Crash, der Zusammenstoß, der energiegeladene Moment aufeinanderprallender Materien. Filmproduzent James Ballard fühlt ihn, als er in einem Augenblick der Unachtsamkeit mit seinem Auto auf die falsche Fahrbahn gerät und frontal in einen entgegenkommenden Wagen fährt. Crash. Den unangeschnallten Fahrer des anderen Fahrzeugs schleudert die Wucht des Aufpralls mitten durch beide Windschutzscheiben in James' Auto. Gewiss ein Schockerlebnis, dieser Unfall, aber nicht ausschließlich, denn ein sehr ungewöhnliches Gefühl kommt in James auf, als er in der deformierten Karosserie sitzt und die Beifahrerin des gerade Gestorbenen, Dr. Helen Remington, anstarrt - ein erregendes, ein sexuelles Gefühl.
Es war eine Offenbarung für James. Nicht die Gedanken an das Glück, das er hatte, dem Tode noch einmal von der Schippe gesprungen zu sein, beschäftigen ihn, sondern jene an die sexuelle Erregung nach dem Aufprall. Solch eigenartige Empfindungen infolge des sich deformierenden Metalls - wer anders könnte sie sich zum Thema machen als David Cronenberg, der Meister des Befremdlichen. In "Crash" geht es um diese außergewöhnlichen Empfindungen, um Fetischismus und um des Menschen liebsten, unorganischen Freund, das Automobil, und seine sexuelle Anziehung. Dass blankpolierte, leistungsstarke Coupés und elegante Luxusgefährte vor allem männliches Blut schon immer in Wallung zu bringen imstande waren, ist keinerlei Geheimnis, doch dass ein Crash, eher der Anlass für eine gepflegte Herzattacke des Autoliebhabers, selbige Wirkung entfaltet, das ist reichlich unüblich.
James ist auf letzteren Geschmack gekommen und findet seltsamerweise ausgerechnet durch Helen, der Frau, deren Mann er schließlich auf dem Gewissen hat, zu einer Gruppe Gleichgesinnter. Ihr Prediger ist Vaughan, eine vernarbte Gestalt, die sich ein Fotoalbum mit Unfallaufnahmen und Bildern von verschrotteten Karosserien angelegt hat und mit Vorliebe Karambolagen von berühmten Persönlichkeiten nachstellt; und zwar möglichst authentisch, was für ihn bedeutet, sich in Fahrzeuge zu setzen und sie entsprechend dem wirklichen Unfallhergang zu demolieren. James ist fasziniert und zieht seine Frau Catherine ebenfalls in Vaughans Bann. In der Freizeit begnügt sich die Gruppe, der unter anderem auch die schon schrecklich verschiente und von einem Metallkorsett gestützte Gabrielle angehört, mit Videoaufnahmen von Crashtests oder plant weitere Inszenierungen historischer Unfälle.
Cronenberg geht es dabei weniger um die Erzählung als vielmehr um die Erfahrung, das Erleben des Außergewöhnlichen. Er entführt uns in ein kleines, von der wirklichen Welt abgegrenzt erscheinendes Biotop, in dem sich Menschen gefunden haben und ihre ungewöhnlichen Gelüste ausleben und zu befriedigen versuchen. Das Automobil ist hierbei ein zentrales Motiv und zumeist der Ort sexuellen Verkehrs. Es bündelt zerstörerische Kräfte und setzt sie im Crash frei. Metall wird verformt, die Energie spürbar und die Sucht danach immer stärker. Dazu mischt sich auch der Drang nach Schmerzen, der Drang, den eigenen Körper zu elektrisieren, ihm wieder Leben einzuhauchen. Denn nur diese Art des Kicks scheint in der Lage zu sein, den im abgenutzten Sexleben des unspektakulären Alltags verloren geglaubten Orgasmus wieder heraufzubeschwören. Sexuelle Langeweile hatte schließlich Catherine und James Ballard im Griff. Der Monogamie wurde bereits der Laufpass gegeben, um die Befriedigung wiederzuerlangen. Doch dies reichte nicht aus, es bedurfte der Energie der Maschine.
Zwiespältig nahm die Kritik diese fremdartige Thematik auf. Und das ist verständlich. Zwar liefert "Crash" hervorragend fotografierte, klinische und sterile Bilder, die die emotionale Leere symbolisieren - denn die sinnliche Leidenschaft weicht hier dem mechanisch befriedigten, kühlen Trieb - sowie sehr passende metallische Klänge, jedoch hält sich die Attraktivität des von Cronenberg behäbig und zäh in Szene gesetzten Sujets in Grenzen. Offenherzig sind die Geschlechtsakte, aber es fehlt die Erotik; gut sind die darstellerischen Leistungen, doch gefühlskalt und alles andere als anziehend sind die Charaktere, die sie verkörpern. Ein Blick sollte riskiert werden, nur sei hinzugefügt: Den Zugang zu finden, das ist hier wahrlich kein Leichtes.