachsen dagegen unproportional stark an... Dass Sam Raimi auch abseits von Comedy-Splatter-Horror ein starker Regisseur sein kann, muss er heute keinem mehr beweisen. Doch damals hatte daran vielleicht doch noch der ein oder andere gezweifelt. Mit „Ein einfacher Plan“ zeigte er jedoch auch den letzten Skeptikern, dass mit ihm zu rechnen war und er verdammt versiert ist. Vielleicht im direkten, sich anbietenden Vergleich mit seinen Kumpels den Coens noch etwas unterlegen, dennoch ist ihm hiermit ein klasse Crime-Drama gelungen, bei dem man sich wundert, warum es dermaßen in Vergessenheit geraten ist. Hochkarätig besetzt, exquisites Winterflair, eine involvierende Geschichte - trotz dummer und wenig nachvollziehbarer Abzweigungen. Über Freunde, Familie und den vermeidlich schnellen Reichtums. Über Jäger, Opfer und Getriebene. Über Finten, Fallen und Vollpfosten. Über Torheit, Naivität und Boshaftigkeit. Über Schnee, Schweiß, Blut und Tränen. Über Hinterland, Stadt und gefrorenen Fluss. Über Bildung und Rückständigkeit, über Wahrheit und Lügen, über Verrat und Verlockung, über Gier und Grauen, über Füchse und Raben.

Fazit: Geld ist grün und verführt, Schnee ist kalt und lähmt, Schuld ist schwer und tötet, der amerikanische Traum ist sexy und gefährlich und oft nicht ohne brutale Zinsen zu erreichen - erst recht wenn man diesen durch kriminelle Abkürzungen zu erreichen versucht. Und noch „erst rechter“ wenn man eine Pfeife ist, die dauernd falsche Entscheidungen trifft und so mit den dümmsten Plan verfolgt, den es gibt. End vom Lied: Sam Raimi kann auch klassische, eisige Thriller, irgendwo zwischen „Fargo“ und „Blood Simple“. Allen Hindernissen (zu denen auch die miserable deutsche Synchro gehört) zum Trotz. 

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